Satoru

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Das Glas flog an die Wand und er zersprang in unzählige Teile.

»Reg dich nicht so auf«, erklärte eine Stimme am anderen Ende meines Zimmers. »Es gibt Schlimmeres, glaub mir.«

»Ach ja?!« Ich schnappte mir ein anderes Glas von dem Barwagen und pfefferte auch das von mir. »Ich glaube nicht, dass du da mitreden kannst.« Eine Flasche Whisky landete an meinen Lippen und ich nahm mehrere kräftige Schlucke. Der Alkohol brannte in meiner Kehle und auf dem Weg in meinen Magen, hinterließ er eine Spur aus Hitze. »Du hattest immerhin noch ein Mitspracherecht, was die Auswahl deiner Zukünftigen angeht.«

Mein Freund lachte auf. »Ich hab' es mir eben nicht über Jahre bei meiner Familie verscherzt, Satoru.« Ich brummte und sah böse Toji an, aber ihn kümmerte mein Blick nicht. Der Mistkerl lehnte nur weiter lässig an meinem Schrank und grinste. »Wenn ich mich durch die ganze Stadt gehurt hätte, und in Eskapaden und Skandale jeglicher Art verwickelt wäre, hätten meine Eltern mir auch keine Wahl gelassen.«

Ich schnaubte. »Nett.«

Toji lachte nur wieder, lief zu mir und goss sich auch von dem arschteuren Alkohol ein. »Ist doch die Wahrheit. Deine Eltern mussten sich festlegen.«

»Klar, okay, meinetwegen. Nur musste es eine Familie sein, die so ...«

»Niedrig im Ansehen ist?«, ergänzte der schwarzhaarige Penner meinen Satz. Ich nickte. »Mann, Satoru, sei doch mal realistisch. Wer würde dir schon seine Tochter anbieten? Bei deinem Ruf? Leute mit unserem Stand haben kein Interesse daran, ihre wertvollen Mädchen an die ›Hure von Babylon‹ zu verkaufen.«

»›die Hure von Babylon‹? Echt jetzt?« Ich verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte mit der Hüfte am Barwagen. »Bisschen übertrieben, denkst du nicht?«

Toji kniff amüsiert die Augen zusammen. »Wie viele Frauen hattest du diesen Monat schon in deinem Bett? Drei? Vier?«

Vor mich hingrinsend schüttelte ich den Kopf. »Wen kümmert das?«

»Wie viele?«

Ich schnaubte und legte den Kopf in den Nacken. Shit, ich musste wirklich nachrechnen. Es vergingen ein paar Sekunden, bevor ich einen groben Überblick hatte. »Mit der Kleinen aus der Bar sind es .... sieben. Nein, warte, acht. Ja, acht.«

Toji sah ungläubig drein und als ich seinen Blick erwiderte, brachen wir beide in Gelächter aus.

»Shit«, murmelte mein Kumpel und schenkte sich und mir ein neues Glas ein. Wir stießen an. »Dann ist der Vergleich doch nicht so weit hergeholt.«

Mein Grinsen wurde breiter. »Zugegeben, eventuell gibt es Parallelen.«

»Ach?«

Wir schmunzelten eine Weile vor uns hin, bis ich mich in Bewegung setzte und mich aufs Bett warf. Die Arme hinter dem Kopf verschränkt fragte ich: »Weißt du, wie sie aussieht?«

»Wer?«

Schnaubend blase ich Luft aus. »Meine verdammte, zukünftige Frau. Wer sonst, du Penner?«

Er zuckt mit der Schulter. »Keine Ahnung. Ich kenne weder ihre Familie richtig, noch weiß ich, wie die Kleine aussieht. Mein Vater kennt ihren nur durch ein paar geschäftliche Beziehungen.«

»Fuck. Was mache ich, wenn sie aussieht wie ein verdammtes Pferd?«

»Sie besteigen wie ein Hengst?« Toji lachte leise. »Oder einfach die Augen zumachen.«

»Ha ha. Sehr lustig, Toji. Ich meine das ernst. Immerhin ist sie bald meine Frau. Und wenn ich nicht so ein Glück habe wie du mit deiner Riko, bin ich im Arsch. Meine Eltern wollen einen verdammten Erben und ich würde mich schwertun, jede Nacht eine hässliche Schabracke zu vögeln.«

»Mein Gott«, kichert Toji. »Siehst du? Und das ist der Grund, warum dir keiner seine Tochter geben will. Wie kann man nur so ein Arsch sein?«

Langsam ging mir seine Überheblichkeit und Rechtschaffenheit auf den Sack. »Als wärst du ein verdammtes Unschuldslamm. Sag mir nicht, dass du nicht aufs Aussehen achtest, Toji. Ich kenne deinen Frauengeschmack. Mann, du hast fast genauso viele Weiber flachgelegt wie ich. Was ist da der Unterschied?«

»Der Unterschied ist-«, setzte er an und sah auf seine Uhr. Dann lief er Richtung Tür. »Dass ich Dinge diskret gehandhabt habe. Du hingegen hast vor nicht allzu langer Zeit eine Tussi auf dem Klo eines Clubs gevögelt. Die Fotos davon kursieren übrigens immer noch im Netz. Nur mal so.«

Ich verdrehte die Augen. »Das war etwas übereilt, das gebe ich zu. Aber, shit, hast du den Arsch der Süßen gesehen?«

Als Toji mein Zimmer verließ, sagte er über seine Schulter: »Jeder hat ihren Arsch gesehen, Satoru. Der ist auf den Fotos nämlich ganz deutlich zu erkennen.«

»Hey«, hielt ich ihn auf und stützte mich auf die Ellenbogen ab. »Wo gehst du hin?«

»Zu meiner Frau. Riko wartet auf mich.«

»Stehst du schon so unter ihrer Knute?«

»Warte mal ab, bis du einen Ring an deinem Finger hast. Wenn es so weit ist, sprechen wir uns noch mal, Satoru.«

Ich schnaubte.

Herrgott! Toji hörte sich an wie ein alter Mann, dabei war er mit 26 gerade einmal ein Jahr älter als ich.

Er ging und ich lehnte mich zurück. Meine Gedanken kreisten, aber egal, wie oft ich alles durchging, das Ergebnis blieb. Ich wollte nicht heiraten und ganz sicher keine niederrangige Tussi, die meinte, sie könne sich mit einer Ehe an meinem Namen bereichern.

Ich war 25 Jahre!

Es war ohnehin ein Witz, dass meine Eltern mich zwangen, zu heiraten. Erbe hin oder her, ich ließ mir nur ungern Entscheidungen abnehmen, die mein Leben maßgeblich beeinflussten. Toji mochte das mit sich machen lassen, und er mochte Glück mit Riko gehabt haben, aber was, wenn ich das nicht hatte? Was, wenn meine Frau eine totale Vollidiotin war, die mir hinterherhechelte, wie ein Hündchen seinem Knochen?

Entschlossen meine Eltern von dieser bescheuerten Idee abzubringen, rappelte ich mich auf. Egal, was sie sagten, es gab sicher einen andren weg. Immerhin waren wir von Rang und Namen. Eine bessere Familie würde sicher kommen und eine bessere Wahl darlegen.

Egal, was für einen Ruf ich hatte. Name blieb Name.

Meine Eltern mussten das einfach verstehen.

Satoru x Reader --- Set Me Free ---Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt