Kapitel 18

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Als wir das Zimmer betraten, riss ich mich genervt aus Arsas' Griff los. Es ging mir zunehmend auf die Nerven, dass er mich ständig anfassen musste. Als ich meinen Rucksack und mein Messer auf dem Tisch sah, atmete ich erleichtert auf. Sofort überprüfte ich den Inhalt, um sicherzustellen, dass nichts fehlte.

„Keine Sorge, nichts wurde gestohlen", sagte Arsas, den ich ignorierte. Ich bemerkte, wie er sich aufs Sofa setzte und drehte mich mit verschränkten Armen zu ihm um. „Aber eines interessiert mich: Warum trägst du Oras' Zähne mit dir herum?"

Das ging ihn eigentlich nichts an, trotzdem verspürte ich das Bedürfnis, mich zu rechtfertigen. „Ich tausche sie in der Stadt gegen Vorräte ein."

„Das ist trotzdem ekelhaft."

„Mir ist deine Meinung egal! Es überrascht mich nicht, dass du so denkst; woher solltest du auch wissen, wie es sich anfühlt, drei Tage nichts zu essen?"

„Das war doch nur eine Bemerkung. Warum musst du immer alles als Beleidigung auffassen?" Er schien wirklich zu glauben, dass ich über reagiere. Ich steckte das Messer in die Scheide an meinem Bein und ging langsam auf ihn zu.

„Also, was sind diese Dinger? Seit wann gibt es sie? Woher kommen sie, und wie ist es möglich, dass Wölfe sich infizieren?"

„Du bekommst die Antworten auf deine Fragen, aber zuerst solltest du etwas essen, dich ausruhen und ganz wichtig... dich waschen. Du stinkst!"

Beleidigt schnupperte ich unauffällig an mir. Musste er das so direkt sagen? Kein Wunder, ich war lange unterwegs gewesen und hatte mich beeilt, hierher zu kommen, ohne nach einem Wasserfall Ausschau zu halten.

„Du kannst mir die Antworten auch so geben, und wenn ich wirklich stinken sollte, warum riechst du dann ständig an mir? Das ist doch pervers!"

Er zuckte grinsend mit den Schultern und strich sich müde über das Gesicht, dann stand er auf und ging Richtung Tür.

„Moment, was soll das?!" Wollte er wirklich jetzt gehen?

„Ich habe noch etwas zu erledigen. Wenn ich zurückkomme, bekommst du deine Antworten. Verlass das Zimmer nicht, jemand wird dir Essen und Wasser bringen." Damit verließ er einfach das Zimmer und ließ mich allein zurück. Einige Minuten stand ich ratlos mitten im Raum, bevor ich mich schließlich aufs Bett legte. Ich war wirklich müde und der Schlaf würde mich stärken, also schloss ich die Augen.

***

Ein Geräusch ließ mich vom Bett aufschrecken. Eine fremde Frau stand vor der Tür. „Verzeiht, ich wollte euch nicht erschrecken", sagte sie panisch, als hätte sie etwas falsch gemacht.

„Wer bist du?" fragte ich das Mädchen, das bestimmt zehn Jahre jünger war als ich. Ihre braunen Haare hatte sie zu einem Zopf gebunden, und sie trug ein schlichtes braunes Kleid. Ihre haselnussbraunen Augen flackerten unsicher hin und her, ohne mich einmal direkt anzusehen.

„Arsas hat mich geschickt, damit ihr etwas zu essen habt und euch waschen könnt."

„Wie heißt du?"

„Amelia."

„Amelia, könntest du mich ansehen, wenn du mit mir sprichst?"

„Verzeiht mir", sagte sie leise und sah mich unsicher an. Sie stellte das Tablett mit dem Essen auf den Esstisch und sah mich erneut mit ihren rehbraunen Augen an.

„Soll ich euch beim Baden helfen?"

„Nein danke, das schaffe ich allein."

Sie nickte und ging dann hinaus, ohne mich noch einmal anzusehen. Ich schaute zum Tisch, und mein Magen knurrte. Viel Obst und Fleisch lagen auf den Tellern. Ich konnte mich nicht erinnern, wann ich zuletzt so richtig satt geworden war. Da ich hier ohnehin gefangen war, konnte ich ebenso gut etwas essen. Außerdem musste ich Kräfte sammeln, um im richtigen Moment zu fliehen.

Ich griff nach einem Apfel und biss genüsslich hinein. Als mir mein eigener Geruch in die Nase stieg, ekelte ich mich vor mir selbst. Arsas hatte wirklich recht gehabt. Doch warum hatte er trotzdem an mir gerochen? Was für ein Perversling! Ich legte den Apfel zurück und ging ins Badezimmer. Amelia hatte anscheinend das Bad eingelassen, während ich schlief. Sobald ich im Wasser lag, schloss ich die Augen. Es war angenehm, einmal nicht mit kaltem Wasser zu baden, obwohl sich mein Körper daran gewöhnt hatte. Ich sah zu meiner Schulter und nahm den Verband ab. Die Wunde war noch nicht verheilt, aber zum Glück hatte sich die Entzündung vorerst zurückgezogen. Vorsichtig reinigte ich die Wunde und biss die Zähne zusammen, um keinen Laut des Schmerzes von mir zu geben. Ich tauchte unter und schloss die Augen. Es war wirklich ein schönes Gefühl. Ich wusste nicht wie lang ich da so lang, als ich plötzlich etwas spürte öffnete ich unter Wasser die Augen.  Ein Schatten!  So schnell ich konnte, setzte ich mich auf und verschluckte dabei Wasser, was die Situation nicht besser machte. Es dauerte eine Weile, bis meine Sicht wieder klar wurde. Ich sah Arsas und erlebte den zweiten Schock. Ich saß vollkommen nackt in der Wanne, und dieser Kerl tat so, als wäre es das Normalste der Welt.

„Geh raus!" schrie ich ihn an und versuchte, mich so gut es ging zu bedecken.

„Du bist nicht die erste Frau, die ich nackt sehe, Hope", grinste er und hatte tatsächlich die Dreistigkeit, mich zu mustern.

„Raus hier, sonst bringe ich dich um!" schrie ich weiterhin, unfassbar, dass er sich noch Zeit ließ, bis er lachend das Badezimmer verließ. Ich suchte nach einem Handtuch und fand zum Glück eines. So gut es ging, bedeckte ich mich damit und ging wütend zu Arsas, der es sich auf dem Sofa bequem gemacht hatte und genüsslich meinen Apfel aß.

„Was sollte das vorhin? Hast du nicht gemerkt, dass ich bade?" knurrte ich ihn an und stellte mich dicht vor ihn. Doch er zuckte nur mit den Schultern.

„Doch, aber ich wollte die Gelegenheit nicht verpassen, deinen wunderschönen Körper zu sehen." Er grinste und warf den Apfel weg, während ich fassungslos dastand. Mein wunderschöner Körper?!

„Obwohl ich sagen muss, dass alles an dir wunderschön ist", flüsterte er und strich mir die nassen Haare aus dem Gesicht. Ich wusste, dass ich seine Hand hätte wegschlagen und ihm eine verpassen sollen, doch der Schock saß tief. Nachdem sich mein Herzschlag beruhigt hatte, sah ich wütend zu ihm auf. 

„Ich schwöre dir, Arsas, wenn du mich noch einmal anfasst, breche ich dir die Nase erneut!" Er lachte nur, zog jedoch seine Hand zurück.

„Zieh dich an, wir machen einen kleinen Spaziergang."

„Wohin?"

„Wir drehen eine Runde, damit jeder sieht, dass du mir gehörst."

„Wie bitte? Ich gehöre dir nicht, du Arschloch!"

„Nun, es ist egal, was du denkst, Hope. Damit so etwas wie mit Tey nicht noch einmal passiert, muss jeder mich mit dir sehen. Du willst doch auch raus, oder?"

So ein Mistkerl! Natürlich wusste er, dass ich den Verstand verlieren würde, wenn ich hier eingesperrt bliebe. Wortlos wollte ich meine Sachen nehmen, doch er hielt mich davon ab.

„Nein, nicht diese alten Sachen. Amelia hat dir neue gebracht, zieh die an."

Auf dem Sofa lag ein schwarzes, langärmliges Kleid. Meinte er das ernst? Ich würde doch niemals ein Kleid anziehen. Aber mein Wohlbefinden hing wohl oder übel von diesem Kerl ab, also nahm ich die Sachen genervt auf und knallte die Badezimmertür absichtlich zu.

Ich musste die Messerscheide wohl oder übel um meinen nackten Oberschenkel binden, was nicht wirklich angenehm war. Trotzdem würde ich das Zimmer nicht ohne mein Messer verlassen. Ich ließ meine Haare offen und trat aus dem Badezimmer. Dieses Arschloch hatte echt die Nerven, mich von oben bis unten zu mustern. 

HopeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt