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Lyras Sicht
Im Hogwarts-Express

Wir saßen in unserem Standardabteil, das die Slytherins, wie sie mir nach der vierten Klasse erzählt hatten, schon seit Jahr 1 benutzten. Blaise saß schon drinnen und starrte ins Leere. „Hi Blaise, schon was von Theos neuen Mini-Muffs gehört?" Ich ließ mich neben ihn sinken, und er grinste uns an. „Jaa, er hat 10!" Ich war perplex, genauso wie Matheo, der sich nun auf meine andere Seite setzte. „Das ist doch nicht sein Ernst?" „Doch, und er hat sie nach Muggelmärchenfiguren benannt!" In dem Moment kam Theo rein mit einer kleinen Tasche, die an seiner Hose hing. Auf seinem Kopf saß ein kristallblauer Mini-Muff und auf seiner Schulter ein gelber. Suan, die wie immer auf Matheos Schulter saß, rollte erfreut hin und her, endlich mal Gesellschaft zu bekommen. „Hallo Leute, darf ich euch Cinderella und Belle vorstellen?" Er deutete erst auf den blauen und dann auf den gelben Mini-Muff. Er grinste breit, und wir grinsten zurück, da wir echt keine Ahnung von den Märchen hatten, die er jetzt begann, uns zu erzählen. Zu jedem Märchen holte er den entsprechenden Mini-Muff aus seiner Tasche, die er mit einem Ausdehnungszauber belegt hatte. Blaise hatte nicht gescherzt, es waren tatsächlich 10 Mini-Muffs, und er berichtete uns begeistert davon, dass er in den Ferien unbedingt nach Mexiko musste, da er gehört hatte, dass es dort wohl welche in Mustern geben sollte. Der blaue hieß, wie schon erwähnt, Cinderella, aus einem Märchen, wo ein Mädchen von ihren Stiefgeschwistern und ihrer Mutter versklavt wurde und später durch einen Zauber den Prinzen abbekam. Belle war aus einem Märchen, wo ein buchbegeistertes Mädchen sich mit einem Biest anfreundete und ihn vor den Dorfbewohnern rettete. Nachher stellte sich dann heraus, dass auch dieser ein verfluchter Prinz gewesen war. Er hatte noch einen lila namens Rapunzel, einen rosafarbenen namens Aurora, einen grünen namens Tiana, einen orangenen namens Moana, einen roten namens Rotkäppchen, einen schwarzen namens Malefizent, einen weißen namens Charming und einen braunen namens Biest. Gerade als er das letzte Märchen über Rapunzel fertig erzählt hatte, stürmten Draco und Pansy sehr verspätet ins Abteil. „Hallo Leute..." Sie atmeten schnell und hektisch, als hätten sie einen Sprint hinter sich. „Oh nein," stöhnte Blaise auf, da Theo ansetzte, um alle Märchen nochmal zu erzählen. „Hättet ihr nicht etwas früher kommen können?" fragte Matheo lachend angesichts der Qual in Blaises Augen. Die halbe Fahrt unterhielten wir uns über nichtige Dinge, da sich keiner so recht traute, das wichtigste Thema von allen anzusprechen: unseren Auftrag. „Also, wie machen wir es?" fragte ich leise, und alle Blicke ruhten nun auf mir. Wir diskutierten immer wieder hin und her, da jeder eine eigene Strategie hatte und diese für die beste hielt. Ich hielt mich zurück und machte keine Vorschläge. Ich konnte immer noch nicht glauben, dass ich meinen eigenen Vater umbringen wollte. Die Einigung fiel am Ende auf eine Reihenfolge. Jeder durfte es einmal mit seiner Methode probieren. Danach war es totenstill in unserem Abteil, und jeder schien zu überlegen, wie er meinen Vater töten wollte. Ich spürte immer wieder besorgte Blicke auf mir ruhen, die ich einfach ignorierte. Ich brauchte und wollte kein Mitleid. Der alte Mann war nicht mein Vater, so hatte er sich auf alle Fälle nicht verhalten, also würde ich jemanden töten, der mich nicht mochte und den ich auch nicht übermäßig liebte.

Wir kamen wie immer spät in der Nacht an und machten uns auf den Weg zu den Kutschen, während die Erstklässler zu den Booten liefen. Dumbledore hielt wieder eine mordslangeweilige Ansprache und gab uns bekannt, dass wir einen neuen Lehrer für Zaubertränke hatten, da Snape nun Verteidigung gegen die dunklen Künste unterrichtete. Slughorn war ein dickerer, älterer Mann und lächelte uns wie ein Honigkuchenpferd an. Im Gemeinschaftsraum setzten wir uns auf die schwarzen Ledersofas, und Blaise holte eine Flasche teuren Feuerwhiskey raus. Wir waren alle nicht in bester Stimmung, da das Mal schmerzte und wirklich keiner von uns wirklich jemanden umbringen wollte. Daher war der Feuerwhiskey eine willkommene Abwechslung, die wir sofort am Schopf packten. Nachdem wir schon etwas angetrunken waren, fingen wir an, übel über unsere Familien, Lehrer und Mitschüler herzuziehen. Dann fragten wir uns, wann Professor Binns endlich merkte, dass er tot war, und malten uns die lustigsten Szenarien aus, in denen wir keine so unwichtigen Rollen hatten.

Am nächsten Morgen wachten wir alle sehr verkatert auf dem Sofa auf und beschlossen, dass wir den Tag heute ausfallen lassen würden, Schule hin oder her. „Ms. Parkinson, Mr. Riddle, Ms. Dumbledore, Mr. Zabini, Mr. Nott, Mr. Malfoy! Ich wurde heute von sämtlichen Ihrer heute unterrichtenden Professoren gefragt, warum Sie nicht da seien!" stürmte am Abend der wutentbrannte Snape in den Gemeinschaftsraum und sah uns mit vor Wut funkelnden Augen an. „Wir haben beschlossen, unseren Professoren einen freien Tag von dem Stress zu gönnen, den wir sonst immer mit Liebe verbreiten, Snape!" säuselte Theo, und wir lachten bellend los. „Finden Sie das etwa lustig??" fragte er immer noch zornig und bemerkte die leere Feuerwhiskey-Flasche, die auf dem Tisch stand. „Machen Sie sich das nächste Mal gefälligst einen Antikatertrank!" Er warf seinen Umhang zurück und stürmte wieder aus dem Raum. Wir lachten uns schlapp, während Blaise ihm noch hinterherrief: „Das tut aber weh, mit Kater zu brauen!" Wir gingen in unsere Schlafsäle und legten uns nun in unsere richtigen Betten. Ich kuschelte mich in die samtweichen Kissen, und schnell waren Pansy und ich eingeschlafen.

Am nächsten Morgen wachten wir ziemlich zeitig auf, zogen uns an und gingen mit den Jungs zum Frühstück. Snape schaute uns streng an, als wir eintraten. Das Essen schmeckte wie trockene Pappe, und ich bekam keinen Bissen herunter. Als wir zum Unterricht gingen, sprachen wir nicht miteinander. Allgemein sprachen wir seit der Erhebung zu Todessern kaum miteinander. Jeder musste auf seine Weise wissen, wie er damit umging. Die nächsten Tage machte jeder sein eigenes Ding, und das nächste Mal, dass wir wirklich wieder miteinander interagierten, war einige Wochen später, als ein Quidditchspiel zwischen Hufflepuff und Slytherin stattfand.

Out of ControlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt