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---------Matheos Sicht------------

Anna war der süßeste und energiegeladene Hund, der mir je begegnet war. Neben Susan, die die meiste Zeit schlief oder aß, war Anna sehr lebenslustig und schien jede Sekunde zu genießen. Ich liebte beide sehr. Es musste ein komisches Bild für den Orden gewesen sein, als der bedrohliche Sohn des dunklen Lords mit einem pinken Mini-Muff auf der Schulter in ihre Festung eingedrungen war.

Als Draco und ich uns völlig ausgepowert und erschöpft eben die Mädchen fallen ließen, ergriff Draco das Wort: „Na Mädels, was macht ihr so?" Pansy fing an zu grinsen: „Lyra war ganz damit beschäftigt, Matheo zuzusehen!" Sie schaute zwischen uns hin und her. Ich starrte Lyra an, und ihr Gesichtsausdruck war sehr genervt. „Was zum Teufel ist euer Problem?" In einem Schwung stand sie auf und setzte sich woanders hin. Wir sahen ihr irritiert nach; sonst ging sie mit solchen Andeutungen eigentlich anders um.

Nach ein paar Minuten stand sie abermals auf und ging in Richtung Anwesen. Ich sah Tränen in ihren Augen und wollte schon aufspringen und ihr hinterherlaufen, da zog Draco mich wieder runter: „Lass sie, sie braucht vielleicht etwas Zeit für sich!" Ich setzte mich wieder, und zwischen uns war Stille. Nach ein paar Minuten hielt ich es nicht mehr aus. Ich machte mir Sorgen; ich wollte nicht, dass Lyra mit diesem Schmerz, den ich schon selbst zu oft verspürt hatte, allein blieb.

Sie war in keinem der Zimmer, die man nicht Bad nannte. Ich fing an, an jede Badezimmer des verdammt großen Anwesens zu klopfen. In einem Bad im 2. Stock war die Tür nur angelehnt. „Lyra?" Als ich keine Antwort bekam, trat ich vorsichtig ein. Der Anblick, der sich mir bot, entsprang meinem größten Albtraum. Lyra lag auf dem Boden, ihr Arm umrandet von einer verdammt großen Blutlache. Auf dem Waschbecken lag ein Zettel, den ich ohne jeglichen Gedanken daran zu verschwenden einsteckte. In meinen Ohren begann es zu rauschen, und ich sank auf die Knie. Heiße Tränen begannen sich über meine Wangen zu stehlen.

Gedämpft nahm ich einen erstickten, aber lauten Schrei wahr, der, wie ich einige Sekunden später merkte, von mir stammte. Ich schluchzte und machte mir Vorwürfe. Warum hast du nicht auf sie aufgepasst? Du hättest ihr helfen können. Warum warst du so blind? Mein Herz brach in tausend Stücke, als ich die erstickten Aufschreie und nach Luft schnappenden meiner Freunde hörte, die wahrscheinlich von meinem Schrei angelockt worden waren. Pansy stürzte neben Lyra zu Boden und suchte nach irgendeinem Lebenszeichen von ihr. „SIE LEBT!" schrie sie nach ein paar Sekunden auf und sah vor Hysterie lachend mit tränenverschmiertem Gesicht zu uns.

Die Taubheit fiel sofort von mir ab, und ich sprang auf. „Theo, wir bringen sie ins St. Mungos! Blaise, hol Dumbledore! Draco, Pansy, macht hier sauber und kommt dann zu uns." Alle nickten, und Theo und ich hoben Lyra hoch und apparieren. Den Ärzten im St. Mungos fiel alles aus der Hand, als zwei Jungs mit einem Mädchen auf dem Arm eintraten und eine fette Blutspur hinter sich herzogen. Sofort kam ein Arzt auf uns zu. „Hallo, ich bin Doktor Turner und... was bei Merlins Bart ist passiert?" Er winkte ein paar Helfer zu sich, und die legten Lyra auf eine Liege und disapparierten mit einem Plop.

„Sie hat sich umgebracht!" erklärte Theo mit erstickter Stimme. „Danke, wir werden sie behandeln. Holen Sie sich die restlichen... gehen Sie einfach zu Susi!" sagte er und deutete auf eine junge Hexe, die hinterm Empfangstresen saß, und disapparierte auch. Wir traten zum Tresen, und sie lächelte uns an. „Sind Sie die Angehörigen der Hexe oder sind die auf dem Weg?" Sie schaute uns fragend an. „Nein, wir sind nicht die Angehörigen, aber die sollten jeden Moment eintreffen!" sagte ich, und sie deutete auf eine Tür. „Setzen Sie sich doch bitte ins Wartezimmer, und wenn die Angehörigen eingetroffen sind, schicken Sie sie bitte zu mir!" Wir nickten uns zu und setzten uns ins Wartezimmer.

Nach einer Weile stießen auch Pansy und Draco zu uns. Wir saßen nur da. Es herrschte tote Stille, bis auf das Schluchzen von Pansy an Dracos Schulter und meine Schritte auf dem hässlich grauen Laminatboden, auf dem ich durchs Wartezimmer tigerte. Von den hässlich grellen Neonlichtern und dem ekelerregenden Geruch nach Desinfektionsmittel bekam ich allmählich Kopfschmerzen.

Als die Tür aufging, folgten ihr sofort Blaise, dicht gefolgt von Dumbledore. „Wo ist Lyra?" fragte Blaise mit besorgtem Blick. „In Behandlung!" antwortete Draco und legte beruhigend einen Arm um Pansy. „Vorne sind Formulare, die von Angehörigen ausgefüllt werden müssen!" sagte ich mit zusammengebissenen Zähnen zu Dumbledore, der mich nur arrogant anschaute. „Ich sagte Ihnen schon einmal, du sollst dich von ihr fernhalten!" sagte Dumbledore an mich gewandt. „Wegen uns hat sie sich nicht umgebracht, du Bastard!" Ich starrte ihn immer noch hasserfüllt an und konnte meinen Vater in seinem Hass auf diesen Mann verstehen.

„Ich würde an Ihrer Stelle mehr auf Ihre Ausdrucksweise achten, Mr. Riddle!" sagte er nun förmlich, was mich nur rasender machte. Ich zeigte ihm den Finger und drehte mich weg. Mir fiel wieder der Zettel ein, und ich holte ihn aus meiner Tasche heraus. Mit zittrigen Fingern öffnete ich ihn. Die Worte ließen mir abermals Tränen in die Augen; es hörte sich wie ein Abschied an – es sollte auch einer sein, aber ich war entschlossen, dies nicht als ihre letzten Worte gelten zu lassen.

Nach einer Weile betrat Doktor Turner das Zimmer. „Sie wird sterben!" eröffnete er uns mit einem betretenen Gesichtsausdruck. Pansy brach wieder zusammen, und Draco setzte sich wieder mit ihr hin. Dumbledore ging an mir vorbei und drückte mir die Formulare in die Hand und disapparierte. Ich gab die Blätter dem Doktor und schaute ihn hoffnungsvoll an. „Dürfen wir zu ihr?" Er nickte, und ich drehte mich zu meinen Freunden. Sie sahen traurig aus, gebrochen, und Lyra durfte nicht sterben. Meine Tränen blieben aus, die Erschütterung auch, all das, was ich eigentlich fühlen sollte, aber ich fühlte mich einfach leer. „Sie liegt in Zimmer 205." Er ging wieder und ließ uns allein.

Out of ControlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt