Kapitel 44

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Mike

Ich wälze mich hin und her. Vom Abend erschöpft dachte ich, ich würde einfach einschlafen, doch inzwischen sind die Ziffern meiner Digitaluhr um zwei Stunden größer geworden. Und der Schlaff will mich immer noch nicht überrollen.

Kurzerhand stehe ich auf und schmeiße mir ein einfaches Shirt über. Die graue Jogginghose neben meinem Bett hebe ich auf und schlüpfe in diese. Dann mache ich mich auf den Weg nach unten, wohl darauf bedacht, ganz leise zu sein, da meine Eltern bereits schlafen. Letzten Endes ist es schließlich schon fast Mitternacht.

Unten lasse ich die letzte Stufe der Treppe aus, da diese quietscht und gehe Richtung Tür. Bevor ich hinaustrete, greife ich nach meinen Schlüsseln.

Draußen empfängt mich eine angenehme Brise. Es ist dunkel und nur alle paar Meter findet sich eine Laterne wieder. In unserer Auffahrt geht das Licht an und ich mache mich auf den Weg zu Charlie.

Ich kann sie so nicht gehen lassen. Ich will sie zurück. Auch wenn es alles kostet, was ich besitze. Und das werde ich ihr auch klar machen. Entschlossenen Schrittes bewege ich mich durch die Nacht, bis ich nach einigen Minuten vor ihrem Haus stehe. Zu meinem Erstaunen brennt tatsächlich noch im oberen Stockwerk vereinzelt Licht. Ich könnte auch schwören, dass in der Küche jemand ist, da ich dort einen Schatten gesehen habe.

Da ich um diese späte Uhrzeit nicht klingeln möchte, und ich mir nicht sicher bin, ob sie auf einen meiner Anrufe reagieren wird, begebe ich mich zur Terrassentüre. Durch diese komme ich direkt in die Küche.

Tatsächlich. Charlie hockt in der Küche und sammelt etwas vom Boden auf.

Meine Entschlossenheit muss sich anscheinend in genau diesem Augenblick verabschieden und mein Mut mich verlassen. Tief atme ich ein und wieder aus, bevor ich zaghaft an die Scheibe klopfe.

Erschrocken dreht Charlie ihren Kopf in meine Richtung, ihre Augen weit aufgerissen. Jedoch beruhigt sie sich wieder schnell, als sie sieht, dass ich es bin. Doch etwas an ihr gefällt mir ganz und gar nicht. Als erstes kann ich es nicht ganz zuordnen, dann erkenne ich es beim Näherkommen von ihr. Ihr Gesicht weist mehrere kleine Kratzer auf und ihre linke Wange färbt sich langsam aber sicher bläulich.

Was ist nur vorgefallen?

Mit zitternden Händen öffnet sie die Türe. „Mike. Was..." Sie blickt panisch hinter sich. „Was machst du denn hier? Ich dachte, du bist schon bei dir zu Hause."

„Ich musste dich einfach sehen. Unser Gespräch konnte ich so nicht stehen lassen. Komme ich..." Auch ich werfe nun einen Blick hinter sie. „ungelegen? Ich wollte nicht stören."

„Nein, nein. Alles gut. Komm doch... ähm... rein." Sie tritt beiseite und ich tue wie geheißen. Währenddessen tritt sie von einem Fuß auf den anderen und ihre Augen schnellen umher.

Auf dem Boden liegen noch einige Scherben. Ein Eimer ist auch in der Nähe und eine Schranktüre auf der Wand ist offen und hängt etwas schief. So, als hätte sie jemand mit Gewalt aufgerissen. „Charlie?" Ich blicke mich in der nicht mehr so ordentlichen Küche um, bevor ich wieder zu ihr schaue: „Was, zum Teufel, ist hier bitte passiert? Hat hier ein Tornado eingeschlagen?"

Sie tritt etwas näher an mich ran. Ich habe vermutet, das sind kleine Kratzer auf ihrem Gesicht – wie von einer Katze – doch das sind Schnittstellen.

„Verfluchte Scheiße!", schimpfe ich. Behutsam nehme ich ihr Gesicht in meine Hände und betrachte es genauer. „Was ist hier geschehen, Kitty Kat?" Unbewusst habe ich den Kosenamen für sie benutzt, doch es bringt ein winziges Lächeln auf ihren Lippen zum Vorschein.

Not me. Please.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt