Chapter 14 - ''hospital visit''

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Der Raum war totenstill.
Hinter den langen weißen Vorhängen war schon längst die Nacht angebrochen.
Sterne glitzerten am Himmel.
Wie als wäre ich nicht richtig da, starrte ich die weiße, sterile Wand gegenüber von mir an, während eine Krankenschwester noch einmal Herz und Lunge abhörte und sich dann daran machte, die Fäden an meiner Schulter zu ziehen.
Ich spürte das leichte Ziehen nicht.
Mein gesamter Körper fühlte sich wie taub an.
"Was ist da oben passiert, Jade? Du warst wie weg.", erklang ihre vertraute Stimme und ich blinzelte langsam.
Elowen lag hinter einem Vorhang verborgen auf der anderen Seite des Behandlungszimmers.
Sie sollte ebenfalls, nachdem sie in den G-Lock geraten war, durchgecheckt werden.
"Ich hatte ihre Stimmen im Kopf.", antwortete ich endlich rau und sah erneut die Wand an.
"Ihre letzten Worte. Kurz bevor sie alle gestorben sind."
"Jade, es tut mir so leid.", wisperte sie erstickt zurück.
Ich erwiderte nichts darauf.
Der Vorhang, der uns trennte wurde beiseitegeschoben und da stand sie.
Sie hatte den Overall ausgezogen und dafür ein paar Shorts und ein T-Shirt an, welches ich einige Momente später als meines erkannte.
Ich muss es wohl damals bei ihr vergessen haben, als ich Schluss gemacht hatte. Die feuerroten Haare hatte sie in einen unordentlichen Zopf hochgebunden und die Brille saß schief auf ihrer Nase.
Winnie bedachte mich mit einem mitfühlendem Blick, ehe er auf meine Narbe fiel, die im künstlichen Licht der Deckenlampe sich wulstig und leicht silbern von meiner normalen Haut abhob.
Es war das erste Mal, dass sie den Ausmaß meiner Verletzung von nahem sah.
"Jade-"
"Miss Ryde, hier entlang bitte. Ich bringe sie zu ihrem Zimmer.", unterbrach sie eine Krankenschwester und die beiden verließen den Raum.

Lange nachdem die Krankenschwester meine Fäden gezogen und mich in mein Zimmer für diese Nacht gebracht hatte, saß ich immer noch da und konnte nicht schlafen.
Warum hatte ich sie gerade in diesem Moment gehört?
Warum musste ich mich gerade daran erinnern?
Mit einem Klicken öffnete sich die Zimmertür und ein schwarzer Schopf lugte hinein.
"Oh, ich hätte nicht erwartet, dass du noch wach bist.", murmelte Phoenix und trat ein.
"Ich kann nicht schlafen.", murmelte ich und schloss niedergeschlagen die Augen.
Natasha ließ sich neben mir auf dem Bett nieder und nahm meine kalten Hände in ihre warmen.
"Ich bin froh, dass es dir gut geht."
"Sagen gefühlt alle heute.", erwiderte ich trocken und ihr entfloh ein Lachen. Auch meine Mundwinkel zuckten ein wenig nach oben.
"Da ist ja die alte Shadow fast wieder. Und jetzt erzähl mir von Dawn."
Verwirrt blinzelte ich sie an.
"Dawn?"
Natasha machte es sich ungefragt in meinem Bett bequem und deutete mir, mich neben sie zu legen. Seufzend ließ ich mich nach hinten fallen.
"Ja Dawn. Also? Ich habe das Gefühl, ihr kanntet euch schon vorher. Und nach deiner Aussage im Funk..."
Ich schnaubte in die Stille hinein.
"Was du nicht sagst."
"Jetzt rück raus mit der Sprache, Jade! Was läuft da?"
"Wohl eher ist gelaufen. Sie war meine Freundin vor ungefähr drei Jahren. Meine erste große Liebe."
Verträumt lächelnd legte ich eine Hand unter meinem Kopf.
"Wir lernten uns bei einer Mission von Top Gun kennen. Es war, als würden wir uns schon ewig kennen. Als wäre sie meine Seelenverwandte. Es gab keine peinlichen Momente zwischen uns. Wir waren glücklich."
"Aber?", hakte Natasha nach und stützte den Kopf auf eine Hand, um mich anzusehen.
"Wir waren fast fünf Jahre zusammen. Immer zusammen stationiert. Bangten täglich um das Leben des anderen, doch jedes Mal überwogen die guten Momente und animierten uns dazu weiter zu machen. Eines Tages erwischte ich sie mit einem anderen Piloten bei...gewissen Dingen. Seither sind wir getrennt."
Phoenix gab einen nachdenklichen Laut von sich.
"Und jetzt triffst du sie ausgerechnet wieder hier, bei Top Gun."
"Was ein Zufall."
"Du liebst sie immer noch oder?"
Schwer seufzend nickte ich.
"Ich sehe deine Blicke Jade. Sie sprechen Bände."
"Ich weiß, ich sollte es nicht tun. Nicht nachdem sie mir das angetan hat, aber ich kann nicht anders."
"Was ist, wenn ich dir sage, dass sie dir ebenfalls genau solche Blicke zuwirft."
"Ich weiß nicht, Tash."
"Vielleicht solltet ihr drüber reden.", schlug Phoenix vor.
Ich war ihr dankbar dafür, dass sie mir zuhörte. Sie war in der Zeit hier zu einer echten Freundin geworden, die ich zu schätzen wusste.
"Es wäre nichts mehr so wie vorher. Ich wüsste nicht, ob ich ihr je wieder vertrauen kann."
"So läuft das nun einmal bei der ersten Liebe. Die erste Trennung ist immer die schmerzhafteste. Doch sie macht dich auch stärker."
Ich presste die Lippen aufeinander.
"Du hättest Psychologin werden sollen.", schmunzelte ich.
Natasha kicherte. "Dann hätte ich niemals dieses Team kennengelernt."
Erneut durchzog die Stille den Raum. Draußen zirpten irgendwo Grillen und das leise Rauschen des Meeres drang an mein Ohr.
"Was ist mit deinem Dad? Ich habe das Gefühl ihr versteht euch überhaupt nicht.", murmelte Phoenix schon halb am wegdämmern. Schwer seufzte ich.
"Willst du jetzt alle meine dunkelsten Geheimnisse wissen oder was?"
"Ja. Sowas tun Freunde nun einmal untereinander. Sich ihre dunkelsten und traumatischsten Geheimnisse anvertrauen und dann gemeinsam miteinander zu weinen."
"Danke, aber ich verzichte für heute auf einen Heulkrampf. Und vermutlich auch morgen und übermorgen und die Tage da drauf-"
"Jade ich hab's verstanden. Du bist nicht der emotionalste Typ."
"Das ist nicht richtig. Ich heule nur ungern vor Leuten."
Natasha verdrehte genervt die Augen und schlug mir gegen die Schulter. "Du bist so unmöglich."
"Ich weiß."
"Ja und jetzt hör auf abzulenken!"
Grinsend sah ich sie an und sie lächelte warm zurück.
Trotz dass wir uns bis jetzt nur 2 ein halb Wochen kannten, war es als würde ich sie schon ewig kennen.
Sie erinnerte mich an Ghost.
Und nur deswegen begann ich leise zu erzählen.

"Jade!", rief Rooster und umarmte mich stürmisch, als ich am nächsten Abend von der Krankenstation entlassen wurde.
"Bradley, Luft.", röchelte ich.
"Oh sorry."
Sofort ließ er von mir ab und musterte mich von Kopf bis Fuß. "Scheiße, dir geht's gut."
"No shit Sherlock."
Seine Hände um meine Oberarme verkrampften sich. "Ich dachte, ich hätte dich verloren.", wisperte er.
Mein Herz rutschte mir in die Hose.
Ruckartig zog ich ihn wieder zu mir und drückte ihn fest.
Seine Worte hingen zwischen uns, wie Blei.
"Und das, Ladys und Gentlemen, nenne ich wahre Geschwisterliebe."
Verwirrt blinzelnd löste ich mich von dem Braunhaarigen und sah über seine Schulter.
Die ganze Mannschaft stand versammelt vor dem medizinischem Komplex und alle grinsten uns freudig an. In vielen Gesichtern konnte ich Erleichterung erkennen, dass es sowohl Elowen als auch mir gut ging.
Ich schnaubte spöttisch auf die Aussage von Coyote hin und löste mich von Rooster, um auch die anderen entweder zu umarmen oder bei Hangman und Halo ihnen die Hände zu schütteln. Elowen tat es mir gleich.
Gemeinsam liefen wir zurück zum Gelände. Die Stimmung war dabei ausgelassen. Es wurde gesungen, sich gegenseitig vom Gehweg geschubst oder auf den Rücken gesprungen.
Vor dem Tor wurde unser kleines Spiel von einem Soldaten unterbrochen.
"Lieutenants, bitte mitkommen. Sie werden im Briefingraum erwartet.", rief er nur, ehe er sich umwandte und davon marschierte.
Langsam folgten wir ihm.
"Was wollen die jetzt von uns?", murmelte Phoenix neben mir. Ich zuckte mit den Schultern.
Was es auch war, es muss wichtig sein, wenn sie uns nach unseren eigentlichen Feierabend nochmal zu sich holten.
Im Briefingraum angekommen, begab sich jeder unruhig auf seinen Platz. Elowen setzte sich dabei neben mich. Ich warf ihr einen kurzen Blick zu, den sie erwiderte, ehe wir beide nach vorne schauten.
Am Pult stand Admiral Simpson. Neben ihm, dass Gesicht krampfhaft verzogen, wie als würde er sich um einen neutrale Fassade bemühen: Maverick.
"Guten Abend. Es tut uns leid, Sie noch einmal aus Ihrem Feierabend herausholen zu müssen, doch wir haben eine Ankündigung für Sie." Simpson sieht uns ebenso niedergeschlagen an, wie mein Vater und so langsam wunderte ich mich echt, was hier abging.
Der Mann holte tief Luft, ehe er weitersprach.
"Fleet Admiral Tom 'Iceman' Kazansky ist von uns gegangen."
Ich spürte, wie ich leichenblass wurde.
Erschrockenes Luft schnappen ging durch unsere Reihen.
Nein.
Nicht auch noch er.
Meine Augen begannen zu brennen und ich blickte zu Rooster, welcher mich ebenso bestürzt ansah. Ich spürte eine warme Hand auf meiner, welche sich in den Sitz gekrallt hatte.
Winnie.
Sie wusste, was er mir bedeutet hat.
Der Mann, der mich animiert hat, Pilotin zu werden.
Der Mann, der mich damals beschwichtigte, nicht allzu wütend auf meinen Vater zu sein, da auch er den Tod von Goose noch nicht verarbeitet hatte.
Mein Blick wanderte langsam nach vorne zu Maverick.
Seine Augen hatte er stur gegen die Wand gerichtet, doch wie als würde er meinen Blick spüren, sah er mich an. Ich erkannte Tränen in seinen graugrünen Augen.
Für einen Moment starrten wir uns an, ehe er zu Boden sah und kräftig blinzelte.
Hart presste ich die Kiefer aufeinander, während mein Herz sich verkrampfte.
Ice's Worte fielen mir wieder ein, die er damals zu mir sagte: 'Er hat seinen besten Freund verloren. Er denkt, dass das Gleiche passieren wird, wenn er bei Bradley und dir bleibt.'
Erst heute wurde mir die Bedeutung, die versteckte Botschaft in seinen Worte klar. 

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1526 Wörter

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ℍ𝕚𝕘𝕙𝕨𝕒𝕪 𝕥𝕠 𝕥𝕙𝕖 𝔻𝕒𝕟𝕘𝕖𝕣 ℤ𝕠𝕟𝕖Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt