3. Entscheidung

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3. Entscheidung

Henry

Nun stehe ich vor der Haustür des großes Hauses und warte, bis jemand durch die Gegensprechanlage spricht, oder mir öffnet. Ich höre Hundegebell.
„Hallo?“, ertönt die Stimme einer Frau. „Hier ist Henry“, sage ich und es raschelt. „Kleinen Moment, ich bin sofort bei Ihnen“, bittet sie und ich bedanke mich. Schon kurze Zeit später öffnet sich die Tür und Jamies Frau Amelia bittet mich herein. Ein schwarzer Hund, ich nehme an, ein Labrador, kommt aufgeregt auf mich zu, bellt und beschnüffelt mich. Ich gebe ihm kurz Aufmerksamkeit und betrete dann das Haus. Kinderlachen erhellt das Haus, was mich lächeln lässt. Kurz darauf kommt ein kleines Mädchen mit braunen Krauselocken aus einem der Zimmer zu ihrer Mutter angelaufen und sieht mich an. „Wer bist du?“ fragt sie mich und ich lächle. „Ich bin Henry. Und du?“, möchte ich wissen. „Elva“, verrät sie mir. „Was für ein hübscher Name.“ Sie kichert. Ich höre Schritte und wende mich Jamie zu, der auf uns zukommt, ein weiteres Mädchen, um einiges jünger als die kleine Elva, auf den Arm. Er übergibt das Mädchen seiner Frau und reicht mir die Hand. „Gut, dass sie da sind“, meint er und ich erwidere seinen festen Händedruck. „Können wir nicht zum Du wechseln? Immerhin kennen wir uns schon ein bisschen“, bitte ich Jamie und er nickt schmunzelnd. „Gern. Komm mit“ bittet er und ich folge ihm ins Wohnzimmer. Ich setze mich und er bietet mir etwas zu Trinken an, aber ich lehne dankend ab.
Kurze Zeit später betritt Amelia das Wohnzimmer. „Sie kommt sofort“, berichtet sie und nur Augenblicke später sehe ich sie. Ava ist blass und als sie mich sieht, wird sie noch eine Spur blasser. Amelia schenkt ihr ein Lächeln. Jamie geht zu ihr und sagt leise etwas zu ihr. Sie schaut zu ihm und ich kann es in ihren Augen schimmern sehen. Er drückt ihr einen Kuss an die Stirn und streicht über ihren Oberarm, dann lassen sie uns alleine.

Ich erhebe mich und gehe zu Ava, die noch immer an der Tür steht. „Hi“, sage ich und sie sieht mich schüchtern an. „Hi“, erwidert sie leise. „Setzen wir uns?“ schlage ich vor und sie zuckt mit den Achseln, bewegt sich aber zur Couch und setzt sich. „Wir geht es dir?“ erkundige ich mich, als ich mich zu ihr setze. „Durcheinander“, gibt sie zu und ich nicke. „Geht mir auch so.“ „Ich… wollte nicht, dass Jamie dich anruft…“ „Ich weiß. Aber es ist gut, dass er es getan hat“, lenke ich ein. Sie hebt ihren Kopf und unsere Blicke treffen sich. Ihre Augen sind von einem intensivem dunkelblau und es trifft mich geradewegs in mein Inneres. Sie ist noch genauso schön, wie ich sie in Erinnerung habe. Selbst jetzt, so blass und bedrückt. Ich überlege, ihre Hand in meine zu nehmen, als Zeichen der Unterstützung  aber obwohl sie körperlich Anwesen ist, strahlt sie große Distanz aus. „Ich möchte, dass du weißt, dass ich für dich da bin, wenn dieses Baby wirklich von mir ist“, sage ich ihr. „Es ist von dir. Du warst der erste seit Langem“, versichert sie mir und ich nicke. Ich denke, ich glaube ihr. Jamie hat etwas Ähnliches gesagt und er weiß, wie schnell man verascht wird, sobald man ein wenig berühmt ist. „Ich will für euch da sein“, mache ich ihr klar und sie seufzt. „Henry… Ich… weiß nicht mal, ob ich das Baby behalten werde“, gesteht sie mir und ich schlucke. „Ich bin gerade dabei, mein Leben wieder in den Griff zu bekommen und ich bin noch sehr weit davon entfernt. Ich kann mich nicht mal um mich selbst kümmern“, erklärt sie und ich seufze erneut und nehme nun wirklich ihre Hand. „Wir beide sind verantwortlich für diese… Situation, und… egal, wie du dich entscheidest, ich will für dich da sein.“ Ich will sie einfach nicht hängen lassen und ich will, dass sie es weiß. „Danke“, sagt sie und ich merke, wie ihre Stimme bricht. Ich löse meine Hand von ihrer und streiche ihr stattdessen über den Rücken. Sie wischt sich ihre Augen trocken. „Es tut mir leid“, murmelt sie. „Muss es nicht“, versichere ich ihr. Es gehören immer zwei dazu. Niemand von uns beiden hat wissen können, dass das Kondom nicht hält.

Ava

Ich schließe die Haustür hinter Henry  und lehne meinen Kopf daran. Er macht es mir nicht einfacher. Dennoch bin ich dankbar, zu wissen, dass ich auf seine Unterstützung hoffen kann. Egal, wofür ich mich entscheide. Ein Baby. Ich kann doch kein Baby großziehen. Nicht jetzt. Natürlich will ich Kinder. Irgendwann. Unmöglich schon jetzt. Nach allem was war. Ich breche in Tränen aus und lasse mich vor der Tür hinunter sinken und kauere davor.
Ich höre kleine Schritte und spüre, wie sich jemand neben mich setzt. Dann legt Dee-Dee ihren Arm um mich. „Alles wird gut, Tante Ava“, sagt die älteste von Jamies drei Kindern. Ich schließe sie in meine Arme und drücke sie an mich. „Ich hab dich so lieb, meine Große“, sage ich ihr und sie gibt mir unglaublich viel Trost. Ich wische mir meine Augen trocken und lächle sie an. Sie soll nicht sehen, wie groß meine Verzweiflung ist.
Ich erhebe mich und sehe Jamie in den Flur kommen. Seinem Blick zu urteilen, durchschaut er mich sofort. Natürlich. „Kommt ihr essen?“ bittet er uns und Dulcie geht vor in die Küche. „Willst du drüber reden?“ fragt mich mein Bruder und ich schüttle den Kopf. Er legt den Arm um meine Schulter und drückt mir einen Kuss an die Schläfe. „Henry ist ein guter Kerl. Auf ihn kannst du dich verlassen“, sagt er und ich seufze. Ich setze mich zu meiner Familie an den Tisch und zwinge mir etwas zu Essen hinein. Mir ist übel, schon den ganzen Tag. Das Henry hier war hat mich noch mehr aufgewühlt.
Ich bleibe bis kurz nach dem Abendessen, dann gehe ich hoch in mein Zimmer. Nein, in Jamies Zimmer. Ich bin nur zu Besuch. Ich lege mich und Bett und ziehe die Decke über mich. Ich höre den Regen an die Fensterscheibe klatschen und verfluche mich, dass ich die Jalousien nicht runtergelassen habe. Aber ich habe keine Lust nochmal aufzustehen. Oder keine Kraft. Ich fühle mich müde und ausgelaugt.
Warum musst du gerade jetzt in meinem Leben auftauchen? Frage ich in Gedanken zu dem Leben in meinem Bauch. Ich kann diesem Kind kein Leben bieten. Es braucht eine Mutter, die sich kümmern kann. Ich kann nicht von meinem Bruder und meiner Schwägerin verlangen, ihr Leben wegen meiner Dummheit einzzschränken. Ich muss mein Leben wieder auf die Reihe kriegen. Aber das geht nicht mit einem Baby. Es tut mir Leid, wegen Henry, dass er sein Kind niemals kennenlernen kann. Aber ich kann nicht. Ich kann es einfach nicht.
Ich schluchze auf und vergrabe mein Gesicht in das Kissen, schreie, fluche und weine. Ich höre die Tür nicht, aber dann ist Jamie da, legt sich zu mir und zieht mich in seine Arme. Ich lasse mich fallen. „Ich kann das nicht, Jamie. Ich kann das Baby nicht bekommen“, weine ich und er sagt nichts, hält mich einfach und ist da. So wie er es immer ist. Mein Bruder ist der wichtigste Mensch in meinem Leben. Er liebt mich bedingungslos. Selbst jetzt, als ich ihm gestanden habe, dass ich dieses Baby nicht will.

Es war doch nur ein Mal (Henry Cavill FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt