Am nächsten Morgen spaziere ich nach dem Frühstück durch den Bereich des Gartens, der unzählige Orangenbäume beherbergt. Gerade will ich mir eine Frucht pflücken, als ich zusammenzucke, weil ich eine Stimme höre.
»Da bist du ja, ich habe dich überall gesucht.«
Es ist Julian, der mir freundlich zulächelt.
»Nun hast du mich gefunden«, gebe ich trocken zurück. Mir gefällt nicht, wie er mich ansieht. So als würde er mich mögen. Was nicht auf Gegenseitigkeit beruht.
»Bereit für die nächste Tanzstunde?«
»Jetzt?« Julian muss wegen meinem Gesichtsausdruck grinsen.
»Ja, jetzt. Heute Abend ist doch schon der Ball. Du willst dich doch sicher nicht blamieren.«
»Das stimmt.«
»Na dann ...«, sagt Julian und bedeutet mir ihm zu folgen. »Wir haben uns überlegt, heute draußen zu üben.«
»Wir?«
»Malek, Marie und ich«, erklärt Julian, was nur noch mehr zu meiner Verwirrung beiträgt.
»Was haben die beiden damit zu tun?«
»Wir bringen dir heute den schnelleren Gruppentanz bei. Er besteht aus vielen Partnerwechseln, deshalb tanzen Marie und Malek mit.«
»Achso«, murmele ich und folge ihm zu einer Zitronenbaumplantage, in deren Mitte eine freie Grasfläche ist. Dort erwarten uns schon die beiden. Marie lächelt mir fröhlich zu und sagt: »Göttliche, ich freue mich, Euch wieder zu sehen.«
»Bitte lass die Förmlichkeiten und nenn mich einfach Emilia«, gebe ich sofort zurück, da mir diese Anrede unangenehm ist.
Mir entgeht nicht, dass Malek schmunzelt und eine Hand an Maries Rücken legt, so als wolle er ihr ein gutes Gefühl geben.
»Nichts für ungut«, schiebe ich hinterher. Womöglich ist es unhöflich ihr den Gruß zu verwehren. Ich weiß es nicht.
»Nein, alles gut. Ich fühle mich geehrt dich Emilia nennen zu dürfen«, entgegnet sie freundlich und ihre Aura sagt mir, dass sie ehrlich ist.
Auf einmal ergreift Julian meine Hand und ich werfe ihm unwillkürlich einen grimmigen Blick zu. Ich möchte so wenig Körperkontakt wie möglich zu ihm haben. Den grausamen Gedanken an die Hochzeitsnacht verdränge ich erfolgreich.
Julian hat meine Miene bemerkt, setzt aber eine fröhliche Miene auf. Wahrscheinlich um seine Gefühle zu verbergen. Doch der Arme ahnt nicht, dass ich sie dennoch spüre. Er ist verunsichert und nervös.
»Dann wollen wir mal«, sagt er bemüht selbstbewusst und sieht in die Runde.
Malek beobachtet Julian und mich und seine Lippen kräuseln sich. Sein düsterer Blick, der hervorragend zu seiner derzeitigen Aura passt, bleibt an mir hängen. Ich verenge meine Augen zu Schlitzen und betrachte lieber einen Zitronenbaum, damit ich meine Neugier unterdrücke, denn ich frage mich, was seine Aura zu bedeuten hat.
»Also Emilia, der Tanz beginnt mit der gleichen Ausgangsposition wie bei dem langsamen Gruppentanz. Die Männer stehen in einer Reihe und ihnen gegenüber die Frauen«, erklärt Julian und jeder nimmt seine Position ein, sodass er etwa einen Meter vor mir steht.
Nun zeigt er mir nacheinander die Schrittfolgen, die die beiden anderen brav mitmachen in einem langsamen Tempo. Nachdem ich die Schritte, Rhena sei Dank, schnell gelernt habe, wird das Tempo erhöht.
»Gut, du lernst schnell«, lobt mich Julian und ich weiß nicht, was ich darauf erwidern soll.
»Sie ist die Göttliche, natürlich lernt sie schnell«, meint Malek, der Marie gerade in eine Drehung führt.
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Die Göttliche
FantasyEmilia wurde von der Sonnengöttin Rhena zur Göttlichen auserkoren. Eigentlich will sie dies geheim halten, aber als das Menschenreich von Hexen angegriffen wird, muss sie ihre Macht offenbaren. Fortan muss sie nicht nur die Menschen vor den verheere...