Ich betrete den Schlossgarten, der im Dunkeln liegt, da alle Laternen ausgeschaltet sind. Nur das Mondlicht scheint über uns, welches zu meinem silbernen Kleid passt. Etwa zwanzig Leute haben sich hier versammelt und warten darauf, dass es losgeht. Einige kenne ich nur flüchtig durch kurze Gespräche beim Ball.
»Da bist du ja«, höre ich Julian sagen. Er legt dabei eine Hand an meinen Rücken. »Du siehst wunderschön aus.«
»Danke, du siehst auch gut aus«, gebe ich mit einem Lächeln zurück. Ich möchte wieder netter zu ihm sein. Beim Verlobungsball war die Stimmung nicht sehr gut zwischen uns.
»Julian, wo ist Malek?«, erkundigt sich eine junge Frau mit schwarzen Haaren, die sich in unser Gespräch einmischt.
Julian lacht lautlos. »Er ist auf der Rückreise. Morgen ist er bestimmt wieder da.« Enttäuschung macht sich auf ihrem Gesicht breit. »Tut mir leid, du musst morgen dein Glück bei ihm versuchen«, schiebt Julian hinterher und kann sich ein Grinsen nicht verkneifen.
Die Frau nickt und wendet sich ab.
»Malek ist wieder sehr begehrt bei den Frauen ... und einigen Männern«, meint er und zwinkert mir zu. »Aber nur Frauen haben eine Chance bei ihm. Vor Maleks Abreise habe ich erfahren, dass er sich von Marie getrennt hat.«
»Ah, das wusste ich nicht«, lüge ich und versuche gleichgültig zu klingen. Ich habe keine Lust, dass Julian noch eifersüchtiger wird.
»Es wird sicher nicht lange dauern, bis er eine Neue hat«, meint Julian beiläufig mit einem vielsagenden Unterton.
Seine Aura verrät mir, dass er auf meine Reaktion wartet. Ich reagiere einfach gar nicht und schaue mich stattdessen um.
Eine Glocke ertönt und ich erschrecke mich. Julian muss lachen. »Es geht los. Ich muss als Erster losgehen, erst dann dürfen alle mit der Suche beginnen.« Nun nimmt er meine Hand und sieht mich mit funkelnden Augen an. »Kommst du mit?«
Mein Herz schlägt schneller, weil ich mich unwohl fühle. »Ich ... kann nicht. Tut mir leid. Ich ertrage es gerade nicht, wieder im Mittelpunkt zu stehen.«
Langsam entziehe ich ihm meine Hand. Er sieht verletzt aus, aber versucht gefasst zu wirken.
»Das verstehe ich. Ich wünsche dir viel Glück bei der Suche.«
Ich nicke bedrückt und bleibe eine Weile stehen, bis sich auch die Letzten auf die Suche machen. In einigem Abstand gehe ich hinter ihnen her. Ich wünschte, meine Freunde wären hier. In Gedanken versunken laufe ich ziellos durch den Garten. Inzwischen bin ich alleine. Ich mache mir gar nicht die Mühe, nach dem Diamanten Ausschau zu halten.
»Na, Sonnenschein?«, höre ich auf einmal eine Stimme und werde sanft aus meinen Gedanken gerissen.
Das kann nur einer sein. Verwundert sehe ich, dass Malek auf mich zukommt.
»Du bist zurück.«
»Rhena sei Dank, sonst hätte ich verpasst, wie du lustlos durch den Garten läufst. Du gibst dir gar keine Mühe nach dem Diamanten zu suchen«, zieht er mich auf. Seine Augen glitzern amüsiert im Mondlicht.
»Ich bin irgendwie nicht in Stimmung. Eigentlich hatte ich mich darauf gefreut. Aber gerade bei solchen Veranstaltungen vermisse ich meine Freunde.«
Malek tritt einen Schritt näher und meint mit einem aufmunternden Lächeln: »Aber einer deiner Freunde ist doch hier.« Er macht eine ausladende Geste und zeigt damit auf sich.
Ich rolle mit den Augen und lache.
»Etwa nicht?«, fragt er mit erhobener Augenbraue.
Ich verenge meine Augen zu Schlitzen grinse schief. »Meine Freundschaft musst du dir erst verdienen.«
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Die Göttliche
FantasyEmilia wurde von der Sonnengöttin Rhena zur Göttlichen auserkoren. Eigentlich will sie dies geheim halten, aber als das Menschenreich von Hexen angegriffen wird, muss sie ihre Macht offenbaren. Fortan muss sie nicht nur die Menschen vor den verheere...