30. Familie

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30. Familie

~5 Monate später~

Ava

Weihnachten in den Italienischen Alpen. Henry hat uns alle eingeladen. Jessica und John mit den beiden Kindern, Liesa und Marc mit den Kindern und Jamie und Millie mit ihren drei Töchtern. Und mich. Natürlich ist auch unsere kleine Maus anwesend. Wir alle sind vor zwei Tagen angekommen. Henry hat ein riesiges Haus für die nächsten 14 Tage gemietet. Wir werden Weihnachten und Silvester hier verbringen. Natürlich hat Millie dafür vorher das Okay bei ihrem Gynäkologen eingeholt, immerhin ist sie im 8. Monat schwanger. Es könnte theoretisch jeden Moment losgehen. Aber sie ist zuversichtlich, dass es nicht in den nächsten 14 Tagen passiert. Und wenn doch, gibt es unweit ein Krankenhaus.
Im Moment sind alle ausgeflogen, um den Weihnachtsmarkt unsicher zu machen. Henry und ich sind im Haus geblieben, denn erstens hat Eireen noch geschlafen und zweitens sind lange Spaziergänge für mich noch immer anstrengend. Ansonsten habe ich mich gut erholt. Meine Hand ist noch nicht wieder die Alte und ich hatte Angst, dass ich nie wieder würde Daddys Fiddle spielen können, doch ich habe viel geübt und nicht aufgegeben. Heute Abend an Heiligabend werde ich unserer Familie etwas vorspielen. Zum ersten Mal seit dem Unfall.
Unsere Tochter sitzt auf der Krabbeldecke und beäugt genau, was Henry und ich machen, während sie auf ihrem Schnuseteddy rumkaut. Kal und Lenny liegen neben der Krabbeldecke vorm Kamin und passen auf unser Mäuschen auf.
Henry hat einen riesigen Weihnachtsbaum besorgt und den schmücken wir nun, als Überraschung für die Kinder. Die denken nämlich, dass es dieses Jahr keinen geben wird. Aber Weihnachten ohne Baum geht einfach nicht.
Als Henry auf der Leiter steht, um die Lichter oben zu befestigen, schiebe ich unbemerkt von ihm eine kleine Schachtel zu dem ganzen Christbaumschmuck, den wir aufgetrieben haben.
Ich helfe Henry beim behängen des Baumes und nachdem er den Stern oben auf die Spitze gesetzt hat und von der Leiter steigt, kommt er kurz ins straucheln, macht ein komisches Geräusch und fängt sich wieder. Kaum hat Henry dieses Geräusch von sich gegeben, fängt unsere Tochter glucksend an zu lachen.
„Ach, das findest du witzig, was?“ meint Henry und macht das Geräusch noch einmal. Wieder gackert sie und kippt nach hinten. Henry ist so schnell bei ihr, dass er noch die Hand unter ihr Köpfchen legen kann, damit sie sich nicht verletzt. Wieder gluckst die Kleine und Henry nimmt sie hoch und wirbelt sie herum, was ihr ein freudiges Schreien entlockt. Sie liebt ihren Daddy abgöttisch und es ist eine Wonne, den Beiden zuzusehen.
„Hen, da ist noch was“, sage ich und deute auf die kleine, noch geschlossene Schachtel, die zwischen den ganzen anderen offenen Schachteln liegt. „Oh“, meint er und hebt die Box auf. „Wollen wir sehen, was drin ist?“ fragt er Eireen und sie patscht auf die besagte Schachtel. „Schon gut, schon gut. Daddy beeilt sich ja“, lacht Henry und öffnet die Schachtel etwas umständlich, weil er ja noch unsere Tochter auf den Arm trägt. Als er den Inhalt sieht, kann ich sehen, wie sich kurz seine Augenbrauen zusammenziehen. Er zieht die Dunkelblaue Kugel heraus und beäugt sie. Eine Augenbraue schießt in die Höhe, als er das Superman Zeichen darauf sieht und als er liest, was darunter steht, beginnen seine Augen zu leuchten. Dann sieht er zu mir und ich grinse von einem Ohr zum Anderen. „Das ist toll. Danke, Baby“, bedankt er sich, beugt sich für einen Kuss zu mir herüber und zeigt Eireen dann die Kugel. „Siehst du, was draufsteht? Da steht Superdaddy“, sagt er stolz und strahlt mit dem Weihnachtsbaum um die Wette. „Die bekommt einen Ehrenplatz. Was meinst du? Hierhin?“ fragt er und hält die Kugel an einem Platz, wo sie jedem gleich ins Auge springt. Eireen klatscht in ihre Händchen und freut sich. Henry hängt die Kugel an den Zweig und kommt noch mal zu mir, zieht mich an sich und gibt mir einen leidenschaftlichen Kuss, der meine Knie weich werden lässt. Am liebsten hätte ich den Kuss vertieft, doch Eireen schiebt sich zwischen uns und will ungeteilte Aufmerksamkeit.
Die Haustür öffnet sich und im selben Augenblick ertönt die Stimme meines Bruders. „Warum glaubt ihr mir nicht? Millie ich brauche deinen Mutterpass“, höre ich Jamie sagen und die anderen lachen. Sie ziehen ihn schon wieder auf, weil er uns jeden verdammten Tag ganz stolz daran erinnert, dass er einen Jungen gezeugt hat.
Lenny und auch Kal sind aufgesprungen, um die Zurückkehrer zu begrüßen. „Ein Weihnachtsbaum!“ ruft Elva freudig aus, als sie diesen entdeckt und alle Kinder kommen angelaufen, schauen sich das Prachtstück an. „Habt ihr den ganz allein geschmückt?“ fragt Stella, Jessicas Tochter und meine älteste Nichte. „Ja, haben wir“, verkündet Henry stolz und Jamie sieht die Weihnachtskugel, die ich Henry geschenkt habe. „Oh, sogar eine Christbaumkugel speziell für mich“, grinst er und Henry zeigt ihm den Vogel. „Das ist meine. ICH bin ja wohl Supermann. Nicht du“, korrigiert er meinen Bruder. „Angeber“, brummelt dieser augenrollend und kassiert einen kleinen Schubser seitens meines Freundes.
Millie kommt und reicht ihrem Mann ihren Mutterpass. „Du wolltest Beweise zeigen“, erinnert sie ihren Mann und ich lache. Ich habe das Ultraschallbild schon mindestens 10 mal gesehen. „Ach ja“, antwortet Jamie grinsend und blättert zum Ultraschallbild, was deutlich das Geschlechtsorgan des Babys zeigt. „Seht ihr? Da ist der Schniedel.“ „Das ist die Nabelschnur“, kommentiert Liesa trocken. Die Untersuchung meiner Schwester hat nichts Bedenkliches ergeben. Nur einen  angeschwollen Lymphknoten. Der gut unter beobachtung steht.
„Ist es nicht.  Da sind die Hoden. Das sieht man doch“, erklärt Jamie und Liesa kichert versteckt. „So Klein? Wie deine, hm?“ „KLEIN? Hallo? Die sind nicht… Baby, sags ihr. Mein Sack ist nicht... AUA!“ Millie hat Jamie gegen den Oberarm geboxt. „Hier sind jede Menge Kinder anwesend. Also reiß dich zusammen!“, tadelt sie ihn und er schnauft.
„Ihr seid echt peinlich. Es ist doch völlig egal, welches Geschlecht das Baby hat. Hauptsache es ist gesund oder nicht?“ meint Dulcie maulend und geht an den Erwachsenen vorbei in ihr Zimmer. Jamie zieht die Augenbrauen hoch und Millie schaut verwundert zu ihm. "Ich glaube, ich sollte mit ihr reden“, meint Millie und will schon losgehen, aber Jamie hält sie zurück. „Lass mich das machen“, bittet er und folgt seiner Tochter.

Jamie

Vor 10 Jahren hätte ich nicht gedacht, mich schon jetzt mit pubertären Gepflogenheiten abgeben zu müssen. Aber meine Älteste sieht das wohl anders. Ich folge ihr ins Zimmer, wo sie im Schneidersitz auf dem Bett sitzt, ein Buch in der Hand. Doch anstatt darin zu lesen, knibbelt sie am Einband herum. Ich tue es ihr mit dem Schneidersitz gleich und nehme ihr Lieblinksplüschtier, dem Elefanten, den sie einst von Opa Jim bekommen hat, und wedle damit vor ihrem Gesicht herum. „DeeDeelein, was hast du denn?“ frage ich mit verstellter, quietschiger Stimme, um ihr ein Lächeln zu entlocken, doch das klappt nicht mehr. „Lass das“, brummelt sie und rupft mir ihren Fanti aus der Hand. „Was ist los, Spatz?“ frage ich stattdessen. „Nix. Is egal“, murmelt sie. „Es ist nichts, oder ist es  egal?“ harke ich nach der widersprüchlichen Antwort nach und sie hebt eine Achsel. „Ich dachte, du freust dich über das Baby“, sage ich und nun seufzt sie. „Tu ich ja auch…“ murmelt sie. „Aber….?“ harke ich nach und meine Tochter knabbert sich auf die Innenseiten ihrer Wangen. „Spatz, du kannst es mir sagen“, ermutige ich sie und DeeDee atmet tief durch. „Dann habt ihr doch gar keine Zeit mehr für uns“, murmelt sie schließlich. Dass sie das denkt, tut mir leid. „Mäuschen, Mama und ich werden immer genug Zeit für euch alle haben. Klar, braucht saß Baby, mehr Aufmerksamkeit, aber…“ „Genau. Alle Aufmerksamkeit liegt auf dem Baby. Und auf Bertie, weil sie einfach unglaublich süß ist. Und auf Elva, weil sie so verrückt ist, aber.. Ich bin langweilig. Auf mich guckt dann keiner mehr“, unterbricht sie mich. „Deedee…“ sage ich sanft und greife nach ihrer Hand. „Wie kommst du darauf, dass du langweilig bist? Du bist alles andere als langweilig“, versuche ich es. „Klar das du das sagst. Du bist mein Papa. Du musst das sagen.“ „Hey. Ich würde niemals etwas sagen, weil man es von mir erwartet“, mache ich ihr klar. „Guck mich mal bitte an“, bitte ich sie und warte, bis sie ihren Kopf hebt und ihre Augen auf meine treffen. Die Augen, die die selbe Farbe haben, wie die Meinen. „Du bist nicht langweilig. Das warst du nie“, mache ich ihr klar. „Aber jeder wird nur darauf schauen, was das Baby macht. Wenn es lächelt. Der erste Zahn, wenn es kackt…“ zählt sie auf und ich muss kurz lachen. „Ja, vermutlich. Aber weißt du was?“ frage ich und sie sieht mich fragend an. „All die ersten Male die das Baby machen wird und alle ersten Male, die deine Schwestern irgendwann gemacht haben, werden niemals das sein, was Deine ersten Male waren“, sage ich. „Was meinst du?“ will sie wissen. „Ihre ersten Male waren nicht UNSERE ersten Male“, sage ich, doch meine Tochter scheint nicht zu verstehen. „Deine Geburt hat mich zum Papa gemacht. Dein erstes Lächeln war das erste Lächeln, welches du mir als Papa gegeben hast. Dein erster Zahn war für uns beide der Erste. All Deine ersten Male waren auch Meine. Das wird niemand ändern können. Und jedes Mal, wenn dein neues Geschwisterchen etwas neues lernt, etwas zum ersten Mal macht, werde ich automatisch daran denken, als DU es das erste Mal getan hast. Weil ich dieses Gefühl niemals vergessen werde. Weil es auch meine ersten Male waren. Das ist etwas ganz Besonderes, DeeDee“, sage ich und ihr huscht ein kleines Lächeln über die Lippen. Dann legt sie das Buch zur Seite und kommt zu mir rüber, klettert auf meinen Schoß. Ich drücke sie an mich, als sie sich an mich kuschelt und drücke ihr einen Kuss auf den Scheitel. „Wir beide werden noch so viele erste Male miteinander erleben. Und ich freue mich auf jedes einzelne Mal. UND ich weiß, dass ich mich an jedes Einzelne erinnern werde“, beende ich meine Erklärung und genieße, dass mein großes Mädchen Mal wieder mit mir kuschelt. Sie wird so schnell groß und will nicht mehr viel mit Kinderkram zu tun haben. Ihre kleinen Schwestern nerven und Papa mittlerweile auch immer öfter. Sie kommt langsam in die Pubertät und umso mehr genieße ich nun die Nähe zu meinem kleinen, großen Mädchen, meiner Erstgeborenen.
„Essen ist fertig!“ ruft Henry und ich lasse DeeDee los. „Kommst du mit?“ frage ich sie und sie nickt, klettert von meinem Schoß und wartet bis auch ich mich erhebe, wobei mein Knie knackt. Dulcie kichert. „Du bist alt“, bemerkt sie und ich schnaufe. „Ich und alt? Pah!“, mache ich und schnappe sie mir, beginne sie zu kitzeln. Sie lacht herzlich, windet sich in meiner Umklammerung und ihr herzliches Lachen zu hören, durchflutet mich mit unglaublichen Glück. Ich liebe es, Vater zu sein. DAS ist der besten Teil in meinem Leben. Unsere Familie ist das Wichtigste überhaupt und alle sind sie hier.

Es war doch nur ein Mal (Henry Cavill FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt