Übung

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Ich betrete einen Raum mit großen Fenstern und eine Holzvertäfelung. Einige Bücherregale zieren die Wände und Valeria sitzt auf einem blauen Kanapee.

»Da bist du ja«, sagt sie fröhlich und klopft neben sich auf das Sofa.

Meine Zofe lässt uns alleine und ich nehme neben Valeria Platz, die mich mit leuchtenden Augen mustert.

»Ich bin so froh, dass du bei uns bist. Deine Gabe ist so kostbar. Ich bin zuversichtlich, dass du den dunklen König ein für alle Mal besiegen kannst. Viel zu lange terrorisiert er uns.«

»Ich werde mein Bestes geben«, sage ich wahrheitsgemäß. Ich möchte das Volk beschützen. Die Schrecken des dunklen Königs sollen endlich ein Ende haben. Er hat uns schon so viele geliebte Menschen genommen. Wie meinen Vater.

Ich schlucke meine Trauer hinunter und sehe wieder zu Valeria, die mich gutmütig ansieht. Ihre Aura strahlt Faszination aus.

»Nun gut, du scheinst offensichtlich zu wissen, wie du deine Magie heraufbeschwörst. Aber ich kann mir denken, dass du sie nicht unter Kontrolle hast. Beherrschst du alle Elemente?«

»Nein, ich habe bisher nur mit dem Wind und der Erde herumexperimentiert. Aber nur drei Mal. Ich wollte schließlich nicht, dass jemand auf mich aufmerksam wird.

Kurz spüre ich ihre Aura, die mir verrät, dass sie ihre Wut zurückhält. Ich kann verstehen, wenn sie nicht begeistert über meine Geheimhaltung ist.

»Gut, dann versuche erst einmal Wasser zu beschwören. Hier ist eine Schale. Fülle sie mit Wasser«, fordert Valeria mich auf und reicht mir eine Schale, die zuvor auf dem Tisch neben dem Sofa gestanden hat.

Ich nehme die Schale entgegen und schließe meine Augen. Ich konzentriere mich und suche nach dem Element Wasser in mir. Nachdem ich es gefunden habe, stelle ich mir vor, wie es aus meiner Seele in die Schale fließt. Zaghaft öffne ich meine Augen und sehe, dass sich eine kleine Pfütze in der Schale gebildet hat.

»Sehr gut«, meint die Königin begeistert.

Etwa zwei Stunden verbringen wir damit jedes Element aufzurufen, was mir schließlich auch gelingt. Mit dem Feuer habe ich die meisten Probleme, da es viel Magie erfordert. Valeria ist ganz nett und freut sich aufrichtig über meine kleinen Fortschrotte, die ich mache. Sie gibt mir Tipps, wie ich besser meine Magie lenken kann. Irgendwann entlässt sie mich und ich beschließe durch das Schloss zu schlendern. Alles ist üppig mit Gold verziert und ich frage mich, wie viel das Schloss wert ist. Nach unzähligen Gängen, in denen Bedienstete umher huschen und ihrer Arbeit nachgehen, finde ich schließlich eine Tür, die in den großen Schlossgarten führt. Pflanzen mochte ich schon immer. Neugierig erkunde ich den Garten und betrachte die vielen verschiedenen Blumen. Dem Volk ist es nicht gestattet den Garten zu betreten, nur einige Adlige machen gerade einen Spaziergang.

Nachdem ich einen Brunnen begutachtet habe, höre ich metallische Geräusche. Hört sich an wie Schwerter. Ich folge den Geräuschen und entdecke schließlich Julian und Malek, die gegeneinander kämpfen. Beide haben ihre Tuniken aufgeknöpft, da ihnen offensichtlich warm ist.

Malek bemerkt mich zuerst und führt kurzerhand einen Hieb aus, der Julian das Schwert aus der Hand fegt. Malek steckt sein Schwert ins Gras und verbeugt sich.

»Göttliche«, sagt er. Der offizielle Gruß, der mir Respekt entgegenbringen soll.

»Bitte mach das nicht«, erwidere ich und Malek richtet sich wieder auf.

»Wenn du wünschst ...«

Die königliche Familie muss mir diesen Gruß nicht entgegenbringen. Zum Glück. Ich fühle mich unwohl dabei.

Die GöttlicheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt