Julian und ich tanzen nun den Standarttanz und alle stehen bewundernd um uns herum. Über die Musik hinweg höre ich zufriedene Seufzer und Worte darüber, wie schön wir als Paar sind.
Der Tanz des Brautpaares ist geschafft. Jetzt folgt für mich der sogenannte Wechseltanz. Das ist der Standarttanz mit mehreren Partnerwechseln. So bekommen die Männer, die schnell genug sind, einen Tanz mit der Braut. Es ist stets ein nahtloser Übergang, damit man nicht aus dem Takt kommt. Manchmal kommt es bei solchen Tänzen zu Auseinandersetzungen, habe ich gehört. Männer drängen sich gegenseitig zurück, um bei der begehrten Dame zu sein. Ich kann mir Besseres vorstellen. Mich betrinken zum Beispiel. Ich trinke zwar sonst nicht viel, aber heute bin ich dem nicht abgeneigt. Besonders wegen der Hochzeitsnacht, die immer näher rückt.
Nun tanze ich schon mit dem dritten Mann, immer nur für kurze Zeit und merke, wie unterschiedlich meine Tanzpartner sind. Alle sind eher zurückhaltend. Einer von ihnen weniger, dafür die anderen tollpatschig oder nervös. Nun wende ich mich um, damit ich mit dem nächsten Mann tanzen kann. Zu meiner Überraschung steht Malek mit einem verschmitzten Grinsen vor mir, der mich sofort an sich zieht. Ein wenig zu nah, als dass es sich gehört. Seine eine Hand ergreift meine und die andere liegt auf meiner Taille. Ich spüre sie überdeutlich auf meinem Körper.
Mir bleibt keine Zeit, meine Gefühle zu ordnen, denn Malek beginnt sofort mit mir zu tanzen. Er ist keineswegs zurückhaltend. Eher drängend, aber auch sanft zugleich. Es ist verwirrend. Vermutlich bilde ich es mir ein, aber es wirkt besitzergreifend, was lächerlich ist. Damit würde er sein Ansehen und seinen Posten riskieren. Denn wenn Valeria merkt, dass er Interesse an mir hat, wird sie ihn aus dem Weg haben wollen. Schließlich ist ihr Sohn nun mein Ehemann. Mir wird schlecht bei dem Gedanken. Ich habe es noch nicht richtig realisiert, auch wenn ich lange wusste, dass ich ihn heiraten muss.
Malek ist sogar so dreist einfach weiter mit mir zu tanzen, obwohl der nächste Wechsel stattfinden müsste. Verwirrt blicke ich mich um und sehe, dass die Männer wütend sind. Als ich Malek mit gerunzelter Stirn anschaue, grinst er nur frech und führt mich in eine Drehung. Ich höre empörte Laute, aber Malek wirbelt mich weiter über die Tanzfläche und denkt nicht mal daran, mich freizugeben.
»Du solltest den anderen auch die Chance geben mit mir zu tanzen«, sage ich ein wenig außer Atem.
Er grinst und klingt rau als er spricht. »Kommt gar nicht in Frage. Ich weiß nicht, wann ich nochmal die Gelegenheit bekomme, mit dir zu tanzen. Julian ist nun dein Mann. Er wird von nun an wohl nicht mehr zulassen, dass wir zusammen tanzen.«
»Ich kann ganz gut selbst entscheiden, mit wem ich tanze.«
Malek muss schmunzeln. »Das weiß ich, aber er weiß es wohl nicht. Und Valeria auch nicht.«
Ich funkele ihn frech an. »Dann muss ich es ihnen eben zeigen.«
»Darauf freue ich mich, Sonnenschein.«
»Jetzt bin ich mal dran«, mischt sich ein Mann ein, und berührt Malek an der Schulter.
Malek wirft ihm nur einen kurzen Blick zu und wischt seine Hand fort. Wie eine lästige Fliege. Insgeheim bewundere ich ihn für seine unbekümmerte Art. Er benimmt sich andauernd, als könne niemand ihm etwas anhaben.
Ich muss lachen, während wir weiter tanzen. »Du bist unmöglich. Valeria wird durchdrehen.«
»Tut sie das nicht andauernd, sobald etwas nicht nach ihren Wünschen läuft?«
Nun dreht er mich schwungvoll und zieht mich wieder zu sich. Ich pralle wegen des Schwungs gegen ihn und bringe schnell wieder etwas Abstand zwischen uns.
Malek lacht leise. »Du siehst übrigens sehr hübsch aus.«
Ich muss lächeln.
Nun ist das Lied zu Ende und Malek gibt mich frei. Er ist also doch so klug, Valerias Geduld nicht noch weiter zu strapazieren.
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Die Göttliche
FantasyEmilia wurde von der Sonnengöttin Rhena zur Göttlichen auserkoren. Eigentlich will sie dies geheim halten, aber als das Menschenreich von Hexen angegriffen wird, muss sie ihre Macht offenbaren. Fortan muss sie nicht nur die Menschen vor den verheere...