Kapitel 15

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Als ich durch das Tor trat, war ich überrascht. Ich wusste nicht genau, was ich hier zu sehen erwartet hatte, doch das, was ich vorfand, entsprach definitiv nicht dem Bild, das ich mir jahrelang ausgemalt hatte. Überall sah ich Wölfe in Menschengestalt. Ich hatte gedacht, dass sie, wenn sie unter sich sind, in ihrer tierischen Form herumwandeln würden, und nicht so. Ich folgte dem Wolf vor mir und sah mich weiter um. Doch ich war nicht die Einzige, die überrascht war; die Wölfe um mich herum schienen ebenfalls nicht erwartet zu haben, heute einen Menschen zu sehen. Als ich Kinderlachen hörte, blieb ich stehen und blickte in die Richtung, aus der es kam. Die Kinder spielten Fangen, lachten und sahen glücklich aus. Sie sahen aus wie... Kinder. Ein Mädchen, kaum älter als zehn, blieb stehen und starrte mich an. Sie lächelte, und ich wusste nicht, warum ich diese Situation als seltsam empfand. Ja, im Moment sah sie aus wie ein unschuldiges Mädchen, doch ich wusste genau, dass sie, wenn sie sich verwandelte, ein Monster war.

"Weiter!", befahl der Wolf, der mich draußen angegriffen hatte, schubste mich nach vorne und ich bewegte mich vorwärts. Das Mädchen winkte mir weiterhin lächelnd zu, bevor es zu den anderen Kindern lief. Wir durchquerten einen Eingang, der wie ein kleiner Hof aussah. In der Mitte des Hofes stand ein Brunnen, und drumherum saßen Jugendliche, die sich lachend unterhielten. In mir stieg Wut auf, nicht nur wegen ihnen, sondern auch wegen ihrer Sorglosigkeit, während wir tagtäglich um unser Leben kämpfen mussten.

"Na los, beweg dich!", knurrte der Wolf hinter mir erneut. Ich blieb stehen und drehte mich zu ihm um.

"Wenn du mich noch einmal anfasst, breche ich dir die Nase!", knurrte ich, doch er lachte nur. Die anderen stimmten in sein Lachen ein.

"Ach ja?", sagte er grinsend zu seinen Freunden, bevor er mich erneut anfasste. In einer schnellen Bewegung hob ich meine Faust und schlug ihm mitten ins Gesicht. Als ich das Knacken hörte und er sich schmerzvoll die blutende Nase hielt, wurde es plötzlich still um uns herum. Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Doch die anderen Wölfe blieben nicht untätig. Ich wurde an den Haaren gepackt, und jemand legte mir ein Messer an den Hals. Der Wolf, dem ich die Nase gebrochen hatte, kam knurrend auf mich zu. Er stieß den anderen Wolf weg und packte mich am Hals. Er drückte so fest zu, dass ich keine Luft mehr bekam.

"Hör auf, Tey!", knurrte einer der anderen und versuchte, ihn von mir wegzuziehen. Doch sein Griff wurde immer fester, und ich sah langsam Sterne. In dem Moment, als ich dachte, er würde mir das Genick brechen, hörte ich eine vertraute Stimme.

"Hör auf!", schrie Arsas, kam auf uns zu und packte den Wolf, der anscheinend Tey hieß, am Hals und schleuderte ihn zu Boden. Tey beging einen Fehler: Er stand wütend auf und baute sich vor Arsas auf, der ihn knurrend warnte. Ich schnappte währenddessen nach Luft, so viel ich konnte. Noch ein wenig mehr Druck, und er hätte mir das Genick gebrochen. Das nannte ich, einen perfekten Zeitpunkt. Die beiden Wölfe sahen sich an, schließlich gab Tey nach, wischte sich das Blut von der Nase und stürmte wütend davon. Arsas drehte sich um und gab den anderen ein Zeichen, dass sie sich entfernen sollten. Erst dann sah er mich an. Er sagte nichts, schüttelte nur den Kopf, als hätte ich etwas Ungezogenes getan.

"Musste das sein, Hope?" fragte er schließlich.

"Ich habe ihn gewarnt, er hat es trotzdem getan, also trifft mich keine Schuld!" Ich hustete stark und fasste mir an den immer noch schmerzenden Hals.

"Wenn ich nicht zufällig gekommen wäre, wärst du jetzt tot!", sagte er diesmal wütend. "Na los, komm mit. Zu viele neugierige Augen." Er ging voraus, und ich folgte ihm ins Schloss und weiter hinauf in eines der Zimmer. Auf dem Weg starrten mich die Wölfe an.

"Bin ich eigentlich der einzige Mensch hier, oder warum sehen mich alle so an?!"

"Ja, du bist der einzige Mensch hier. Es ist verboten, dass Menschen die Mauer durchqueren, außer sie werden gerufen und es ist lange her, dass es passiert ist."

HopeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt