01 | My Way

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Livia's Sicht

Sechzehn Jahre später; Samstag, 08. Juni 2019


Seufzend stellte ich die benutzten Gläser in den Getränkespüler und betätigte das Startprogramm, damit wir so schnell wie möglich wieder Nachschub hatten. Es war Routine für mich das hier zu tun, wenngleich es diese eigentlich nicht für mich sein sollte. Ich war viel zu jung um hier zu arbeiten und doch tat ich es, um zumindest ab und an das Gefühl von Freiheit zu haben. Diese Bar und mein Job als Kellnerin gaben mir dies und dies war alles was ich brauchte, um mich halbwegs glücklich zu fühlen. Arbeiten durfte ich nur dank Holly hier, die meine beste Freundin war und sich vehement für mich eingesetzt hatte. Dafür würde ich ihr auf ewig dankbar sein, denn dank ihr hatte ich nun eine ungefähre Ahnung, wie das Leben sein konnte. Ein Leben ohne Zwang und ohne gewisse Annehmlichkeiten und Privilegien, welche ansonsten eine Hauptrolle spielten. Das hier war das was ich tun wollte und auch wenn es ständig Streit mit meiner Mutter deshalb gab, so wollte ich nichts daran ändern und das ganze so beibehalten, wie es nun war.

Ich verdiente es das Leben mit allem kennenzulernen, mit seinen guten Seiten und den Schattenseiten und gerade deshalb würde ich niemals klein bei geben. Lange hatte ich in meinem goldenen Käfig ausgeharrt, hatte alles über mich ergehen lassen und kein Wort des Trotzes eingelegt. Doch vor einem halben Jahr hatte ich rebelliert und auch wenn das Verhältnis seitdem zu meiner Mutter nicht mehr dasselbe war, so war es dennoch mit Liebe und Akzeptanz gefüllt. Ich war der Meinung das sie insgeheim wusste das ich das hier brauchte um meinen eigenen Weg zu finden, welcher doch so klar vorherbestimmt war. Ich sollte eine gut erzogene Tochter sein und das Erbe der Familie fortführen, um dem Namen Westbrook wieder zu neuen Höhen zu verhelfen. Meine Aufgabe war es jemanden zu heiraten, der im besten Fall Milliarden auf seinem Konto hatte und dabei spielte es keine Rolle, ob ich damit glücklich war oder nicht. Meine Mutter hatte ihrer Meinung nach die besten Partien für mich ausgesucht und doch kannte ich noch niemanden von diesen potenziellen Ehemännern, die ich im Grunde genommen nicht einmal wollte.

Mein Happy End sah wahrlich anders in meinen Vorstellungen aus und dennoch hatte ich keine Möglichkeit diesem mir auferlegtem Schicksal zu entkommen. Es war so wie es war und gerade deshalb genoss ich diese Arbeit als Kellnerin so sehr, die mir ein Stück Freiheit schenkte. Es war jene Freiheit, welche ich ständig in Büchern gelesen oder in Filmen gesehen hatte und sie nun endlich selbst zu fühlen war ein berauschendes Gefühl, welches ich kaum in Worte fassen konnte. Das hier war das, was mir vorläufig zu meinem eigenen persönlichen Glück gefehlt hatte und somit würde ich daran festhalten, diese Freiheit niemals zu verlieren. Sie würde verschwinden und verblassen sobald ich zustimmte einen mir fremden Mann zu heiraten und auch wenn ich daran nicht unbedingt denken wollte, so hing diese Bürde wie ein Damoklesschwert über mir. Ich würde das ganze einzig alleine für meine Mutter machen, die mir selbst so viel gegeben und geschenkt hatte. Sie hatte dafür gesorgt das ich behütet aufwuchs und niemals das schlechte im Leben kennengelernt hatte. Sie hatte mich vor allem beschützt und gerade deshalb war ich ihr dies wohl schuldig.

Es gab nur noch uns beide und sonst niemanden, der uns etwas bedeutete. Mein Vater war ein reicher und wohlhabender Mann gewesen, zumindest den Erzählungen meiner Mutter zu Urteilen nach. Ich selbst hatte ihn niemals kennengelernt, weil er wenige Wochen nach meiner Geburt verstorben war, genau genommen wurde er ermordet und niemand wusste, wer diese Tat begangen hatte. Meine Mutter und ich hatten dennoch ein Leben in Wohlstand genossen, auch wenn es nie einfach für sie gewesen war. Sie stand mit einem Baby urplötzlich alleine da und musste sich damit zurecht finden. Gerade deshalb wollte ich ihr nun alles zurückgeben was sie für mich geopfert hatte, selbst wenn es hieß einen wildfremden Mann zu heiraten, den ich vermutlich niemals lieben würde. Doch das Leben selbst war kein Märchen, selbst wenn ich früher daran geglaubt hatte. Deshalb dachte ich auch nicht, dass es für mich ein Happy End geben würde, denn wie sollte es dieses auch geben können? Ich würde wo hineingedrängt werden was ich nicht wollte und doch saßen die Schuldgefühle in mir so fest, dass ich es widerstandslos über mich ergehen lassen würde.

Ruthless AlphaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt