Kapitel 15

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26. Oktober:

Die letzten Wochen vergingen doch schneller als gedacht. Obi und ich haben uns völlig voneinander distanziert und nur das nötigste miteinander besprochen. Tatsächlich hat das ganz gut geklappt, da ich viel beschäftigt war. Meistens war ich mit Lynn und Sveindis unterwegs oder auch mal mit Merle oder Jule. Die beiden wissen auch mittlerweile was zwischen mir und Obi vorgefallen ist. Ich habe es Merle erzählt und Obi hat sich Jule anvertraut. Zumindest hat sie mir das mal gesagt. Vor einigen Wochen habe ich auch ein leeres Zimmer im Keller gefunden und nachgefragt, ob ich das Zimmer zu einem Sportraum umfunktionieren darf. Keiner hatte etwas dagegen, weshalb ich viel Zeit damit verbracht habe, den Raum zu renovieren und ihn einzurichten. Seitdem das erledigt ist, verbringe ich meine Zeit, die ich zuhause bin, so gut wie nur noch da. Der Sport lenkt mich sehr gut ab und hilft mir dabei meine Gedanken zu sortieren. Ich bin immer noch der festen Überzeugung, dass meine Entscheidung damals richtig war, auch wenn mich zwischendurch Zweifel plagen.
Zum Glück ist momentan Länderspielpause und ich kann mal etwas abschalten. Ich kann bei den Spielen leider nicht mit, da ich mir eine kleine Verletzung zugezogen habe und auch beim Training deshalb nicht mitmachen kann. Zum Glück ist es aber schon fast wieder weg und ich habe auch keine Beschwerden mehr. Trotzdem darf ich noch nicht mit trainieren. Deshalb habe ich beschlossen nach Barcelona zu fliegen, um meine Freundin mal wieder zu sehen. Sie hat mir auch angeboten zu mir kommen, da aber Obi auch nicht mit bei der Natio ist und wir beide zuhause alleine waren, wollte ich lieber weg.
Und nun stehe ich hier vor der Wohnung meiner Freundin.
„Hey, da bist du ja endlich." begrüßt mich Mapi und zieht mich in eine lange Umarmung, die ich sofort erwidere. Wir küssen uns und dann werde ich auch schon reingelassen.
Da ich erst relativ spät geflogen bin, beschließen wir den Abend kuschelnd auf der Couch zu verbringen. Es fühlt sich gut an wieder in den Armen meiner Freundin zu legen, aber trotzdem nagt das schlechte Gewissen an mir. Immer wieder muss ich an den Kuss mit Obi denken. Naja was heißt Kuss? Es waren ja deutlich mehr, als nur einer. Ich habe Mapi bis jetzt noch nichts davon erzählt und ich weiß auch nicht, ob ich es überhaupt tun sollte. Ungern würde ich halt jetzt darüber mit ihr streiten, aber es wäre auch unfair ihr gegenüber wenn ich nichts sage oder?
Das macht mich alles so fertig, dass ich nicht wirklich entspannen kann und Mapi scheint dies neben mir zu bemerken. „Was bedrückt dich?" fragt sie mich dann auch schon. „Nichts, alles gut." versuche ich mich rauszureden. „Ich sehe, dass dir etwas auf dem Herzen liegt. Du kannst mit mir über alles reden, das weißt du doch." sagt sie zu mir und küsst mich auf den Kopf. Gott, ich habe diese Frau einfach nicht verdient. Nicht im geringsten. Und trotzdem sitze ich hier und lüge, obwohl sie die Wahrheit verdient.
Nach ewigen hin und her überlegen, entscheide ich mich doch für die Wahrheit. Zwar nicht für die ganze, aber ich muss ihr trotzdem irgendwie davon erzählen. Ich richte mich auf und Mapi schaut mich gespannt an. „Vor ein paar Wochen ist etwas in Wolfsburg vorgefallen.." beginne ich und knete nervös meine Hände. Sie unterbricht mich nicht, sondern wartet bis ich alles erzählt habe. „Du kennst ja Obi...naja auf jeden Fall saßen wir an dem einen Abend zusammen bei ihr im Zimmer und haben gezockt.." Ich atme noch einmal tief durch. „Und dann hat sie mich auf einmal geküsst...Ich habe ihr gesagt, dass das ein Fehler war und sich nicht wiederholen wird, weil ich glücklich mit dir bin und ja.." rattere ich runter und schaue nervös meine Hände an. Jetzt ist es also raus... „Okay, das überrascht mich jetzt etwas, aber ich bin froh, dass du mir davon erzählt hast. Nur warum, hast du es nicht schon früher gemacht?" Ich schaue ihr in die Augen und erkenne weder Wut, noch irgendwas anderes, was ich eigentlich erwartet habe. „Ich wollte dir das nicht übers Telefon sagen, sondern lieber mit dir persönlich reden, damit keine Missverständnisse aufkommen." versuche ich mich zu erklären. Mapi nimmt meine Hände in ihre. „Das kann ich verstehen. Das ändert aber trotzdem nichts zwischen uns okay?" antwortet sie mir mit einem Lächeln. Ich nicke nun auch lächelnd und kuschle mich dann wieder in ihre Arme. Ich fühle mich nun deutlich befreiter, auch wenn ich ein bestimmtes Detail ausgelassen habe. Ich muss das alles einfach so schnell wie möglich vergessen und mich auf das Hier und Jetzt konzentrieren. Die letzten Wochen habe ich nicht viel geschlafen und das macht sich jetzt wieder einmal bemerkbar. Es dauert nämlich nicht lange und ich schlafe auf der Couch ein.

1. November:

Ich bin mittlerweile wieder zuhause, da heute eine kleine Trainingseinheit auf dem Plan stand, für alle die nicht bei der Natio sind. Ich bin froh wieder trainieren zu können und hoffe, dass ich am Wochenende gegen Bayern spielen darf.
Nach dem Training ziehe ich mich schnell um und gehe dann mit Obi zu ihrem Auto. Sie hat mich heute morgen gefragt, ob wir zusammen fahren wollen und ich hab natürlich nicht nein gesagt. Im Auto herrscht erstmal Stille zwischen uns, genauso wie auf der Hinfahrt. „Hast du Lust zum Italiens mit mir zu fahren? Hab keine Lust zu kochen." fragt sie mich dann auf einmal. Etwas überrumpelt von der Frage, antworte ich dann: „Äh ja klar, warum nicht." Auf der restlichen Fahrt denke ich darüber nach, wie es dazu kommt, dass Obi jetzt mit mir essen gehen will. Das letzte Mal, dass wir etwas alleine unternommen haben ist schon ewig her und wie jeder weiß, hat es nicht grade gut geendet. Trotzdem versuche ich jetzt erstmal die negativen Gedanken zu verdrängen.
Am Restaurant angekommen, gehen wir direkt rein und können uns einen Tisch aussuchen, da es ziemlich leer ist.
Nachdem wir unsere Bestellung ausgesucht haben, schaue ich etwas in der Gegend rum, weil ich nicht wirklich weiß, worüber wir uns unterhalten sollen. Vor allem nachdem wir in der letzten Zeit kaum miteinander gesprochen haben. Dann seufzt Obi allerdings und ich schaue daraufhin zu ihr. „Lina.." setzt sie an. „Obi..?" frage ich zurück und kann mir ein Grinsen nicht verkneifen. Zum Glück verfehlt dies nicht seine Wirkung und Obi lächelt jetzt auch leicht. „Ich wollte mit dir reden." sagt sie dann wieder ernst und ich schaue sie gespannt an. „Können wir das ganze nicht einfach vergessen und vielleicht wieder Freunde werden? Ich würde es auch verstehen, wenn du das nicht möchtest, aber ich vermisse dich als „normale" Freundin in meinem Leben. Und außerdem wohnen wir ja auch zusammen und spielen zusammen Fußball und dann wäre doch das doch alles so viel leichter." fragt sie mich hoffnungsvoll. „Ich dachte du brauchst Anstand von mir, deshalb habe ich mich distanziert und natürlich weil ich nicht mehr mit dir streiten wollte. Aber du hast recht, befreundet sein klingt gut." antworte ich ihr lächelnd. Ich sehe wie sich Obi entspannt und mich nun auch anlächelt. Die Stimmung zwischen uns ist nun deutlich ausgelassener und wir quatschten ein bisschen über belanglose Sachen, während wir auf unser Essen warten.
Während des Essens fragt mich Obi dann irgendwann, wie es in Barcelona war. „Willst du wirklich darüber reden?" frage ich skeptisch nach. „Ja, wieso nicht?" fragt sie stattdessen. „Okay, also.. es war auf jeden Fall sehr schön. Wir haben uns zwei mal mit den anderen Mädels getroffen und ansonsten waren wir in der Stadt unterwegs oder einfach zuhause." erzähle ich ihr als Kurzfassung. „Klingt schön. Du hast dich mit allen dort gut verstanden oder?" „Ja, in der Tat. Die Mädels sind mir sehr ans Herz gewachsen, weshalb es so schön war, alle mal wieder zu sehen." erkläre ich ihr.
Wir essen noch auf und fahren dann auch wieder nachhause. Obi geht zuhause erstmal duschen und ich gehe noch etwas Sport machen und anschließend duschen.

finding back to us - Part IWo Geschichten leben. Entdecke jetzt