2. Kapitel - Henry

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Drei Tage. So viel Zeit blieb mir, mich auf eine Aufgabe vorzubereiten, von der ich nicht weiß, wie sie ausgehen würde. Drei Tage, in denen ich normal zu Schule gehen sollte, aber gleichzeitig genügend Vorbereitungen treffen musste.

Wenn sich drei Tage Vorbereitungszeit schon für mich anfühlten wie drei Stunden, dann wollte ich nicht wissen wie sich Erinna fühlte.

Und wieso musste ich schon wieder automatisch an sie denken?

Wann immer ich in den letzten paar Stunden über die bevorstehende Reise nachgedacht hatte, hatte ich automatisch daran gedacht, dass Erinna zwar sagte sie sei bereit, ich aber deutlich gesehen hatte, dass sie es nicht war.

In ihrem Blick hatten Zweifel gelegen und auch Angst, was ich durchaus verstehen konnte.

Sie wusste zwar bereits einiges über Lavandia und dessen Bewohnern, aber während des Gesprächs mit Yilva hatte sie oft verwirrt ausgesehen und ich konnte mir wirklich nicht vorstellen, dass sie sich genügend Wissen aneignen konnte, um eine zweiwöchige Reise zu unternehmen.

Sie musste wissen, wie sie sich im Umgang mit den Zentauren verhalten musste. Oder was im Falle einer Vergiftung durch das Giftblatt zu tun war. (Auch wenn es unwahrscheinlich war, dass dieser Fall eintrat) Es gab so viele Gefahren, dass es eigentlich absolut unverantwortlich war, sie auf diese Reise zu schicken.

Aber es war beschlossen und ich musste einfach darauf vertrauen, dass William sie so gut es ging vorbereitete.

„Henry! Wie oft müssen wir dich denn noch rufen, bis du endlich zum Essen kommst?" Ich zuckte zusammen, als mein Vater in meiner Zimmertür auftauchte und mich wütend anfunkelte.

„Entschuldige, ich war in Gedanken. Ich bin sofort da", sagte ich schnell und stand von meinem Bett auf. Mein Vater verdrehte genervt die Augen und verließ Türknallend mein Zimmer.

Ich seufzte, fuhr mir durchs Haar und folgte ihm. Als ich das Esszimmer betrat, saß er bereits wieder am Tisch und machte sich Kartoffeln auf seinen Teller.

„Entschuldigt bitte die Verspätung", sagte ich und ließ mich auf meinen gewohnten Platz fallen. Mum lächelte mich kurz an, während Cathie (meine kleine Schwester und die größte Petze überhaupt) die Augen verdrehte.

Das gemeinsame Essen verlief (wie eigentlich immer) schweigend und jeder hing seinen eigenen Gedanken nach. Und während Cathie wahrscheinlich überlegte, wie sie mich in die Pfanne hauen konnte, drifteten meine Gedanken von ganz allein wieder zu Erinna und ob sie sich jetzt gerade in diesem Moment wohl vorbereitete.

Sie würde sicherlich alle möglichen Bücher durchwälzen, die sie in der kleinen, hauseigenen Bibliothek von William fand. Und das waren eine Menge Bücher! Und wahrscheinlich machte sie sich dabei lauter Notizen.

Ob sie morgen auch in die Schule gehen wird? Oder bleibt sie von vornerein zuhause, um sich wirklich zu einhundert Prozent auf ihre Aufgabe vorzubereiten?

Und war es überhaupt notwendig, dass sie mitkam? Dass ich zum Lavanda-Gebirge musste, war mir klar. Ich war der einzige Hüter mit einer Affinität zum Wasser und wenn wirklich etwas mit den Quellen war, dann musste ich das Problem lösen.

Aber theoretisch hätte auch William mitkommen können. Er hat auch eine Feueraffinität und außerdem ist er viel erfahrender. So hätte Erinna noch genügend Zeit...

„Henry!"

Ich sah von meinem Teller auf und kreuzte sofort den genervten Blick von meinem Vater, dessen Kopf mal wieder so rot war, dass er einer Tomate Konkurrenz machte.

„Äh... Ja?" Ich sah kurz zu Mum, die auf ihren Teller sah und während sie versuchte die Situation die sich hier aufbaute zu ignorieren, sah meine Schwester ziemlich gespannt aus. Die kleine, Dramaliebende Cathie...

Avaglade - Reise durch Lavandia (Buch 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt