1. Kapitel - Erin

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Schon immer hatte meine Mutter mir Geschichten über ein magisches Reich erzählt, in dem Wesen wie Elfen, Trolle und Nymphen existierten. Wo Zwerge in Höhlen nach Edelsteinen suchten, Gnome immer für einen Spaß zu haben waren und Riesen friedlich durch die Wälder streiften.

Es gab Hüter der geheimen Welt, die dafür sorgten dass die Völker in Frieden lebten und die Streitigkeiten schlichteten.

Sie hatte mir von Konflikten und Kriegen erzählt und wie die Hüter diese beendeten. Und egal wie oft ich diese Geschichten gehört hatte und diese wundersamen Wesen zeichnete, sie blieben für mich genau das: Geschichten. Erfindungen für Kinder. Ein Ausweg aus der Realität.

Bis ich zu meinen Onkel zog und sich mein Leben komplett änderte.

Ich erfuhr, dass diese Geschichten wahr waren. Dass es das magische Reich Lavandia wirklich gab und ich – Erinna Spencer – eine Hüterin war. So wie auch meine Mutter eine Hüterin gewesen ist, ehe sie ihrem Leben in Avaglade den Rücken kehrte.

Dass ich jetzt wieder hier wohnte und bei meinem Onkel aufwuchs, hatte aber nichts damit zu tun, dass sie und ihr Bruder sich wieder vertragen hatten und sie nach fast zwanzig Jahren zurückgekehrt war.

Meine Eltern waren beide tot. Gestorben bei einem Feuer, welches ich aufgrund meiner Affinität – dem Feuer, welch Ironie – überlebt hatte. Und mit ihrem Tod, hatte sich mein ganzes Leben von Grund auf geänderte. In jeder Hinsicht.

Von London ging es nach Avaglade, einem kleinen, verschlafenden Städtchen im Norden Schottlands. Dort lebte ich nun bei meinem Onkel William McAlistair, von dem ich bis vor wenigen Wochen, noch nie etwas gehört hatte.

Und nach nicht einmal zwei Wochen bei ihm, hatte ich dann erfahren, dass all die Geschichten die Mum mir erzählt hatte, wahr waren. Und jetzt stand ich vor einer riesigen Aufgabe, für die ich noch nicht bereit war.

In Lavandia gab es Probleme, nachdem die Nymphenprinzessin Lenori wegen eines Fluches starb. Einem Fluch, den nur eine Elfe – oder ein Elfenwesen wie wir Hüter – hätte wirken können.

Da wir Hüter uns sicher sind, dass niemand von uns diesen Fluch freigesetzt hatte, blieb nur jemand von den Elfen und da für den Fluch ein bestimmtes Kraut benötigt wurde, das nur in den ehr abgelegenen Orten Lavandias zu finden war, mussten wir nun eine Reise unternehmen.

Und nicht nur die Tatsache, dass wir mit den Zentauren sprechen sollten, ließ uns diese Reise antreten.

Der Avafluss führte weniger Wasser als sonst und dies ließ darauf schließen, dass etwas mit den Quellen im Lavanda-Gebirge nicht stimmte. Also würden wir – und damit meine ich mich und Henry Nox – zum Gebirge reisen und sehen, ob wir irgendwas tun konnten.

Die Reise würde zwei Wochen dauern und tief in das Reich Lavandia führen. Und ich war absolut nicht bereit dafür!

Ich war gerade einmal eine Woche eine Hüterin und wusste – trotz der Geschichten von Mum – so gut wie nichts über all das hier.

Ich konnte noch nicht einmal Magie bewirken, da ich mich bis jetzt (erfolgreich) davor drücken konnte. Wenn es nach mir gehen würde, würde ich auch niemals von meiner Affinität Gebrauch machen. Ich hatte gesehen, was Feuer anrichten konnte. Und die Tatsache, dass ich nur noch am Leben war, weil ich eine Feueraffinität hatte, half auch nicht wirklich.

Aber ich musste in nur drei Tagen so viel Wissen in mir aufsaugen wie möglich. Darunter gehörte (leider) auch das Wirken von Magie.

„Erinna, du solltest ins Bett gehen. Sicher, dass du morgen in die Schule möchtest?"

Ich sah von den Büchern auf und spürte jetzt erst die Verspannung in meinem Nacken. Draußen war es schon längst dunkel und nur die kleine Tischlampe neben mir, erleuchtete die Hauseigene Bibliothek meines Onkels, in der ich schon den ganzen Tag saß und las.

Avaglade - Reise durch Lavandia (Buch 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt