Angespannt blickte ich in den Himmel. Die Sonne war dabei unterzugehen und tauchte den Horizont in eine Vielzahl von Farben. In einer anderen Situation hätte ich den Sonnenuntergang als wunderschön beschrieben, doch nun löste er in mir Anspannung und Angst aus. Ambroz und Batair beraten leise mit ihren Soldaten, während Lexus von Zeit zu Zeit seinen Input dazu gab. Ich stand dagegen direkt vor dem Feuer und versuchte mich innerlich auf den kommenden Kampf vorzubereiten. Neben mir waren zahlreiche Stöcke und Äste platziert, welche wir nach und nach in die Flammen schmeißen würden.
Seufzend senkte ich meinen Blick auf den Boden und atmete tief durch. Lexus sorgte zwar dafür dass ich jeden Morgen genug Blut zu mir nahm, doch er hatte mir nochmal die Flasche gereicht. Mit dem kommenden Kampf und möglichen Wunden mussten wir auf Nummer sicher gehen. Ich wollte schließlich niemanden versehentlich angreifen. Meine Augen schlossen sich bei dem Gedanken und kurz sah ich das blasse Gesicht des toten Jägers vor mir.
Das Geräusch von Schritten riss mich aus meinen Gedanken und schnell blickte ich mich um, nur um in die freundlichen Augen von Lexus zu blicken. "Wie geht es dir?" fragte er leise und stellte sich neben mich. "Gut" murmelte ich und drehte mich schnell zurück zu den Flammen. "Viktoria" flüsterte er zögernd und das Geräusch einer Klinge war zu hören. Erschrocken ging ich einen Schritt zur Seite und schaute mit großen Augen zu ihm. Sein besorgter Blick traf meinen und er schüttelte seufzend den Kopf. "Ich würde dich niemals verletzten Viktoria. Hier". Damit hielt er mir die Klinge hin, der Griff zu mir zeigend. "Wir werden dich und Ambroz beschützen, aber du solltest trotzdem etwas zur Verteidigung haben" flüsterte er mit einem kleinen Lächeln, doch es wirkte gezwungen.
Nickend nahm ich die Klinge in die Hand und bewegte sie experimentell in meiner Hand. Sie war leicht und nach einer kleinen Anpassung lag sie mir gut in der Hand. "Erinnere dich daran, was ich dir beigebracht habe" murmelte er und kam einen Schritt auf mich zu. Überrascht sah ich zu ihm auf, Konflikt in seinen Augen glänzend. "Sollte etwas passieren" begann Lexus langsam und sein Blick wurde eisig. "Renn". Erschrocken blickte ich zu ihm und schüttelte den Kopf. "Ich.." begann ich, doch er unterbrach mich. "Nein, dir darf nichts passieren. Die Mela Soldaten sind auf die Sicherheit von Ambroz fokussiert, die Lyka auf Batair. Beide haben zwar befohlen dich auch zu beschützen, doch ich habe ein schlechtes Gefühl dabei Viktoria."
Prüfend blickte er in den nun fast dunklen Himmel und seufzte. "Es ist soweit. Die Mela und Lyka werden gemeinsam einen Kreis um das Feuer bilden. Ambroz, Batair und ich werden sichergehen, dass kein Schattenwandler in den Kreis kommt. Du gehst sicher, dass das Feuer weiter brennt" erklärte er und mit einem besorgten Blick in den Wald nickte er Batair und Ambroz zu, welche sich auf und zubewegten.
Es schmerzte mich, wie unnütz ich war. Von allen war ich die einzige ohne Kampferfahrung, ohne Magie, um mich zu verteidigen. Um uns herum bildeten die Soldaten, Mela wie Lyka einen weiten Kreis und mein Griff um das Messer wurde fester. Hoch im Himmel war die Sonne verschwunden und der Mond nahm hell leuchtend ihren Platz ein. Alles schien ruhig, doch dann schossen Schatten über den Himmel und setzten sich über den Mond. Angespannt beobachtete ich, wie das Licht zunehmend verschlungen wurde und das Feuer vor mir zur einzigen Lichtquelle wurde. Mein Herzschlag wurde schneller, als ich Bewegung zwischen den Bäumen wahrnahm und ein widerlicher Geruch penetrierten meine Sinne. "Was ist das?" fragte ich hustend und hielt mir instinktiv mit meiner freien Hand die Nase zu.
"Guhle" fluchte Batair neben mir und schrie Anweisungen an seine Lyka. "Erinnerst du dich daran, was ich dir über die dunklen Wesen Gnieas erzählt habe?" fragte Lexus leise, während er seinen Bogen spannte und seinen Blick konzentriert zwischen die Bäume schießen ließ. Nachdenklich legte ich meinen Kopf zurück, abgelenkt durch den stechenden Geruch nach Verwesung. Er schien immer schlimmer zu werden. "Ghule haben einen sehr gute Augen und einen starken Geruchssinn. Sie sind durch ihren Gestank zu erkennen. Um sie zu töten musst du entweder ihren Kopf entfernen, oder das Herz durchstechen" erklärte Lexus leise, sein Körper angespannt.
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Schatten der Vergangenheit - Viktorias Vermächtnis
FantasiaIm Jahr 1903 ist Viktoria eine 20 jährige Abnormität. Sie ist nicht verheiratet und träumt von einer Welt, in der sie frei leben kann. Dann platzt ihrer Mutter der Kragen und sie wird prompt an einen Mann verheiratet, der unter seiner Maske von Char...