Kapitel 27

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Mike

„Überraschung!", ruft Adela vor meiner Türe, nachdem ich diese geöffnet habe. Blinzelnd starre ich sie an, während sie ihre Arme von sich gestreckt hat.

Mein Körper schaltet schneller als mein Gehirn, denn nicht mal nach einer Sekunde schließe ich sie in meine Arme. „Du bist wieder da.", wispere ich an ihrem Hals. Überrascht von meiner plötzlichen Zuneigung keucht sie erst auf, schlingt dann aber genau wie ich die Arme um mich. Fest drücke ich sie. „Ich habe dich vermisst, Kleine." Sie schwebt in der Luft, da ich sie hochgehoben habe.

„Ich dich auch, Mike.", erwidert sie.

Langsam stelle ich sie wieder ab, löse mich jedoch noch nicht aus der Umarmung. Zu lange habe ich sie gebraucht. „Du darfst nie wieder eine ganze Woche wegfahren ohne mich.", nuschele ich an ihrem Hals.

Sie entzieht sich der Umarmung, um mich besorgt zu mustern. „Ist etwas passiert?"

Ich habe endlich eingesehen, dass ich Gefühle für Charlie habe. Wir haben uns geküsst. Sie wurde verletzt und hat mir das Herz gebrochen. Habe ich erwähnt, dass das alles am selben Tag war? Nein? Oh, ok. „Nein. Nichts passiert.", antworte ich schulterzuckend.

Sie runzelt die Stirn und mustert mich ausgiebig. Ihre Augen sind zusammengekniffen, wie immer, wenn sie nachdenkt. „Von mir aus. Ich bin eben erst zurück und will keinen Streit anzetteln, da ich weiß, du wirst eh wieder auf deiner Meinung beharren." Sie grinst mich an. „So stur wie ich halt." Auch ich schenke ihr ein Lächeln und stupse sie mit dem Ellenbogen an. „Also. Was hälst du hiervon?" Sie hält zwei Packungen Popcorn in die Höhe. Augenblicklich wird mein Grinsen breiter. Auch sie lächelt, wissend, dass ich nicht abschlagen werde, und schüttelt die Tüten mit dem Microwellen – Popcorn.

„Wenn du auch noch Cola und Sprite dabei hast, darfst du hier einziehen.", entgegne ich.

Wie als hätte sie darauf gewartet, greift sie in die etwas größere Tasche, die mir bis eben nicht aufgefallen ist. Hinterher hat sie jeweils eine Flasche Cola und Sprite dabei.

„Dann nur herein." Mit einer ausladenden Geste winke ich sie herein. Ich hoffe nur, dass Vater nicht so bald wieder kommt. Mom wäre kein Problem, aber mit ihm will ich mich echt nicht rumschlagen müssen. Erst recht, wenn Mom und Vater aufeinander treffen.

„Man, war ich schon lange nicht mehr hier.", kommt es von Adela, während sie die Treppe rauf steigt und sieht, dass wir andere Bilder an den Wänden hängen haben. Jetzt sind es nicht mehr Bilder von mir als Kleinkind – die sind jetzt im Wohnzimmer – sondern Bilder von Künstlern, dessen Farben perfekt zur Einrichtung passen. Der Künstler hat eine einzigartige Art zu malen. Er verwendet nicht die regulären Farben, sondern hat bei den Bildern hier zum Beispiel sehr viel Grau- und dunkelblaue Töne benutzt. Und er malt eher hektisch, nicht präzise. Nicht jedes Detail muss detailliert gemalt werden, sondern einzelne Blumen malt er nur gepunktet, auch die Bäume deutet er an. Die Enten, die auf dem See schwimmen, kann man nur erkennen, weil es nur logisch ist, dass diese da sind.

„Oh mein Gott!", ruft Adela von oben. „Du hast das Bild ernsthaft noch?" Ungläubig sieht sie mich an. Sie deutet in meinem Zimmer auf das Bild, welches ich über meinen Schreibtisch gehängt habe. Es zeigt Adela und mich in Wasserfarbe. Das hat sie mir zum Geburtstag in der zweiten Klasse geschenkt.

„Klar habe ich das noch. Was denkst du denn, wo ich das hin habe?", empöre ich mich. Als ob ich so etwas Kostbares einfach wegschmeißen würde. Nein! Ich rahme es ein und hänge es an den einzigen Platz im Zimmer, der auf den ersten Blick sichtbar ist.

„Was weiß ich. Es ist hässlich.", erwidert Adela auf die rhetorische Frage schulterzuckend. „Ich muss dir ein neues malen." Sie legt ihre Hand ans Kinn und nickt grüblerisch. „Wie auch immer.", wechselt sie das Thema leichtfüßig. Adela nimmt die beiden Tüten. „Ich mach mal schnell die hier fertig."

Not me. Please.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt