29. Wahrheit

85 8 0
                                    

29. Wahrheit

Ava

Der Frühjahrswind weht mir um die Nase, während ich gut gelaunt und vor mich hin singend mit dem Fahrrad nach Stroud fahre. Ich habe einen Termin bei meiner Hebamme, um zu sehen, wie es unserem Baby geht. Vielleicht will es ja heute sein Geschlecht zeigen. Ich bin aufgeregt.
Als ich um eine Kurve fahre, erschrecke ich, denn ein Ast liegt auf dem Weg. Vermutlich ist er von den heftigen Winden der letzten Tage aus einem der Bäume herausgerissen.
Ich will langsam mein Fahrrad um den Ast herum fahren, als plötzlich jemand aus dem Wald auf den Radweg tritt. NEIN! Ich lasse das Fahrrad fallen und laufe in den Wald hinein.
Sam ist mir dicht auf den Fersen. „Lauf doch nicht so schnell. Ich will doch nur mit dir reden“, sagt er, wirkt kaum aus der Puste. Er war schon immer sportlich. Ich ignoriere ihn und laufe so schnell ich kann, meinen Bauch haltend in den Wald hinein. „Ava, bleib stehen, verdammt“, er klingt wütend. Er darf mich nicht kriegen, aber er ist schnell. „Ava!“ ruft er nochmal und ich übersehe eine Baumwurzel, stolpere und wäre fast gefallen, doch Sam packt mich in letzter Sekunde. „Das hast du nun davon. Ich hab gesagt, du sollst nicht rennen“, sagt er drohend und ich bekomme Panik. Wut lodert in seinen Augen. Blanke, irre Wut. Er wird…. Er holt aus und schlägt mir ins Gesicht, lässt mich los, so dass ich mit einem Aufschrei auf den nassen Waldboden Falle. Entfernt höre ich meinen Namen rufen und ich will antworten, doch dann bemerke ich den Ast, den Sam in der Hand hält. Er holt aus und ich drehe mich instinktiv auf die Seite, um mein Baby zu schützen. Der Schlag trifft mich hart am Becken, was mich wieder schreien lässt. Ich will den nächsten Schlag mit der Hand Abwehren, doch Sam hat kein Erbarmen. Ich kann meine Hand regelrecht unter der Wucht des Astes bersten sehen. Ein weiterer Schlag saust auf mich zu und ein stechenden Schmerz durchflutet meinen Kopf, so dass ich mich nicht mehr rühren kann. Wieder und wieder schlägt er euf mich ein, bis alles um mich herum schwarz wird.

Mit einem Schrecken und schweißgebadet wache ich so plötzlich auf, dass ich hochschrecke. Ich keuche und versuche mich zu sammeln, doch ich habe die Orientierung verloren und Tränen bahnen sich ihren Weg. Ich zucke, als ich eine Hand an meinem Rücken spüre und als ich meinen Kopf drehe, schaue ich in Henrys besorgten Gesicht. „Hey, alles okay. Du bist hier. Alles ist gut“, versichert er mir und schluchzend lehne ich mich gegen ihn. Henry. Ich bin bei ihm. Ich bin sicher.

Henry

Avas Schrei reißt mich aus dem Schlaf und als ich nach ihr sehe, erkenne ich, dass sie träumt. Sie windet sich und schlägt um sich und dann schreckt sie auf und atmet hastig. Ich sehe ihre Tränen und mir wird klar, was für ein Traum das gewesen sein könnte. „Hey“, sage ich sanft und streiche ihr über den Rücken. Sie zuckt erschrocken zusammen und schaut zu mir. „Hey, alles okay. Du bist hier. Alles ist gut“, versichere ich ihr sanft und sie lehnt sich an mich, beginnt zu Schluchzen. Ich halte sie an mich gedrückt, wiege sie und streiche ihr behutsam über die Rücken. Während sie weint, werfe ich einen kurzen Blick auf Eireen, die neben mir im Beistellbettchen liegt. Sie scheint von der Aufregung nichts mit zu bekommen. Sie schläft nach wie vor. Ich wiege Ava weiter sanft, bis sie schnieft und zu mir aufsieht. „Tut mir leid“, murmelt sie, doch ich schüttle den Kopf. „Du hast von ihm geträumt, richtig? Du erinnerst dich“, vermute ich und Ava seufzt. „Ja“ gibt sie zu. „Vor ein paar Nächten habe ich zum ersten Mal davon geträumt.“ Nun ist es an mir zu seufzen und ich streiche ihr eine Haarsträhne aus ihrer verschwitzt Stirn. „Warum hast du nichts gesagt?“ frage ich sanft, ohne vorwurfsvoll zu klingen. „Ich… wollte nicht drüber reden“, gesteht sie und lehnt ihre Stirn an meine. „Willst du jetzt drüber reden?“ biete ich an, doch sie schüttelt mit dem Kopf. „Ava. Du musst…“ weiter komme ich nicht, denn sie unterbricht mich. „Ich muss aufs Klo“, schnauft sie, löst sich von mir und erhebt sich stöhnend und unter Schmerzen aus dem Bett. „Warte, ich helfe dir“, sage ich und bin schon aufgesprungen, doch sie hebt abwehrend eine Hand. „Lass mich. Ich muss das allein machen.“ Ich bleibe wie angewurzelt stehen und sehe zu, wie sie mit humpelnden Schritten das Schlafzimmer verlässt. Ich fühle mich wie ein getretener Hund. Nicht weil sie meine Hilfe nicht will, sondern weil sie abblockt.
Ich setze mich zurück aufs Bett und warte, bis sie zurückkommt. Sie weicht meinen Blick aus und sagt nichts. Erst als sie wieder neben mir im Bett liegt, lege auch ich mich zurück. Erleichtert darüber, dass sie ihren Kopf auf meine Brust kuschelt, lege ich meinen Arm um sie und hauche ihr einen Kuss auf den Scheitel. „Du kannst…“ „Können wie bitte schlafen? Ich bin müde“, unterbricht sie mich wieder und innerlich fluche ich. Doch für heute belasse ich es dabei und lösche das Licht auf meinem Nachttisch. „Ich liebe dich, Ava“, lasse ich sie wissen. „Ich dich auch, Hen“, erwidert sie erschöpft und ich atme erleichtert aus. Ava scheint wieder schnell einzuschlafen, was ich auf die Schmerzmittel schiebe, die sie bekommt. Aber für mich ist an Schlaf nicht zu denken. Ich bleibe wach liegen, grüble und denke nach. Wie kann ich sie zum Reden bewegen? Ich muss dringend mit Jamie sprechen.

Es war doch nur ein Mal (Henry Cavill FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt