Kapitel 30

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Mein Herzschlag beruhigte sich erst, als ich die Clanwölfe vor der Tür Wache stehen sah. Ich betrat das Haus und ließ mich in einen Sessel sinken. Was zum Teufel ging hier vor sich? Wie konnte Setran am Leben sein? Natürlich war ich froh und dankbar, aber auch misstrauisch. Man kehrte nicht einfach so von den Toten zurück, zumindest nicht als Mensch. Meine Welt hatte sich in den letzten Wochen vollkommen auf den Kopf gestellt, und ich wusste nicht, ob ich Arsas davon erzählen sollte. Seufzend ließ ich mich tiefer in den Sessel sinken und lehnte den Kopf zurück.

„Hope?" Arsas' Stimme ließ mich zusammenzucken, und ich richtete mich hastig auf. Es ärgerte mich, wie schreckhaft ich geworden war.

„Habt ihr das Blut?" Meine Stimme klang erschöpft.

„Wir sind gerade dabei. Alles in Ordnung?" fragte er, zog einen Stuhl heran und setzte sich direkt vor mich.

„Ja!" erwiderte ich etwas zu hastig, was ihn nur noch verwirrter dreinschauen ließ.

„Wo warst du?" Obwohl seine Stimme fest klang, schwang eine Nuance von Sorge mit.

„Auf dem Markt. Ich habe mir ein paar Sachen angesehen." Das war nicht ganz gelogen, und das Treffen mit Setran würde ich vorerst für mich behalten.

Er hob mein Kinn an und zwang mich, ihn anzusehen. Dann legte er seine Stirn gegen meine, eine überraschende Geste. Seit wann hatten Arsas und ich eine Beziehung, die so viel Körperkontakt beinhaltete? Was war nur los mit mir, und warum störte es mich mittlerweile nicht mehr?

„Ich weiß, die letzten Tage waren anstrengend für dich. Wir bleiben diese Nacht hier, dann können wir uns richtig ausruhen. Was hältst du davon?" fragte er, und es überraschte mich, dass er nach meiner Meinung fragte. Er hätte es ebenso gut einfach entscheiden können.

„In Ordnung", antwortete ich schließlich und bemerkte, wie Arsas an mir roch. Plötzlich verspannte sich sein Körper, und ich spürte, wie mein Herz schneller schlug. Wusste er es? Wusste er von Setran? Nein, das konnte er nicht. Ich wurde langsam wirklich panisch; früher war ich selten aus der Ruhe zu bringen. Erneut packte er mein Kinn und zwang mich, ihn anzusehen. Unter seinem intensiven Blick wurde mir mulmig, und ich fragte ihn:

„Was ist los?"

„Du riechst anders", sagte er und spannte sein Kiefer an.

„Hör auf damit! Weißt du, dass es ein perverses Verhalten ist, an jemandem zu riechen?" Ich hoffte inständig, dass er keine Schuldgefühle aus meiner Stimme heraushörte. Denn diese hatte ich. Ich war so im Zwiespalt. Arsas würde Setran doch nicht einfach umbringen, oder? Aber andererseits, war es nicht seine Entscheidung? Schließlich war er ein Clanwolf. Als er meinen Namen flüsterte, überlief mich eine Welle von Gänsehaut, und ich konnte mich nicht von seinen Augen lösen. Als er mir über die Lippen strich, wurde die Situation nicht besser. Als mir klar wurde, dass er mich küssen wollte, öffneten sich meine Lippen automatisch. Was sollte das? Hör auf, zieh dich zurück, tu es nicht! Mein Gehirn schrie mich an, doch es war zu spät. Unsere Lippen berührten sich bereits sanft. Ich erwiderte seinen Kuss, und so plötzlich wie es gekommen war, war es auch schon wieder vorbei. Arsas zog sich zurück und lächelte mich an. Sein Lächeln war so... herzerwärmend.

„Na los, lass uns ein wenig spazieren gehen", schlug er vor und nahm ohne auf meine Zustimmung zu warten, meine Hand. Wir gingen Hand in Hand nach draußen. Doch als wir uns den Narmanen näherten, entzog ich mich seinem Griff. Er sagte nichts dazu, und wir blieben an dem Schmuckstand stehen, an dem ich zuvor schon gewesen war. Arsas sah sich interessiert um und nahm genau die Kette in die Hand, die mir auch aufgefallen war. Auf der Kette war das Abbild einer Sonne und eines Mondes, die ineinander verschlungen waren. Sie war wirklich schön.

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