Ich renne in den Salon zu Julian.
»Was ist passiert?«, frage ich panisch und knie mich neben ihn.
»Er ist auf einmal zusammengebrochen«, antwortet mir Linus, ein guter Freund von Julian. Er war damals mit Malek und Julian in meiner Taverne. »Er hat ganz normal gefeiert. Keine Ahnung, was er hat.«
Als ich ein schmerzerfülltes Stöhnen höre, sehe ich hinter mich. Malek schleift den an den Händen gefesselten Ares herein, dessen Gesicht blutverschmiert ist. Malek scheint weiter auf ihn eingeprügelt zu haben.
»Ares hat Julian vergiftet. Holt sofort den Arzt«, sagt Malek mit kalter Stimme und schleudert Ares zu Boden. Sorge und Wut durchströmen mich.
»Wie konntest du nur? Was hat Julian dir jemals getan?«, frage ich wütend.
Ares hebt unter Schmerzen seinen Blick. »Er ist ihr Sohn. Er muss genauso sterben wie sie. Danach alle anderen ihrer Familie. Nur so kann die Zeitenwende eingeläutet werden.«
Malek fixiert Ares mit eisigem Blick. »Warum muss die Königin sterben?«
Ares lacht und Blut rinnt dabei aus seinem Mundwinkel. »Weil sie keine gute Königin ist. Sie ist keine Heilige, auch wenn sie stets vorgibt, das zu sein.«
Erkenntnis überkommt Malek.
»Du hast dich des Hochverrats und versuchten Mordes schuldig gemacht. Die Göttliche wird deine Strafe wählen«, verkündet Malek.
Es ist tatsächlich die Aufgabe der Göttlichen schwierige Urteile zu fällen. Für andere Delikte haben wir Richter, aber über Sachen wie Hochverrat oder kompliziertere Angelegenheiten muss ich entscheiden. Das Volk vertraut auf mein Urteilsvermögen, weil mich Rhena ausgewählt hat.
»Ich muss vorher noch etwas wissen«, sage ich kühl und trete näher zu Ares, der noch immer am Boden liegt. »Hast du etwas mit der Krankheit der Königin zu tun?«
»Nein«, antwortet Ares.
Mein Blick fliegt zu Malek. »Er lügt.«
Malek nickt und versteht. Schließlich weiß er, dass ich Ares Gefühle lesen kann.
»Er wollte sowohl die Königin als auch Julian töten. Dafür erhält er die Todesstrafe«, fahre ich fort.
Valeria mag kein guter Mensch sein, aber sie hat es nicht verdient, ermordet zu werden und schon gar nicht Julian. Er hat eine gute Seele und kann womöglich niemandem etwas zuleide tun. Ich mag Julian. Zwar nicht, wie es gewollt wird, aber ich würde ihn schon als Freund bezeichnen. Und wer meinen Freunden etwas antun will, wird dafür bezahlen.
Nun faltet Ares panisch seine Hände. »Bitte nicht. Bitte, Göttliche. Ich wollte nur das Beste für unser Land. Du solltest es anführen. Nicht sie. Bitte verschone mich. Verbanne mich. Ich werde euch in Ruhe lassen.«
Sein Flehen lässt mich nicht kalt. Aber ich muss tun, was richtig ist. Er hatte es nicht leicht mit Valeria, aber es ist keinesfalls in Ordnung, deswegen zu morden. Mein Blick gleitet zu Julian, dessen Haut einen grünlichen Schimmer angenommen hat. Der Anblick schmerzt mich. Augenblicklich wünschte ich, ich wäre netter zu ihm gewesen. Er hat schließlich keine schlechten Absichten. Er versucht nur das Beste aus unserem Schicksal zu machen. Vielleicht bekommt er auch langsam Gefühle für mich, aber dafür kann er nichts. So war es ja auch von Valeria vorgesehen.
Ich sehe wieder zu Ares, der seinen Kopf beugt und weiter um Gnade fleht. Die Wut flammt erneut auf.
»Sperrt ihn weg. Morgen wird er hingerichtet«, sage ich zu niemand bestimmten, aber schaue unwillkürlich zu Malek, der nickt und Ares am Arm packt, um ihn hochzuziehen.
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Die Göttliche
FantasyEmilia wurde von der Sonnengöttin Rhena zur Göttlichen auserkoren. Eigentlich will sie dies geheim halten, aber als das Menschenreich von Hexen angegriffen wird, muss sie ihre Macht offenbaren. Fortan muss sie nicht nur die Menschen vor den verheere...