Die Weasleys im Hundezwinger

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Es herrschte Totenstille im Wohnzimmer, nur unterbrochen von einem leisen Gebrabbel von Klein-Ginny. Molly und Arthur saßen wieder mit offenen Mündern da und waren wie erstarrt. Sie wirkten, als hofften sie, dass irgendjemand "April, April!" rief, doch diesen Gefallen tat ihnen niemand.

Erst nach einer Minute fand Arthur seine Stimme wieder. "Ginny und Ron?", krächzte er und blickte abwechselnd zu seiner kleinen Tochter in den Armen seiner Frau und der erwachsenen Ginny, die ihm gegenübersaß. "Aber ... aber ... das kann nicht sein! Das ist lächerlich!!!"
"Ähnlich haben wir damals reagiert, als Harry uns eröffnete, dass er unser Sohn ist", sagte James. "Genauer gesagt haben wir sie ausgelacht. Aber es ist die Wahrheit."
Molly schaute noch immer ungläubig und wandte sich an Ginny. "Du willst mir also sagen, dass du meine kleine Tochter bist, die ich gerade im Arm halte? Und du" - sie deutete auf Ron - "bist unser kleiner einjähriger Sohn, der gerade oben spielt?" Die beiden konnten nur nicken.

"Das ist unmöglich!", flüsterte Arthur noch immer kopfschüttelnd. "Erzählt uns etwas, was nur unsere Kinder wissen können!"
Ginny atmete tief durch und setzte sich auf. "Also, ihr heißt Molly Elisabeth und Arthur Percival Weasley. Geburtsdaten und Vorfahren muss ich euch nicht vortragen, die könnte jeder wissen. Dagegen weiß wohl kaum jemand, dass die Fette Dame dir, Mum, einmal einen Vortrag gehalten hast, als du um vier Uhr morgens von einem Spaziergang mit Dad zurückkamst. Dad wurde vom Hausmeister Apollyon Pringle erwischt und trägt heute noch die Narben davon."
Arthur und Molly rissen überrascht die Augen auf und Ron fuhr mit Ginnys Erzählung fort. "Du, Dad, bist sehr von der Technik der Muggel begeistert und im Schuppen vor dem Fuchsbau hast du Unmengen an Batterien, Steckern und sonstigem Muggelzeug gelagert, was du auseinandernimmst, verzauberst und wieder zusammenbaust. So zum Beispiel einen Ford Anglia, den du mit Ausdehnungszaubern, einem Unsichtbarkeits-Servoantrieb und einem Flugmodus ausgestattet hast. Und dein größter Wunsch ist es, herauszufinden, wie Flugzeuge in der Luft bleiben." Er zog seinen Zauberstab, murmelte "Muffliato!" und schloss so die anderen aus, denn dies war sehr privat. "Dein Kosename für Mum ist 'Mollyröllchen'."

Seine Eltern starrten ihn noch immer fassungslos an, da kam ihm eine Idee. Er schob seinen linken Ärmel zurück und zeigte seine Armbanduhr. "Hier, Mum. Diese Uhr gehörte einmal deinem Bruder Gideon. Du hast sie mir zum siebzehnten Geburtstag geschenkt, weil ich ihm so ähnlich sehe. Und Harry hier hast du zu seinem siebzehnten die Uhr von Onkel Fabian geschenkt." Auch Harry präsentierte nun seine Uhr.
Nun konnten Arthur und Molly die Wahrheit nicht mehr länger verleugnen. Sie brauchten jedoch einige Minuten, um das Gehörte zu verarbeiten. "Ginny und Ron", stellte Molly schließlich fest. "Sind unsere anderen Kinder auch zurückgereist?" Harry schüttelte den Kopf. "Nein, nur wir vier. Beziehungsweise wir vier und Teddy, mein Patenkind."

Arthur nickte. "Wie ich sehe, seid ihr vier befreundet?"
"Mehr als das", bestätigte Ginny und deutete auf ihre und Harrys verschränkte Finger.
"Harry, Hermine und ich sind seit unserer ersten Klasse eng befreundet", erklärte Ron. "Und in den letzten Jahren ist zwischen Hermine und mir noch mehr daraus geworden. Und zwischen Harry und Ginny auch."
Arthur schien ein wenig erschüttert. "Mein kleines Mädchen hat einen Freund?"
Harry grinste. "Die Ginny, die ich kenne, ist schon lange nicht mehr klein. Sie ist volljährig und wenn sie richtig wütend ist, ist es ungefährlicher, einem Drachenweibchen das Gelege zu klauen als sich mit ihr anzulegen. Und genau dafür liebe ich sie." Ginny knuffte ihm in die Seite, war aber durch die letzten Worte besänftigt.
Etwas betäubt nickte Arthur. "Sag mal, ... Harry, richtig?", fiel nun Molly etwas ein. "Du bist also Lilys und James' Sohn?" Harry nickte. "Warum hast du dann von mir diese Uhr zu deinem siebzehnten Geburtstag bekommen und nicht von deinen Eltern?"
Harry atmete tief durch. "Weil sie tot waren. In unserer Vergangenheit oder der 'alternativen Vergangenheit', wie wir sie genannt haben, wurden meine Eltern an Halloween letzten Jahres von Voldemort überfallen und ermordet."

Harry sah, wie Arthur und Molly beim Klang dieses Namens zusammenzuckten, doch er sprach ungerührt weiter. "Durch unser Auftauchen konnten wir sie warnen und den Angriff abwehren und damit den Lauf der Geschichte entscheidend verändern." Wohl oder übel erzählten sie abwechselnd ihre gesamte Geschichte in der 'alternativen Vergangenheit', wenn auch in gekürzter Form. Molly und Arthur waren trotzdem entsetzt genug. Besonders erschüttert hatte sie verständlicher Weise Freds Tod bei der Schlacht von Hogwarts. Auf der anderen Seite waren sie auch sehr erleichtert, dass die Geschichte nun anders verlaufen würde. Sowohl Molly als auch Arthur platzten beinahe vor Stolz über die Leistungen und den Mut ihrer Kinder, sich Voldemort entgegenzustellen. Bei der Frage nach ihrem künftigen Werdegang war insbesondere Molly, aber auch Arthur unbedingt dafür, dass Ron und Ginny ihren UTZ-Abschluss in Hogwarts machen würden. Molly bestand auch darauf, in der kommenden Woche für Ron und Ginny die Ausrüstung für Hogwarts zu kaufen. So wollten sie in den nächsten Tagen gemeinsam in die Winkelgasse gehen, um sich auszurüsten.

Bald darauf kam Charlie die Treppe herunter und beschwerte sich, dass ihm langweilig sei. Von weiter oben hörte man eine empört klingende Kinderstimme.
"Nein, lasst das bleiben, Fred, George! Mum hat gesagt, das sollt ihr nicht tun." Fred und George ließen sich von Percys Gemecker aber nicht stören. Sie hatten einen Stuhl oben ans Treppengeländer gestellt, waren raufgeklettert und rutschten jetzt mit fröhlichem Geschrei auf dem Geländer die Treppe hinunter. Percy lief mit entrüstetem Gesicht hinterher. "Mum hat gesagt, das dürft ihr nicht!", wiederholte er.
Wieder konnte sich Harry ein Grinsen nicht verkneifen. Schon jetzt war Percy auf die Einhaltung von Regeln versessen, während sich die knapp vierjährigen Zwillinge nicht darum scherten. Lange musste sich Charlie nicht über die Langeweile beklagen, denn bald schon gab setzten sie sich zu Kaffee und Kuchen ins Ess- und ins Wohnzimmer. Fred, George, Percy, Charlie sowie Lily, James, Harry, Hermine und deren kleinere Ausgaben saßen im Wohnzimmer, der Rest saß im Esszimmer.

Als Percy einmal kurz auf die Toilette verschwand, gelang es Fred, unbemerkt ein Kuchenstück auf Percys Stuhl zu legen. Als dieser wiederkam, setzte er sich drauf und sprang mit einem lauten Schrei wieder auf. Fred und George kicherten fröhlich und auch Harry und James krümmten sich in lautlosem Lachen. Percy lief laut erbost aus dem Zimmer und kehrte kurze Zeit später mit Molly im Schlepptau zurück. Aus dem Esszimmer drang lautes Gelächter von Ginny, Ron und Sirius, Molly aber war überhaupt nicht amüsiert, sondern schimpfte die Zwillinge aus.
Nach dem Kaffee wollten Molly und Arthur sich gerne noch weiter mit Ginny und Ron unterhalten, andererseits wollten sie Sirius' Gastfreundschaft nicht zu lange in Anspruch nehmen. Als sie dies erwähnte, wischte Sirius den Einwand mit einer Handbewegung weg.
"Macht euch darum mal keine Sorgen. Ihr habt euch sicher viel zu erzählen. Bleibt einfach noch zum Abendessen."

Bill und Charlie waren dagegen nicht übermäßig an einer Unterhaltung mit diesen ihnen vollkommen unbekannten Leuten interessiert und auch im Spielzimmer im ersten Stock waren die meisten Sachen eher für Kleinkinder. Als Sirius vorschlug, sie könnten Quidditch spielen, leuchteten ihre Gesichter auf und nach einiger Überredungskunst war auch Molly damit einverstanden.
So zogen die beiden Jungs schnell ihre Winterumhänge an, ebenso zogen sich Harry, James, Remus und Sirius rasch um. Draußen war inzwischen der Schnee geschmolzen, nachdem die Temperatur die letzten Tage deutlich über null Grad gelegen hatte. Es spielten Harry, James und Charlie gegen Sirius, Remus und Bill. Charlie hatte eindeutig ein fliegerisches Talent, auch wenn er seine Qualität als Sucher im Spiel drei gegen drei nicht ausspielen konnte. Harry und Remus spielten jeweils den Hüter und gaben sich Mühe, wirklich gute Würfe von Bill bzw. Charlie auch mal reinzulassen. Tatsächlich hatte Bill schon mit seinen elf Jahren einen so starken Wurf, dass Harry an manche Bälle nicht drankam, selbst wenn er es versuchte.

Die Zeit verging mal wieder viel zu schnell und bald schon rief Lily sie zum Abendessen herein. Diesmal hatte sich Molly neben Fred und George platziert, um aufzupassen, dass sie keinen Unsinn machten. Nach dem Essen bedankten sich Molly und Arthur mehrfach für den schönen Nachmittag und die Einladung, umarmten Ginny und Ron lange und verschwanden dann zusammen mit ihren Kindern durch den Kamin zum Fuchsbau.

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