Es war nicht schwer, sich in der Höhle zu orientieren. Ich folgte einfach dem Bachlauf, auch wenn es immer dunkler um mich herum wurde.
Ich blieb stehen und konzentrierte mich auf meine Finger. Ich stellte mir vor, wie helle, kleine Flammen aus ihnen wuchsen und mir Licht spendeten, ohne mir wehzutun.
Und als es tatsächlich funktionierte, atmete ich überrascht und glücklich aus. Nur lange hielt meine Freude nicht an, denn niemand war da, der sich mit mir zusammen freuen konnte.
Ich ging weiter und folgte dem Bach, bis die Höhle breiter wurde und ich schließlich an einem unterirdischen See stand.
Die Wasseroberfläche schimmerte mysteriös und ich sah nach oben. Durch ein Loch schien die Sonne ins Innere und ich ließ die Flammen verschwinden.
Hier musste es sein. Hier irgendwo war der Spiegel versteckt. Und irgendwie wusste ich auch ganz genau wo.
Ich zögerte nicht eine Sekunde, als ich in den See stieg. Das kalte Wasser nahm mir kurz den Atem und sofort fing mein Körper an zu zittern.
Der See war nicht tief, wie ich feststellte. Tatsächlich berührten meine Zehenspitzen selbst in der Mitte noch immer den Grund und kurzerhand tauchte ich unter und tastete den Boden nach etwas ab, was sich wie ein Spiegel anfühlte.
Ganze zwölfmal musste ich untertauchen und dabei bewegte ich mich suchend vorwärts.
Meine Hände glitten über den Boden und jedes Mal, wenn ich wiederauftauchte, spürte ich wie die Müdigkeit immer mehr Besitz von mir ergriff.
Und dann, als ich gerade aufgeben wollte, spürte ich ihn. Sofort nahm ich den Gegenstand, den ich gerade berührt hatte an mich und tauchte auf.
Hustend, zitternd und durchnässt kletterte ich an Land und sah das erste Mal den Spiegel der Wahrheit an.
Es war ein kleiner, goldener Handspiegel. Das Glas war an vielen Stellen bereits zerbrochen und aus der Halterung verschwunden. Nur noch drei Scherben, hielten sich tapfer fest.
„Ich hab ihn gefunden", hauchte ich und spürte Tränen in mir aufsteigen. Ich drückte den Spiegel vorsichtig an mich und sah nach oben.
„Ich... ich hab ihn gefunden", flüsterte ich und schloss die Augen, ehe ich wieder auf den Spiegel in meinen Händen sah.
„Ich...", fing ich an, doch irgendwie brachte ich die Worte nicht über die Lippen.
Ich sah einfach nur den kaputten Spiegel an, aus dessen übriggebliebenes Glas, mich ein blasses, blondes Mädchen, mit Tränen in den Augen ansah.
Vorsichtig legte ich den Spiegel vor mir ab und konzentrierte mich darauf, meine Kleidung trocken zu bekommen und mich aufzuwärmen.
Die ganze Zeit sah ich dabei den Spiegel an und als ich trocken und aufgewärmt war, nahm ich ihn wieder an mich.
„Zeig mir...", begann ich, doch auch dieses Mal konnte ich den Satz nicht zu Ende bringen.
Ich fuhr mir durchs Haar und schluchzte.
Warum fiel es mir so schwer? Wieso konnte ich nicht einfach sagen, was ich so dringend wissen wollte?
„Weil du weißt, dass es falsch ist..."
Ich drehte mich um und schluckte.
Aus dem See erhob sich eine junge Frau, mit weißen, langen Haaren und einem wunderschönen Gesicht.
Ihre Augen hatten die Farbe von Türkisen und ihre Haut schimmerte leicht, als wäre sie mit Schuppen bedeckt.
Obwohl ich sie nie persönlich kennengelernt- oder gesehen hatte, wusste ich wer dort vor mir stand. Die Ähnlichkeit zu Liron war nicht zu übersehen.
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Avaglade - Reise durch Lavandia (Buch 2)
FantasíaErin ist noch immer ganz überwältigt davon, dass es das magische Reich "Lavandia" von dem ihre Mutter ihr immer Geschichten erzählt hat, wirklich gibt. Und dass sie - Erinna Spencer - selbst eine Hüterin ist. Und obwohl sie noch nicht lange eine Hüt...