Kapitel 27

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Raphael Ragucci

"Deine Mutter?", entfuhr es mir gedämpft, während ich Lio hinterher sah, der mit seinem Eis in der Hand auf eine blonde Frau, etwa im selben Alter wie meine eigene Mutter zurannte.

"Ja.", gab Lizzy zurück und eine mir altbekannte Sorge machte sich urplötzlich in mir breit. Dies sollte ihr erster Eindruck von mir werden und ich saß in Badeshorts herum, meine Tattoos also komplett sichtbar und ich wusste aus Erfahrung, dass alleine diese reichen konnten, damit sie mich vorverurteilte.

"Was schaust du so?", fragte sie dann  und lächelte sanft.

"Was, wenn sie denkt ich..."

"Hallo Elisa!", sie war in Hörweite also brach ich meinen Satz ab.  In der einen Hand trug sie eine Badetasche an der anderen hielt sie Lio.

Schlank war sie, ähnlich groß wie Liz und die Ähnlichkeit zwischen ihr und ihren Töchtern war nicht von der Hand zu weisen. Sie war wohl das was man hat sich gut gehalten nannte. In ein geblümtes Sommerkleid gekleidet kam sie vor unser Decke zum Stehen, hockte sich dann hin.

Nervös wurde ich, als sie mich ansah,überrascht war ich, als sie mir kurz freundlich grüßte. Ich erwiderte mit einem Hallo und sie wandte sich an Liz, ohne mich weiter zu beachten.

"Hi, konnte sich die Kundschaft also doch noch einigen?", fragte Liz und deutete Lio, sich wieder zu uns zu setzen.

"Frag nicht weiter." Ihre Mutter hob kurz abwehrend die Hände. "Es war endlich klar, dass sie eine Erdbestattung wollten, die hatten sich auf eine Traueranzeige geeinigt und dann  kam der Bruder aus Göttingen und meinte, er müsse alles wieder umwerfen. Drei Stunden saß ich da fast. Jetzt dachte ich, gehe ich eine Runde schwimmen und heute Abend kümmere ich mich um den Rest. Und ihr gönnt euch erstmal ein Eis und Sonne, richtig so. Lio, wie war es im Kindergarten?"

Sie machte einen sympathischen, freundlichen Eindruck,  irgendwie hatte ich nach Lizzys Erzählungen etwas anderes erwartet. Aber sie hatte auch gesagt, sich mit ihrer Mutter ausgesöhnt zu haben.

"Hab mit Max gespielt. ", erzählte Lio und leckte weiter sein Eis.

"Leute gibt's.  Gut, dass ich heute nur Fahrdienst gemacht habe." Lizzy zuckte die Schultern. "Wann soll die Trauerfeier sein?"

"Donnerstag um zehn Uhr. Hätte sie lieber auf Nachmittags geschoben aber nunja." Ihre Mutter schüttelte kurz den Kopf.  "Dann machst du die von der Bruns hier alleine."

"Mache ich. Können wir jetzt nicht mehr über Arbeit reden?"

"Können wir. Hab die Faxen auch dicke.", sagte sie.

Ich wusste noch nicht, ob ich es gut fand, dass sie mich ein bisschen überging. Gern hätte ich mich von meiner besten Seite gezeigt aber das Setting... Es war nichtmal so, dass ich das Gefühl hatte, sie würde mich ignorieren sondern eher, dass sie sich höflich zurück halten wollte.

"Und was habt ihr noch vor?", fragte sie dann.

"Noch etwas schwimmen und den Tag ausklingen lassen. Das hier ist Raphael Ragucci, ein Freund aus...naja er pendelt zwischen Wien und Berlin, er besucht uns für ein paar Tage."

"Hallo, Susanne Hofer.", grüßte sie mich, sah mir in die Augen. "Die Mutter von Elisa.", lächelte sie und ich fragte mich,  ob sie wirklich so freundlich war oder ob sie Freundlichkeit aus Berufsgründen quasi studiert hatte. Sie hatte eine ähnlich warme, sanfte Ausstrahlung, wie Lizzy sie hatte.

"Hallo Frau Hofer, schön Sie kennenzulernen."

"Raphael hat Mama Küsschen gegeben. ", plauderte Lio unschuldig drauf los woraufhin ich in meinem Kopf begann, die Gänseblümchen auf der Liegewiese zu pflücken und Liz lachte.

Ich Weiß Du Kommst / RAF Camora Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt