Take 2

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Zwei Wochen waren seit der unerwarteten viralen Aufmerksamkeit vergangen und Sam fand sich langsam wieder in seiner gewohnten Routine ein. An diesem kalten Novembermorgen kehrte er gerade von einer Führung zurück, bei der eine Schulklasse ihn fast ausschließlich über David Hill ausgefragt hatte, anstatt sich mit der Geschichte des Checkpoint Charlie zu befassen. Es schien, als könne sich niemand an die historischen Schönheiten Berlins erinnern, wenn sie stattdessen Geschichten über einen berühmten Schauspieler hören konnten. In der Firma angekommen, übergab ihm Achim, der noch immer ein wenig die mediale Aufregung genoss, ihm einen neuen Zeitplan für die kommenden Tage.

»Hier, dein Plan für die nächste Woche. Sieht so aus, als würden die Anfragen weniger«, erklärte Achim, während er auf die Liste mit den gebuchten Touren blickte. Tatsächlich war es merklich kälter geworden, und die sinkenden Temperaturen schienen auch das Interesse an Stadtführungen zu dämpfen. Sam erleichterte es einerseits, dass die permanente Aufmerksamkeit nachgelassen hatte, besorgte ihn aber auch ein wenig, denn das bedeutete auch etwas weniger Einkommen. Achim bemerkte Sams nachdenklichen Blick und fügte hinzu:

»Ach, und noch wat. Ick denke, du könntest Ende November zwei Wochen frei machen. Dat Jeschäft wird ohnehin ruhiger, und du hast dir eine Pause verdient«, Sam war überrascht, aber auch dankbar für das Angebot. Insgeheim plante er, die freie Zeit zu nutzen, um nach neuen Stellenangeboten zu suchen. Immerhin hatte ihm die Alte Nationalgalerie ein Praktikum im neuen Jahr in Aussicht gestellt, ein Schritt, der ihn seinem Traum, als Kurator zu arbeiten, näherbringen könnte. Von David hatte er seit ihrem letztem Austausch nichts mehr gehört. Er wusste lediglich, dass dieser wohl zurück in London war, seinem Instagram-Account nach zu urteilen. Sam war ihm gefolgt, nach der ganzen Sache mit dem Foto, und ertappte sich immer wieder dabei, wie er Davids Stories und Beiträge las.
Er verabschiedete sich von Achim und machte sich auf den Weg zum Hackeschen Markt. Dort war er mit seinem besten Freund Tim und dessen Verlobten Alex zum Lunch verabredet. Seit der viralen Geschichte mit David hatte er die beiden nicht mehr gesehen, da zu viel zu tun war. Nun aber wollten auch sie auf den neuesten Stand gebracht werden. Als er am vereinbarten Sushi-Restaurant ankam, winkten Tim und Alex ihm bereits von einem Tisch am Fenster aus zu. Die beiden sahen ausgelassen aus, und ihr Lachen war ansteckend. Sam spürte, wie sich seine Anspannung ein wenig löste, als er sich zu ihnen gesellte.

»Mensch, lange nicht gesehen, Sam! Du bist ja praktisch ein Promi jetzt«, scherzte Tim, während er Sam zur Begrüßung umarmte. Alex nickte zustimmend und fügte hinzu: »Ja, erzähl schon, wie fühlt es sich an, über Nacht berühmt zu werden?« Sam lächelte und schüttelte den Kopf.

»Es ist alles ziemlich surreal, ehrlich gesagt. Ich bin froh, dass jetzt alles ein bisschen ruhiger wird. Aber erzählt erst mal, was gibt's Neues bei euch?« Nachdem sie einander auf den neuesten Stand gebracht hatten, bestellten sie ihr Essen und das Gespräch kam unweigerlich wieder auf David Hill. Tim, der immer für Klatsch und Tratsch zu haben war, lehnte sich vor und flüsterte verschwörerisch: »Also, hat dieser berühmte Schauspieler noch Kontakt aufgenommen? Du musst zugeben, das wäre eine Story!« Sam zögerte einen Moment.

»Nein, seit er zurück in London ist, habe ich nichts mehr von ihm gehört. Aber das ist wohl auch besser so. Ich muss mich auf meine Arbeit und Zukunft konzentrieren und kann mich nicht von e-einem Flirt mit einem Filmstar ablenken lassen«, Alex lächelte verständnisvoll.

»Das klingt vernünftig, aber ein bisschen träumen ist doch erlaubt, oder?«

»War es denn ein Flirt?«, wollte Tim wissen und schob sich eine weitere Sushi-Rolle in den Mund. Sam hob die Schultern.

»Kein Schimmer. Es hat sich manchmal so angefühlt. Aber mal ehrlich ...«, Sam senkte die Stimme. »David Hill wird doch nicht schwul oder bi sein?!«, raunte er. Alex sah zwinkernd zu seinem Verlobten. Dieser nahm einen Schluck Wein und räusperte sich, während er feierlich sein Handy hervorholte und schnell durch seine gespeicherten Notizen scrollte.

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