Kapitel 19: Wir schaffen das, oder?

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Markus:
Heute war der Tag gekommen und ich würde heute das letzte mal die Schule betreten. Auf der einen Seite fühlte es sich ziemlich befreiend an, aber auf der anderen auch wieder sehr beängstigend. Nach der Schule würden wir das wahre Leben kennenlernen und galten quasi als Erwachsen. Es gab keine Pausen mehr wo man sich mit seinen Freunden treffen konnte, aber am meisten werde ich die Ferien vermissen. Nie wieder würde ich irgendwann sechs Wochen Urlaub bekommen. Wir hatten nun eine Zeit lang noch frei, bis wir mit unseren Ausbildungen oder Studiums anfingen, aber auch diese Zeit würde wie im Flug vergehen. Schneller als ich gucken könnte wäre es September und meine Lia würde in München wohnen. Ihr Studium begann am ersten Oktober, aber sie wollte sich natürlich vorher mit Annika in der Wohnung einleben und die Stadt ein wenig kennenlernen. Ich hatte ihr versprochen so oft ich konnte zu helfen, aber auch meine Ausbildung begann Anfang August. Lia und ich würden uns nicht mehr jeden Tag sehen. Ich konnte nicht einfach durch den Garten laufen und Nachts zu ihr ins Bett huschen. Sie war nicht mehr da und auch, wenn ich es niemanden gesagt hatte, blieb die Angst das Lia und ich es nicht schaffen würden.

,,Aufgeregt?" legte Papa mir eine Hand auf die Schulter und ich zuckte nur kurz mit diesen. Natürlich könnte ich jetzt lügen und dies abstreiten, aber meine Eltern würden mich durchschauen. Papa trug wie ich einen schwarzen Anzug und Mama ein dunkelblaues Abendkleid. Meine Schwester stand auch neben meinen Eltern und lächelte mich aufmunternd an. Sie würde uns ebenfalls begleiten. Sunny sah in ihrem langen Abendkleid wirklich wunderschön aus und Maxi werden nachher die Augen ausfallen. Eigentlich fehlte nur noch eine Person, auf die wir warteten. Zusammen mit Martha, Sebastian und Lia würden wir zur Schule fahren. Sebastian und Martha waren ebenfalls schon fertig und letztere war kurz hochgegangen um nach ihrer Tochter zu schauen. Lia hatte so ein Geheimnis um ihr Kleid gemacht und nun würde ich sie das erste mal sehen.
,,Seit ihr alle fertig?" hörte ich Marthas Stimme von oben und Papa antwortete, dass wir schließlich nur noch auf die beiden warten würden. Danach folgten Schritte und Martha kam als erstes die Treppe runter. Sie lächelte mich kurz an und stellte sich dann zu Sebastian. Es dauerte noch kurz, aber dann konnte man wieder Schritte hören und meine Freundin lief die Treppe runter. Mein Blick blieb auf ihr liegen und ich spürte wie mein Mund etwas aufklappte. Es schien mir so als würde mein Herz einen kurzen Moment aussetzten. Lia trug ein bodenlanges, rosa Abendkleid. Es befand sich etwas Glitzer am Dekokte. Dieses Kleid war wirklich wie für Lia gemacht. Als Lia unten angekommen war stellte sie sich vor mir und lächelte mich zuckersüß an.
,,Du siehst gut aus." Nestelte sie etwas an meiner Krawatte rum und ich starrte sie immer noch fassungslos an. Kurz huschte mein Blick über ihr Kleid und dann schaute ich ihr wieder in ihre blauen Augen.
,,Danke. Du siehst auch... Ich.. Also Lia wow. Du bist wunderschön." Brachte ich dann doch einigermaßen passende Worte raus. Lia kicherte nur und drehte sich einmal im Kreis.
,,Findest du?" fragte sie und strich sich eine Locke aus ihrem Gesicht. Machte sie jetzt grade Witze? Meine Freundin sah immer atemberaubend gut aus, aber so hatte selbst ich sie noch nie gesehen.
,,Du wirst definitiv die Schönste heute Abend sein." Sagte ich ganz leise zu ihr und hauchte ihr einen kurzen Kuss auf den Mund.
,,Für dich sollte es eh niemand schöneres geben als mich." Zwinkerte sie mir zu als wir uns kurz von einander lösten. Das unsere ganze Familie hinter uns stand, dass ignorierten wir einfach.
,,Das tat es nie und wird es auch niemals. Ich liebe dich." Die letzten Worte flüsterte ich ihr kurz ins Ohr und wieder kicherte Lia. Mama und Martha schauten selber verliebt zu uns und ich versuchte so gut es ging den Blicken auszuweichen. Na da konnte noch etwas werden heute Abend.

Als wir an der Schule ankamen trafen wir direkt auf Annika und Rocce mit ihren Eltern. Die Blondine fiel meiner Freundin direkt um den Hals und schluchzte herzzerreißend auf. Ich wechselte mit Rocce einen Blick und auch er zuckte mit den Schultern. Annika weinte eigentlich nie vor uns, wenn es eben nicht grade Lia war. Nun und im Moment standen wir hier öffentlich an der Schule und alle schauten sie an. Immerhin würden Annika und Lia sich auch nicht aus den Augen verlieren, denn sie zogen zusammen in eine WG. Trotzdem ließen wir die Mädchen erst einmal weinen und dann richtete Lia noch einmal das Make up von Annika bevor wir schließlich zu den Fotos gingen. Es wurde von der ganzen Stufe ein Foto gemacht und wir bekamen alle Luftballons, die wir nachher in die Luft steigen ließen. Danach gingen wir nach drinnen. Die Direktorin richtete ein paar Worte an uns, einige Schüler führten etwas auf uns dann wurden wir nach und nach auf die Bühne gerufen um unsere Zeugnisse abzuholen. Sunny betrachtete dies mit großen Augen und war von jeder Kleinigkeit begeistert. Maxi würde nachher auch noch nachkommen, sobald wir auf unserer Abschlussfeier waren.
,,Liana Steffens." Rief die Direktorin auf. Lia warf mir noch einen Blick zu und ich nickte sie ihr zu. Ich sah genau wie meine Freundin tief durchatmete und dann auf die Direktorin zu ging. Sie gratulierte Lia und reichte ihr dann noch eine Rose, welche vorher noch niemand bekommen hatte.
,,Eine kleine Anerkennung für die Schülerin mit dem drittbesten Notendurchschnitt dieses Abschlussjahrgangs." Erzählte unsere Direktorin noch ins Mikrofon und dann bekam Lia noch ein kleines Geschenk. Alle fingen laut an zu klatschen und zu jubeln und besonders Papa machte auf sich aufmerksam. In diesem Moment konnte ich auch gar nicht in Worte fassen wie stolz ich auf meine Freundin war. Mit einem breiten Grinsen kam Lia zurück zu uns und ich gab ihr erst mal einen langen Kuss.

Nach der Zeugnisübergabe versammelten wir uns alle auf dem Schulhof und einige der jüngeren Schüler verteilten Sekt und Orangensaft. Nun und dann fing der Teil mit den Fotos an. Zu erst machte ich Fotos mit meinen Eltern, dann mit meinen Eltern und Sunny und schließlich nur mit Sunny. Nun und dann schossen meine Mutter Fotos von Lia, Lia mit ihrer Mutter, mit ihrer Mutter und Sebastian und schließlich noch mit Papa.
,,So und nun ihr beide." Schob Mama mich zu meiner Freundin. Wir stellten uns zu einander und lächelten ein paar mal in die Kamera. Dann küsste ich Lia und etwas überrascht erwiderte sie den Kuss. Es war mir egal das unsere Eltern grade zuschauten, aber es war nun einmal ein einmaliger Augenblick und diesen mussten wir mit der Kamera festhalten. Nachdem wir dort mit den Fotos fertig waren wurden noch welche mit unseren Freunden gemacht und natürlich ganz viele von Lia und Annika. Danach konnten wir zum Glück erste einmal nach Hause und mussten erst Abends zur Party da sein. Ich dachte wirklich, dass wir uns kurz entspannen könnten, aber meine Freundin wollte natürlich noch unbedingt Fotos mit Peanut machen. Ich dachte wirklich, dass ich mich entspannen könnte, aber Mama, Martha und Lia kamen noch auf die Idee das wir noch woanders Bilder machen könnten. Papa und ich schauten und kurz verzweifelt an, aber dann ergeben wir uns doch unserem Schicksal. So standen Lia und ich einige Minuten später vor einer wunderschönen Lichtung und von allen Seiten wurden Fotos gemacht.
,,Weißt du eigentlich wie stolz ich auf dich bin, Prinzessin?" fragte ich sie leise und auf ihren Lippen zierte sich ein leichtes Lächeln.
,,Wir haben das gemeinsam geschafft Markus und das hat niemand von uns geglaubt. Ich liebe dich." Gab sie mir die schönste Antwort und wieder legte ich meine Lippen auf die von Lia. Sie schlag ihre Arme um meinen Hals und lehnte sich etwas näher an mich.
,,Das werden super Fotos." Riss Sebastian uns aus unseren eigenen Gedanken. Lia und ich lächelten uns noch einmal an bevor wir zu unseren Eltern gingen.

Lia:
Als wir auf der Abschlussfeier ankamen wurde das Gefühl irgendwie noch unglaublicher als vorher schon. Wir hatten die Schulzeit geschafft und waren den Rest unseres Lebens für uns verantwortlich. Mama hatte mir vorhin noch einmal versichert, dass sie mir immer mit Rat und Tat zur Seite stehen würde. Trotzdem wollte ich nun auch auf eigenen Beinen stehen. Bald würde ich in München leben und meine Familie nicht mehr so oft sehen. Um so mehr freute ich mich über das Geschenk von Mama zu meinem Abschluss. In drei Tagen würden nur wir beide in den Urlaub fahren. Sie wollte mir nicht verraten wohin es ging, aber es würde warm werden. Ich freute mich auf diesen Urlaub, denn es war unser erster gemeinsamer Urlaub nach Papas Tod. Es würde uns sicherlich beiden sehr gut tun.
Grade stand ich zusammen mit Annika an der Bar und wir holten uns beide ein Getränk. Bis grade gab es Essen und dieses war wirklich sehr lecker. Nun und gleich würde die Party beginnen.
,,Ich glaube es immer noch nicht wirklich Lia." Riss Annika mich aus meinen Gedanken.
,,Nein ich auch nicht. In ein paar Monaten wohnen wir beide einfach zusammen in München und studieren." Ungläubig schüttelte ich immer noch den Kopf.
,,Das wird die beste Zeit unseres Lebens." Klatschte Annika in die Hände und dann kamen auch schon unsere Getränke. Wir setzten uns wieder zu unseren Eltern und kurze Zeit später nahm der Moderator sich das Mikrofon. Wer auch immer einen Moderator organisiert hat, aber er machte auf jeden Fall ordentlich Stimmung.
,,So ich würde wir eröffnen die Tanzfläche, aber das machen wir natürlich auf traditionelle Ebene. Es heißt ja immer Lady's first und deshalb bitte ich nun alle Damen unserer Abschlussklasse mit ihren Vätern auf die Tanzfläche." Nach den Worten des Moderators merkte ich einen kurzen Stich in meinem Herzen und senkte den Blick. Alle meiner Mitschülerinnen gingen auf die Tanzfläche und ich blieb einfach sitzen. Ich konnte mit meinem Vater nicht tanzen und mit Sebastian fühlte es sich einfach falsch an. Inzwischen mochte ich ihn wirklich gerne, aber ich konnte ihm diesen Tanz nicht widmen. Es gab nur eine Person, die meinen Vater ein wenig ersetzten könnte.
,,Darf ich um diesen Tanz bitten?" hörte ich plötzlich die Stimme von Friedrich hinter mir. So gut es ging versuchte ich mir ein Lächeln aufzusetzen und nahm dann seine Hand. Mein Patenonkel führte mir zur Tanzfläche und dann ertönte auch schon der Song Ich wünsch dir von Sarah Connor. Wieder schlich sich ein Lächeln auf meine Lippen und zusammen mit meinem Patenonkel tanzte ich zu der Musik. Allerdings merkte ich auch in meinen Augen die Tränen brennen. Friedrich schien es zu merken und zog mich näher zu sich.
,,Es ist okay, Lia." Flüsterte er mir ins Ohr und kurz schniefte ich. Ein paar kleine Tränen liefen über meine Wangen und ich hoffte das es einfach nicht zu viele sahen.
,,Dein Vater ist so stolz auf dich, Kleine. Er schaut grade von da oben zu und schmeißt im Himmel für dich eine Party." Nach Friedrichs Worten musste ich kurz lachen und löste mich etwas von ihm.
,,Bestimmt mit Bon Jovi in Dauerschleife." Lachte ich und auch Friedrich stimmte ein.
,,Danke. Für alles was du für mich getan hast." Bedankte ich mich bei ihm, was eigentlich längst überflüssig war. Friedrich zog mich nur wieder etwas näher zu sich.
,,Ich werde immer für dich da sein, Lia." Gab er mir als Antwort. Wir tanzten noch ein wenig und ich genoss den Moment einfach. Friedrich hatte Recht und Papa schaute aus dem Himmel grade zu mir. Nach uns tanzten noch die Jungs mit ihren Müttern und dann tanzten wir alle wild durcheinander. Selbst Markus tanzte mit mir zusammen.

Später am Abend stand ich zusammen mit meinem Freund etwas draußen und wir unterhielten uns. Beide hatten schon etwas getrunken und so waren von meiner Seite auch schon ein paar Tränen geflossen.
,,Bestellst du Jacki liebe Grüße, wenn ihr sie besucht?" fragte ich Markus. Er würde zusammen mit Sunny und seinen Eltern einige Tage Urlaub auf dem Reiterhof machen. Ich hätte mitkommen könne, aber es überschnitt sich einfach mit dem Urlaub von Mama und mir.
,,Natürlich. Wir schreiben und telefonieren jeden Abend okay?" wandte er sich an mich und sofort nickte. Anders würde ich es auch nicht aushalten. Seit dem Markus und ich offiziell zusammen waren, waren wir noch nie so lange von einander getrennt. Kurze Zeit später würde ich nach München ziehen und wir sahen uns noch weniger.
,,Anders halte ich es nicht aus." Schlang ich meine Arme um seinen Hals. Markus drückte mir einen Kuss auf die Stirn und schaute mir dann tief in die Augen.
,,Wir schaffen das zusammen oder?" fragte er und ich runzelte die Stirn. Meinte er jetzt den Urlaub?
,,Ich meine du wirst aus München zurück kommen und dann bist du wieder bei mir oder? Versprich mir einfach das du niemand besseren findest. Ich brauche dich Lia. Du hast mich zu einem besseren Menschen gemacht." Schaute er mich mit Tränen in den Augen an und ich war etwas geschockt.
,,Natürlich komme ich wieder. Markus ich liebe dich auch und niemals würde ich das zwischen uns beiden aufgeben." Gab ich ihm als Antwort. Mein Freund zog mich in eine feste Umarmung.
,,Ich habe solche Angst dich zu verlieren. Du bist der Grund wieso ich endlich in meinem ganzen Leben einen Sinn sehe. Lia ich liebe dich aus tiefsten Herzen und es wird niemals jemand anderen für mich geben." Flüsterte er mir ins Ohr und sofort schniefte ich wieder. So etwas süßes hatte er wirklich noch nie zu mir gesagt. Alle die Jahre hatte ich darum gekämpft das er mein Freund wurde. Irgendwann hatte ich aufgegeben, aber Markus hatte einige Zeit weiter gekämpft. Alle die Streitigkeiten, Lügen und alles weitere hatten sich letzendlich doch gelohnt. Nach all den Hürden die wir zusammen besteigen mussten, standen wir nun hier zusammen und gestanden uns unsere Liebe. Und wenn ich mit der Zeit etwas gelernt hatte, dann war es das Markus meine wahre Liebe war. Eine Beziehung musste nicht echt sein und man durfte sich auch mal streiten. Das wichtigste war nur das man sich liebte, verzieh und dem anderen vertraute. Ich liebte ihn und hatte keine Zweifel mehr, dass er mich nicht liebte. Wir würden unsere Zukunft gemeinsam erleben, da war ich mir ganz sicher.

Unser letzter SommerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt