In Staub und Knochen III

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Schwärze umfing ihn, als er die Augen aufschlug. Schmerz füllte seinen Brustkorb bei jedem Atemzug, Staub lag in seinen Lungen. Er stemmte sich auf die Arme und stieß mit dem Kopf gegen den Stein über sich.

Ejahl blinzelte mehrfach, um seinen Blick aufzuklären. Sanftes Licht erhellte den Hohlraum, in dem er sich befand, und ließ den Staub silbern schimmern. Er war eingeschlossen, aber bis auf einige Kratzer und Schrammen unversehrt. Das Dröhnen in seinem Kopf und das Schallen in seinen Ohren wollten ihn vom Gegensätzlichen überzeugen.

Er kroch unter der Platte hervor, die den größten Teil des Gerölls von ihm fernhielt. Vorsichtig schob er kleine Steine beiseite, um sich seinen Weg in die Freiheit freizugraben, aber größere rollten an deren Stelle.

Seine Hand entschwand in die Freiheit. Er war nicht allzu tief eingegraben. Nach all dem Pech, den sein Leben heimgesucht hatte, zeigte sich nun ein Funken Glück.

»Ejahl«, hörte er eine Stimme außerhalb. In seinen Ohren klingelte es, sodass er nicht erkannte, zu wem sie gehörte.

Sein Gegenüber ergriff seine Hand und schob die Steine zur Seite, sodass er ihn aus dem Hohlraum ziehen konnte. »Schön, Euch am Leben zu sehen«, sagte Ciacas und lächelte ihm zu. Doch das Lächeln war weder unbeschwert noch locker, wie Ejahl es von dem jungen Mann gewöhnt war. Staub sammelte sich gepaart mit Blut in dessen Gesicht.

»Du lebst«, brachte Ejahl hervor, ehe ein Hustenanfall ihn schüttelte. Er spuckte Blut auf den Boden. »Ich habe dich gesucht.«

»Das war kaum zu überhören«, meinte Ciacas. »Und nur, weil ich Euch durch die Straßen brüllen hörte, habe ich aus dem Fenster geschaut und mich in Sicherheit gebracht ... in relative Sicherheit.«

Ejahl nickte nur schwach. Sein Blick schweifte über die Stadt, eher gesagt: das, was einst Kastolat gewesen war. Kaum ein Haus lag nicht in Trümmern, kaum eine Straße war nicht aufgebrochen und zeigte die klaffende Leere im Untergrund.

Eine Schlinge legte sich um seinen Hals und schnürte ihm die Luft ab, als er die Zerstörung um sich herum betrachtete. Das waren die Auswirkungen der Magierrevolution.

So viele Menschen waren in der Stadt gewesen und er dachte dabei nicht nur an seine Leute. Er dachte an all die Unschuldigen, die Kastolat gefangen hielt, seit der letzte Herzog verstorben war. Die Kinder, die er in den Waisenhäusern versucht hatte, zu unterstützen. Die Männer und Frauen, Menschen und Elfen, die auf der Straße bettelten, um zu überleben.

Wie viele waren umgekommen?

Durch das Klingeln in seinen Ohren drang schmerzerfülltes Stöhnen, Jammern, Klagen, Hilferufe.

Er schüttelte den Kopf, durfte den Massen, die hier begraben lagen, keine Gesichter geben. Erst musste er seine Leute finden, dann konnte er sich daran machen, andere zu retten und erst danach würde er anfangen, Verluste zu zählen.

Er konnte nicht jeden retten, er hatte es noch nie gekonnt.

»Was ist mit den anderen?«, fragte Ciacas und holte ihn damit aus seinen Gedanken.

»Ich habe sie aus der Stadt geschickt.« Ejahls Stimme klang in seinen eigenen Ohren fremd. Er hustete, aber der Staub in seinen Lungen blieb. »In das Anwesen der Kestrels. Geh du dorthin, ich muss hier noch etwas kontrollieren.«

Ciacas warf ihm einen Blick zu. »Geht es Euch gut?«

Ejahl schüttelte nur den Kopf, wiederholte aber: »Geh.« Und der Dieb gab seiner Anweisung nach.

Erst einige Minuten, nachdem Ciacas ihn verlassen hatte, löste sich Ejahl aus der Starre. Er durfte keinen Blick für das Leid um sich herum haben. Er durfte nicht. An diesem Tag musste er der Feldherr sein, dem der Anblick von Schlachten und Leichen nichts anhaben konnte. An diesem Tag musste er hinnehmen, dass es Verluste gab, dass die Trümmer um ihn herum keine Illusion, sondern bittere Realität waren.

The Tale of Greed and VirtueWo Geschichten leben. Entdecke jetzt