Kapitel 16

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Elisa Weber

Das laute Klingeln meines Diensthandys schallte durchs Schlafzimmer und riss mich so brutal aus meinen Träumen, dass mein Herz vor Schreck zu rasen begann.

"Fuck!", entfuhr es mir wenig eloquent und ich befreite mich umständlich aus Raphaels Umarmung und den Fängen meiner zerwülten Bettdecke.

"Was ist das?", brummte der schöne Mann in meinem Bett verschlafen er öffnete die Augen zu einem Spalt, griff sich dann mein Kissen und zog es sich über den Kopf.

"Hoffe keine Arbeit. ", gab ich zurück, stieg aus dem Bett und war mit zwei Sätzen an meiner Kommode.

Es war meine Mutter, es war viertel nach acht am Samstagmorgen und ich verdrehte die Augen, ehe ich das Gespräch annahm.

"Guten Morgen Mutti.", flötete ich übertrieben fröhlich ins Handy. "Wo brennt es?"

Natürlich gab es Arbeit.  Sie rief mich nicht umsonst an. Und es war nicht die Frage ob ich kommen konnte sondern, wann und wohin ich kommen sollte. Das Leid der Selbstständigkeit. Wäre Lio dagewesen hätte ich mir nur noch zusätzlich schnell einen Babysitter aus dem Hut zaubern müssen.

"Guten Morgen Elisa." Dann nannte sie mir ohne Umschweife einen Ort sowie einen Familiennamen. "Ist zu Hause verstorben, der Arzt ist unterwegs und ich hoffe es geht ohne Kripo."

Ich seufzte. Ich machte meinen Job gern. Aber Samstag Morgens um viertel nach acht hatte ich nicht unbedingt Bock darauf.

Zumal Raphael in meinem Bett lag und ich mir deshalb eine durchaus schönere Beschäftigung vorstellen konnte, als loszufahren und einen Verstorbenen abzuholen.

Raphael hatte sich das Kissen vom Kopf gezogen und sich in den Nacken geschoben, sodass er etwas aufrecht am Kopfteil des Boxspringbettes lehnte und mich musterte. Er grinste verräterisch woraufhin  ich  ihm kindisch die Zuge heraus herausstreckte.

"Elisa! Schaffst du es den abzuholen? Sie möchten dass er zügig geholt wird und auch ein Erstgespräch.", riss meine Mutter mich aus den Gedanken. "Ich habe um zehn die Trauerfeier von dem Gerber, ich schaffe es nicht.", ließ sie mich wissen und ich konzentrierte mich kurz auf die Realität.

"Ja ach, das ist mir klar.", gab ich zurück. "Ja mach ich. Ich kümmere mich. Schick mir die Adresse.", antwortete ich dann.

"Okay. Und nimm dem Einäscherungssarg mit. Lars kommt mit." Lars war mein Bruder und wenn es hart auf hart kam, packte auch er mit an.

"Gut.", murmelte ich und legte auf, schmiss das Smartphone unsanft auf meine Kommode.

Langsam ging ich zum Bett zurück, kniete mich auf die Matratze und Raphael zog mich an sich. Seine warme Haut fühlte sich himmlisch auf meiner eigenen an, seine Hände strichen über meinen Körper ehe er uns herum drehte und über mir war.

"Musst du arbeiten?", fragte er leise und ich nickte.

"Tut mir leid. Das ist manchmal so und eigentlich habe ich frei, weil meine Mutter und ich uns die Wochenenden aufteilen. Aber gut..wenn die Leute umfallen wie die Fliegen...", ich seufzte.

Wollte nicht weg von ihm. Wenn ich die Sorgen aus meinem Kopf verbannte war es einfach nur schön. Seit dem Vorabend hatte sich zwischen uns etwas verändert. Nur eine kleine Nuance aber ich spürte es. Wir waren uns auf der emotionalen Ebene ein Stück weit näher gekommen.

"Umfallen wie die Fliegen... Ist das Berufshumor?" Er schüttelte sich beinahe unmerklich.

"Wenn du wüsstest. Humor ist auch eine Art sich zu distanzieren. ", antwortete ich.

Ich Weiß Du Kommst / RAF Camora Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt