Kapitel 35

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„Was sind sie?", fragte Amelia beinahe angewidert.

Ich, Arsas und Amelia standen vor den Gittern des Kerkers. Die Gestalten hinter den Gittern warfen sich immer wieder dagegen, ihre Augen schwarz, ihre Zähne lang und scharf. Auf Amelias Frage konnte ich keine Antwort geben, denn ich wusste es selbst nicht. Waren Setrans Zähne so scharf gewesen? Oder hatte ich es einfach übersehen?

„Keine Ahnung, aber menschlich verhalten sie sich nicht", sagte Arsas und warf mir einen kurzen Blick zu. War Setran nach dem Erwachen auch so gewesen? Die Wesen hinter den Gittern schienen jegliche Menschlichkeit verloren zu haben. Sie knurrten unaufhörlich und warfen sich mit solcher Wucht gegen die Gitterstäbe, dass es erschreckend war.

Als einer der infizierten Narmanen die Hand durch die Gitterstäbe streckte, um Arsas anzugreifen, fiel mir auf, dass keiner von ihnen mich ansah. Sie konzentrierten sich nur auf die beiden Wölfe, als wäre ich von keiner Bedeutung.

Wir ließen die Infizierten im Kerker zurück und machten uns auf den Weg zurück zum Haus. Arsas befahl zwei Clanwölfen, sicherzustellen, dass keines dieser Wesen den Kerker verlassen konnte – egal um welchen Preis.

Während Amelia in die Küche ging, um zu kochen, zog ich mich in mein Zimmer zurück, um das wenige Hab und Gut, das ich besaß, einzupacken. Als ich später wieder zu Amelia in die Küche ging, sah ich sie summend das Essen zubereiten. Nein, Amelia war keine Mörderin. Der Hass, den ich jahrelang auf die Wölfe gehegt hatte, begann von mir abzufallen. Ich hatte so viel Energie darauf verschwendet, alle Wölfe zu hassen, ohne jemals wirklich darüber nachzudenken. Jetzt war ich mit einer Wölfin befreundet, und ein Clanwolf konnte die Finger nicht von mir lassen – und das gefiel mir sogar. Wie verrückt das alles war.

Amelia drehte sich zu mir um und trocknete ihre Hände, während sie mich lächelnd ansah. Ich ging einfach auf sie zu und nahm sie in die Arme. Obwohl sie verwirrt war, erwiderte sie die Umarmung.

„Ich werde gehen, Amelia."

„Was? Wie meinst du das? Wohin willst du?", fragte sie, und ich sah die Panik in ihren Augen. Es war, als fürchtete sie, mich nie wiederzusehen.

„Was ich dir jetzt erzähle, bleibt unter uns, in Ordnung?" Sie nickte, und wir setzten uns an den Tisch. Ich erklärte ihr, was ich Arsas gesagt hatte: Dass ich gehen und Setran zurückholen musste. Nachdem ich zu Ende gesprochen hatte, stand sie plötzlich auf, und ich sah sie fragend an.

„Nun gut, dann packe ich schnell auch meine Sachen." Ich lächelte sie dankbar an, hielt sie jedoch davon ab, die Küche zu verlassen.

„Nein, du bleibst hier. Ich muss das alleine machen."

„Auf keinen Fall! Ich gehe dorthin, wo du hingehst."

„Amelia, das kannst du nicht", versuchte ich weiterhin, sie zu überzeugen.

„Wieso nicht? Allein ist es zu gefährlich. Ich bin immer noch ein Wolf, und auch wenn ich nicht so gut kämpfen kann wie du, werde ich schon ein paar Kehlen erwischen... nehme ich stark an... nun ja, hoffe ich zumindest. Ach egal, ich werde es versuchen!"

„Ja, das würdest du tun, und ich bin stolz darauf, eine so starke Wölfin an meiner Seite zu haben, aber das muss ich alleine durchstehen."

„Das gefällt mir nicht, es fühlt sich an, als würde ich dich nie wiedersehen." Kaum hatte sie das gesagt, bildeten sich Tränen in ihren Augen.

„Amelia, nein, das stimmt nicht. Wir werden uns wiedersehen, das verspreche ich dir. Aber ich muss wirklich alleine gehen. In der Zwischenzeit passt du auf meinen Clanwolf auf, in Ordnung?"

„Deinen Clanwolf? Du meinst..." Verwirrt wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht, und als ich lächelnd nickte, sprang sie jubelnd auf mich zu. Beinahe wären wir zu Boden gestürzt.

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