Während des gesamten Fluges zurück zum Festland ging mir immer wieder nur ein Satz durch den Kopf.
Ich musste sie daraus holen.
Komme, was wolle.
Ich habe es ihr versprochen und ich halte meine Versprechen.
Unbemerkt landete ich den Helikopter mehrere Kilometer von der feindlichen Basis entfernt auf einer Lichtung und schaltete den Motor aus.
Die Maschine wurde langsam leiser, ehe sie gänzlich verstummte.
Der Nadelwald lag ruhig und dunkel vor mir.
Kurz checkte ich noch einmal den Sitz und die Funktionstüchtigkeit meiner Waffen.
Gut gepflegte Waffen waren das A und O, das bekam man schon früh in der Army eingetrichtert. Sie waren verlässlich, wohingegen eine die nicht ordnungsgemäß gewartet wurde, im Ernstfall den Tod bedeuten konnte, sollte der Schlitten oder der Mechanismus, um das Magazin zu wechseln klemmen.
Tief durchatmend, entsicherte ich mit einem Klicken das Gewehr und marschierte im Schutz der Dunkelheit los in Richtung feindlicher Basis.Das Gewehr locker in den Händen haltend, kam ich verhältnismäßig schnell durch den knöchelhohen Schnee voran, auch wenn es erneut angefangen hatte leicht zu schneien.
Es war arschkalt.
Nicht weit von der Basis entfernt, hockte ich mich einem unguten Gefühl hingebend hinter einen umgefallenen Baumstamm und wechselte das normale Visier der G27 gegen ein Thermalvisier.
Dann stellte ich es auf den Stamm ab und sah hindurch.
Mein Gefühl bestätigte sich.
Nur wenige hundert Meter entfernt von mir, dort wo der Wald sich lichtete und die Basis sich langsam zeigte, entdeckte ich eine Patrouille.
Zwei Männer in Schneetarnuniform, die leise miteinander redeten und an den Bäumen angelehnt auf die zerstörte Basis schauten.
Ich könnte sie von hier erschießen, doch es würde nur unnötige Geräusche verursachen und meine Deckung auffliegen lassen.
Also warf ich mir das Gewehr über die Schulter, klinkte meine Maske in den Helm ein und setzte das Visier auf.
Ich hatte es damals ein wenig modifiziert, sodass das Visier jetzt eine Nachtsichtfunktion besitzt, falls genau eine solche Situation jemals eintreten sollte.
Leise wich ich nach rechts aus, bewegte mich hinter Bäumen, Deckungen und den Schatten, den sie warfen entlang.
Genau daher hatte ich meinen Rufnamen.
Shadow - Schatten.
Lautlos, unsichtbar, tödlich.
Nicht einmal der Schnee unter meinen Stiefeln machte Geräusche, während ich mich heranpirschte.
Wie als hätte ich nie etwas anderes getan.
Langsam zog ich ein Messer aus einer der Brusttaschen und machte mich bereit zum Angriff.
Einer der Männer lachte über etwas, was der andere gesagt haben muss. Er stand nur wenige Meter von mir entfernt.
Immer näher pirschte ich mich von hinten an ihn heran.
Dann zog ich den Mann hinter einen Baum und schlitzte ihm die Kehle auf.
Blut spritzte nach allen Seiten.
Mit meiner behandschuhten Hand hielt ich den Mund des Mannes zu, damit das Gurgeln nicht allzu laut zu hören war.
Überrascht drehte sich der Zweite um, doch es war bereits zu spät.
Mit einer flüssigen Bewegung durchtrennte ich ihm ebenfalls die Kehle und er ging leblos zu Boden.
Gerade verschwand ich wieder in der Dunkelheit und wollte mich weiter zur Basis vorarbeiten, als das Funkgerät in meinem Helm knackte.
"Jade? Bitte kommen.", drang die Stimme meines Vaters durch mein Ohr.
Schwer seufzte ich.
"Hier Shadow. Was ist los?"
"Gott sei Dank.", hörte ich Maverick erleichtert aufatmen.
"Jade, was zum Teufel hast du dir dabei gedacht?!", fauchte er dann wütend und ich verdrehte hinter dem schwarzen Visier die Augen.
Das war der ungünstigste Moment in dem er mich überhaupt anfunken konnte. Und noch dazu meine Sicherheit und Deckung aufs Spiel setzte, indem er zuerst funkte.
Wie hatte er überhaupt die richtige Frequenz gefunden?
"Verdammt Mav! Ich kann nicht nur still sitzen in dem Wissen, dass sie dort drin vermutlich gefoltert wird!"
"Ja aber doch nicht alleine!"
"Ihr habt ja eure Ärsche nicht hochbekommen!", zischte ich zurück und ließ meinen Blick nebenbei über die Umgebung schweifen.
Ein Ast knackte laut, nicht weit von mir.
"Wie auch immer. Wie ist dein Status?", fragte er dann etwas ruhiger und mit gesenkter Stimme.
Wahrscheinlich fiel es ihm auch endlich ein, dass ich mich bereits im Feindgebiet befand.
"Ich befinde mich kurz vor der Basis. Zwei Patrouillen sind bereits ausgeschaltet. Die nächsten sind etwa dreihundert Meter entfernt.", gab ich durch und ging fürs erste in Deckung, die Gruppe Soldaten dabei nie aus den Augen lassend.
"Verstanden. Sei vorsichtig und komm wieder heim, Jade."
"Bleibt mit dem Träger in Bereitschaft. Ich kontaktiere euch, sobald wir raus sind. Shadow Ende."
Das Funkgerät knackte, als Maverick sich wieder ausklinkte.
Ich wischte das Messer an den Klamotten der toten Soldaten vor mir ab und steckte es zurück in seine Halterung, ehe ich das Gewehr wieder aufnahm und mich langsam aufrappelte.
Die Gruppe ging weiter Richtung Westen, ich in die entgegengesetzte Richtung, soweit wie möglich weg von ihnen.
Auf einer kleinen Anhöhe kurz vor der Basis hielt ich inne und überprüfte die Lage mit einem Fernglas.
Menschen huschten als schwarz-weiße Schemen umher.
Feuer brannte in kleinen Schalen und manche Soldaten standen vor ihnen um sich aufzuwärmen.
Die Temperaturen mussten noch weiter gesunken sein, doch ich spürte die Kälte schon gar nicht mehr.
Mein gesamter Körper war taub.
Die Soldaten würden heute keinen Angriff mehr erwarten.
Zumindest nicht von einer einzelnen Person.
Und ich wollte so wenig Aufmerksamkeit auf mich ziehen, wie nur möglich.
Rein, Elowen holen und wieder raus.
Hoffentlich ohne großen Kampf.Mein Körper verschmolz perfekt mit den Schatten, während ich mich immer weiter unbemerkt bis zum Eingang der Basis vorarbeitete.
Tief durchatmend öffnete ich die Metalltür und schlüpfte in die Dunkelheit dahinter.
Jetzt geht es los.
Die Tür führte zu einer Treppe, die nach unten ging. Schwache Lampen leuchteten an der Wand und in den kahlen Korridoren, als ich das Ende erreichte und im Schatten stehen blieb.
Das Gebäude sah nicht weitläufig aus, was mich fürs erste aufatmen ließ.
Lautlos arbeitete ich mich zu den ersten Türen vor, ehe Stimmen von etwas weiter weg erklangen.
Ruhig atmend drückte ich mich an die Wand, als die Soldaten um die nächste Ecke kamen.
Ich verstand wenig von dem, was die Männer redeten, doch einzelne Fetzen ließen mich hellhörig werden.
"Geisel." "Druckmittel." waren zwei von diesen Worten.
Elowen war also noch nicht tot.
Langsam legte ich einen Finger an den Abzug der Waffe, als sie immer näher kamen und mich passierten.
Ich folgte ihnen mit meinem Blick, solange bis sie in den nächsten Raum verschwunden waren.
Erst dann stieß ich mich von der Wand ab und folgte dem Weg, den sie gekommen waren.
In der Richtung musste auch Winnie sein.
Mir begegnete sonst keiner.
Die Basis war beinahe wie ausgestorben.
Ein ungutes Gefühl beschlich mich.
Mav meinte, die Anzahl der Soldaten hätte sich deutlich erhöht. Sie konnten nicht alle draußen sein.
Dennoch ging ich weiter, einen Schritt lautlos vor den anderen setzend.
Erneut drangen Stimmen zu mir durch. Sie kamen aus dem nächstgelegenen Raum.
Ich wechselte die Seite, sodass ich in den Raum hineinsehen konnte.
Und da saß sie.
Man hatte ihr den Helm abgenommen.
Er wurde achtlos in eine Ecke geworfen.
Die roten Haare fielen ihr in Locken übers Gesicht.
Sie saß nach vorne gebeugt und gefesselt auf einem alten Holzstuhl.
Ihre ganze Fliegeruniform wies rote Flecken auf.
Wut wallte in meiner Magengegend auf, doch ich zwang mich ruhig zu bleiben.
Ein Soldat kam aus dem Raum, vermutlich eine Wache. Ohne mich zu bemerken, lief er den Flur hinunter und mir kam eine Idee.
Sie war dumm und riskant, aber ich würde es tun. Denn dumm und riskant war mein Spitzname.
Völlig natürlich löste ich mich aus der Dunkelheit und marschierte in den Raum hinein, das Gewehr noch immer in den Händen haltend.
Elowen zuckte bei jedem meiner Schritte zusammen und mir tat es im Herzen weh, sie so zu sehen.
Der Raum war auf den ersten Blick kahl, bis auf den Stuhl auf dem die rothaarige Pilotin saß. Kein einziges Fenster erhellte den Raum, nur eine kleine Lampe, die den Raum dämmrig wirken ließ.
Eine weitere Wache stand in einer Ecke gegenüber der Tür. Sie beachtete mich nicht, sondern starrte stur geradeaus an die Wand, wie als wäre sie den Wechsel schon längst gewöhnt.
Glück für mich.
Ich stellte mich neben den Soldaten auf die andere Seite und senkte langsam eine Hand von dem Gewehr nach unten.
Elowen hob durch diese Bewegung leicht den Kopf und musterte mich benommen durch ihre dichten Strähnen.
Ihre graublauen Augen weiteten sich.
Erkenntnis schlich sich auf ihr Gesicht, als sie meinen schwarzen Helm bemerkte.≪━─━─━─━─ ✭ ─━─━─━─━≫
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ℍ𝕚𝕘𝕙𝕨𝕒𝕪 𝕥𝕠 𝕥𝕙𝕖 𝔻𝕒𝕟𝕘𝕖𝕣 ℤ𝕠𝕟𝕖
FanfictionJade 'Shadow' Mitchell war froh, weit weg von ihrer alten Heimat und ihrem Vater Pete 'Maverick' Mitchell stationiert worden zu sein. Zusammen mit ihrem Team meisterte sie dutzende von Missionen...bis dahin. Nur wenige Minuten und alles was der Kamp...