Kapitel 3

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Die letzten Tage verliefen unspektakulär. Ich verstand mich mit allen gut, begleitete sie bei ihrem Training, aber mehr passierte auch nicht.

Also wirklich nicht.

Kenan war seit dem ersten Tag eher kühl. Ich schob es auf das anstrengende Training, aber die Enttäuschung saß tief. Der erste Tag mit ihm war so intensiv und voller kleiner unvergesslicher Momente, dass ich nachts immer noch wach liege und über ihn nachdenke. Ihn jeden Tag zu sehen, aber nicht mit ihm zu reden, machte die Sache um einiges schwerer. Es war wirklich eine Qual. Alles in mir sehnte sich nach ihm, aber er wirkte so...

...uninteressiert. Selbst wenn ich es eigentlich nicht wollte, verletzte es mich. Wir verstanden uns doch so gut? Was brachte ihn dazu, mich zu ignorieren?

Ich wartete jedes Mal sehnsüchtig darauf, dass er mir wieder anbietet, mit ihm zusammen am Tisch zu sitzen oder mich auf mein Zimmer zu begleiten, aber das war wohl Vergangenheit. Schade um unser Potenzial zusammen.

Wir hatten perfekt harmoniert. Ich verstehe mich wirklich mit allen gut, aber er war am Anfang mein sicherer Hafen, der mir jetzt fehlt. Er kennt alle schon und hat seine Freunde, aber ich bin noch alleine.

Aber na gut, was soll's. Mehr kann ich nicht machen.

Meine beste Freundin aus München, Aaliyah, meinte, dass ich mehr auf ihn zugehen sollte, weil er vielleicht denkt, dass ich kein Interesse hätte. Aber meine Angst, gekorbt zu werden, ist zu groß.

Ich kann mit Ablehnung nicht umgehen. Von Kenan diese Ablehnung zu erfahren, würde mich für mein Leben traumatisieren.

Hoffentlich meldet er sich bald mal wieder.

Da die türkische Nationalmannschaft Partner von Nike ist, haben die wichtigsten Spieler der Mannschaft, der Trainer und weitere Manager ein Abendessen mit den Vertretern von Nike.

Zu meinem Glück wurde ich gefragt, das Essen zu begleiten und Fotos für Social Media zu machen. Ich bin zwar Sportfotografin, aber warum eine zweite Person bezahlen, wenn man ja schon eine Fotografin eingestellt hat?

Laut den Bossen gibt es ja bestimmt keine Unterschiede.

Diese Logik werde ich nie verstehen, aber Geld regiert am Ende die Welt, nicht?

Da das Essen sehr schick ist, entschied ich mich dazu, ein wadenlanges, rückenfreies schwarzes Kleid anzuziehen und meine Haare zu locken. Als ich meinen Schmuck anzog und gerade mit meiner gepackten Tasche aus der Tür treten wollte, klopfte es. Ich lief zur Tür, verwundert, wer das sein könnte.

Die Tür flog auf, und ich hörte eine Männerstimme, die zu mir sagte: „Wow, çok güzel olmuşsun, Lidya." {Wow, du siehst sehr schön aus, Lidya.}

Vor mir stand Semih im Anzug, der etwas geschockt wirkte. „Teşekkürler, Semih, sen de çok kötü görünmüyorsun." {Dankeschön Semih, du siehst auch nicht schlecht aus.} Und gelogen habe ich mit diesem Satz nicht. Er sah wirklich gut aus.

„Seni almaya geldim. Son taksi bizim için aşağıda bekliyor." {Ich bin gekommen, um dich abzuholen. Das letzte Taxi wartet auf uns.} Ohne zu zögern packte ich die letzten Sachen zusammen und folgte ihm zum Taxi, das unten auf uns wartete.

Als er ‚bizim' bzw. ‚uns' meinte, bin ich davon ausgegangen, dass er nur uns beide meint, aber tatsächlich warteten Kenan und Arda schon am Taxi. Bei Kenans Anblick blieb mir für einen Moment die Luft weg. Er hatte einen beigen Anzug an, und sein weißes Hemd war oben etwas aufgeknöpft. Er hatte mich noch nicht gesehen.

Am Taxi angekommen, drehten sich Kenan und Arda zu uns. Während Arda eher desinteressiert wirkte, weiteten sich Kenans Augen für einen Moment, bevor er schnell wieder auf den Boden schaute. „Gençler, yakışıklı olmuşsunuz. Nike'ın en güzel seçeneği siz olmuşsunuz." {Jungs, ihr seht gut aus. Nike hat die beste Wahl getroffen.}

Bild von Dir - [Kenan Yildiz]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt