Kapitel 1

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März 23, Wien

Raphael Ragucci

Das Licht des edlen Restaurants war gedimmt. Der Schein der langen, weißen  Kerzen spiegelte sich in den Weingläsern und dem Silberbesteck auf den Tischen.

Gedämpfte drangen Gesprächsfetzen der anderen Gäste an mein Ohr, untermalt vom sanften Streichen der Violinen, die live gespielt wurden.

Mit einem höflichen Gruß nahm mir die junge Servicekraft den Mantel ab unauffällig drückte ich ihr Trinkgeld in die Hand, lächelte ihr zu. Leicht schlich sich die Röte auf ihre Wangen. Sie kannte mich, mich als den Star RAF Camora. 

Ich war schon mehrfach in diesem schicken Restaurant gewesen, nicht nur mit der Frau, mit der ich mich an diesem Tag dort treffen wollte. 

Das Personal war immer diskret und das schätze ich.

"Herr Ragucci, Sie sitzen an dem üblichen Tisch.", ließ mich eine weitere Servicekraft wissen ehe ich ihm zwischen den Tischen hindurch folgte.

Ein Tisch in einer Nische, dennoch an dem imposanten Panoramafenster,   welches, hoch oben über Wien, einen unglaublichen Ausblick über die nächtliche Stadt freigab. Ich ließ meinen Blick hinaus schweifen, über das Lichtermeer, welches bis an den Horizont reichte. Meine Silhouette verschwommen in dem Glas vor mir, schwarzer Anzug, kleine Patek am Handgelenk, die Stirn in Falten, der Blick düster. Nicht so düster, wie er vor einiger Zeit noch gewesen war aber noch immer weit entfernt von Überschwänglichkeit. 

 Kurz verharrte mein Blick auf der Stadt zu meinen Füßen. Wien- viele Jahre hatte ich hier gelebt,  viele Jahre lang war ich von hier geflüchtet, hatte in Berlin gelebt, meinen Traum verwirklicht, Geld gemacht, hatte gelebt.

Nun war ich langsam aber sicher dabei, zurück zu kehren. Hatte wieder Wohnungen in der Stadt und begann mich in Wien wieder  zu Hause zu fühlen. 

"Hallo Raphael." Ihre mir inzwischen vertraute Stimme riss mich aus meinen Gedanken und ich wandte mich ab, setzte ein Lächeln auf meine Lippen. Sogar ein Stück weit ehrlich war es, denn ich freute mich auf die Abende mit ihr. 

"Einen schönen guten Abend, Guapa." Meine Stimme ruhig, tief, dunkel. Ich sah ihr in die Augen, blau, wie Veilchen. Ein hübsches Gesicht, hohe Wangenknochen, ein schmales Kinn. Das dunkle Haar in perfekte Wellen gelegt, das Make Up perfekt. Ein elegantes Kleid, High Heels, dezenter Schmuck. 

Sie hatte wieder einmal nicht zu viel versprochen. Wieder einmal war sie perfekt und absolut das viele Geld wert, welches ich für diesen Abend gezahlt hatte.

Leicht zog ich sie an mich, küsste sie auf Beide Wangen, ehe ich ihr galant half wieder Platz zunehmen. 

Dahlia, ich war mir ziemlich sicher,  dass dies nicht ihr richtiger Name war,  die Frau, die ich seit einigen Monaten immer wieder traf. Gegen Geld. Eine Escort der Luxusklasse und für mich die einfachste Möglichkeit, eine Frau zu treffen. 

Die Zeiten, in denen ich wahllos Frauen auf meine Hotelzimmer geholt hatte waren vorbei, die Zeiten für eine feste Beziehung schon länger. Ich hatte weder Zeit noch die Ambition zu daten, zu schwierig war es, aus den vielen Frauen die passenden zu selektieren. 

Die, die Groupis waren, und mich nur aufgrund von RAF Camora wollten. Sie waren anstrengend, redeten mir nach dem Mund und langweilen mich auf Dauer. Die, die "nicht so eine " waren. Die, die glaubten, es würde mehr als eine Nacht Spaß aus uns. Die, mit denen es zu Anfang passte und mit denen es doch in die Brüche ging.
Nicht zu vergessen die, bei denen ich Angst hatte, sie im Zweifelsfall nicht wieder loszuwerden.

Und die, mit denen ich in toxischen Verbindungen endete.

Adrenalin schoss durch meine Blutbahn, als mir ihr Name in den Sinn kam. Hass loderte in meiner Brust auf, es war, als würde ich sie noch immer spüren, ihren Duft riechen.
Mein Kiefer spannte sich an, Druck in meinem Kopf,  rauschen in meinen Ohren.

Ich Weiß Du Kommst / RAF Camora Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt