Kapitel 24

128 10 0
                                    

„Alles wäre einfacher, wenn wir Narmanenblut hätten." Das Leuchten in seinen Augen gefiel mir ganz und gar nicht.

„Moment mal, ja, wenn du damit andeutest, den Narmanen etwas anzutun, dann..."

„Sei nicht albern. Ich will nur ein bisschen Blut."

„Dann komme ich mit dir mit." 

„Wieso sollte ich dem zustimmen, Hope?"

„Darf ich dich daran erinnern, dass ein Clanwolf herumläuft, der mich tot sehen will?! Willst du wirklich mein Blut an deinen Händen haben, Clanwolf?"

„Er weiß, dass er dir nichts antun darf. Das habe ich ihm klar und deutlich gezeigt."

„Nun ja, würdest du dem auch wirklich vertrauen?" Ich jedenfalls tat es definitiv nicht.

Kurz fluchte er laut und sah mich erneut tadelnd an. „Weißt du, alles wäre einfacher, wenn du aufhören würdest, Clanwölfen zu drohen!"

Ich zuckte unschuldig mit den Schultern und stemmte die Hände in die Hüften, sah ihn abwartend an. Schließlich nickte er und musterte mich von oben bis unten, blieb schließlich an meinen Haaren hängen.

„Deine Haare sehen schön aus, lassen dich noch wilder aussehen."

„Noch wilder?!" Doch er grinste nur. In dem Moment fiel mir etwas auf. Ich griff zu meinem Zopf und stellte fest, dass die Blume nicht mehr dort war.

„Verdammt, die Blume muss im Kampf runtergefallen sein. Verfluchter Tey!"

„Was für eine Blume?"

„Die Blume, die mir Tarnelia geschenkt hatte. Jetzt wird sie sich bestimmt auf die Suche nach einer neuen machen." Wütend schüttelte ich den Kopf, hielt jedoch inne, als Arsas mich komisch ansah. „Was?!"

„Du verbringst sehr viel Zeit mit Amelia und Tarnelia. Du magst die beiden."

„Mein Herz besteht nicht aus Stein, Arsas!"

„Mich überrascht es, dass du überhaupt eines besitzt." Er grinste mich an, und ich hätte ihm so gerne eine verpasst. 

„Du kannst mich mal, Clanwolf!"

Er stand so plötzlich vor mir, dass ich einen kurzen erschrockenen Laut von mir gab.

„Gerne, Menschen-Frau. Du musst mir nur sagen, wann. Ich kann jederzeit, wenn es um dich geht." Flüsterte er und strich mir über das Gesicht. Schon wieder waren wir in so einer Situation.

„Geh und zeug mit einer anderen, Seltanen Misgeburten!"

„Aua!" kam es gespielt verletzt von ihm, doch dann wurde er ernst. „Wieso, Hope? Wieso hast du dich so für Amelia eingesetzt?"

„Sie hat so einen wie Tey nicht verdient. Er schlägt sie, Arsas, und wahrscheinlich auch..." Bei dem Gedanken, dass seine dreckigen Hände sich auf die unschuldige Amelia legten, kochte erneut die Wut in mir. „Es ist nicht leicht für ein Mädchen, das keine Eltern oder Familie hat. Ich kenne das und Amelia hat etwas Besseres verdient als diesen Arschloch." Ich würde nicht zulassen, dass er sie noch einmal anfasste; ich konnte es einfach nicht.

„Ich verstehe. Ich werde persönlich dafür sorgen, dass Tey die Finger von ihr lässt."

Verwundert sah ich zu ihm auf und nickte dankend. Er hatte schöne Augen, das musste ich zugeben. Aber natürlich würde ich das niemals laut sagen, niemals!

„Was jetzt?" fragte ich kaum mehr als ein Flüstern, und es machte mich wahnsinnig, dass ich in seiner Nähe mittlerweile so war.

„Wir gehen morgen kurz vor Sonnenaufgang los. Bis dahin haben wir noch ein bisschen Zeit." Kam es genau so flüsternd aus seinem Mund.

„Wofür?"

Er gab mir darauf keine Antwort. Stattdessen ging er zu einem Schrank, holte eine grüne Salbe heraus und schmierte sie auf meine Schulter und meinen Nacken.

„Was ist das, Arsas?"

„Das wird deine Muskeln kühlen. Für eine gewisse Zeit wirst du keine Schmerzen spüren. Na los, komm."

„Wohin gehen wir?!"

„Du hast doch gesagt, du willst etwas töten." Damit ging er grinsend los, und ich folgte ihm verwirrt.

****

Die Arena, umgeben von Stahldrähten, wirkte wie ein düsterer Gefängnisraum. Die hohen Drähte sollten verhindern, dass jemand entkam. Die Stahltüren, die in regelmäßigen Abständen positioniert waren, deuteten darauf hin, dass sich etwas gefährliches dahinter befand. 

Arsas trat zu mir und reichte mir einen kunstvoll verzierten Dolch. „Für dich. Da du gut mit Messern umgehen kannst."

Ich nahm den Dolch unsicher in die Hand. Die Verzierung auf dem Schaft, die einen Wolf darstellte, war beeindruckend, und das Messer lag perfekt in meiner Hand. „Und was soll ich damit machen?" fragte ich, immer noch unsicher.

„Töten!" erwiderte Arsas entschlossen.

„Dich?" grinste ich ihn herausfordernd an, was ihn amüsierte.

„Nicht mal in deinen Träumen könntest du das, Menschen-Frau."

„Wollen wir wetten?" Ich machte einen Schritt auf ihn zu, und sein Lächeln vertiefte sich.

„Was hatte ich dir über das Drohen von Clanwölfen gesagt? Ich werde mich dir ein anderes Mal stellen. Heute musst du Oras töten."

Verwirrt blickte ich zu den Stahltüren.  Arsas schien meine Verwirrung amüsant zu finden und erklärte mir die Situation.

„Hinter jeder Tür verbirgt sich ein Oras oder ein Saws. Du kämpfst jedoch nur gegen Oras. Ich werde hinter dir stehen und dir zur Hilfe eilen, sollte ich sehen, dass du Schwierigkeiten hast."

„Tzz." Mein Ego machte sich bemerkbar. Trotz der kleinen Wut, die ich empfand, weil die Wölfe diese Kreaturen wie Spielzeuge behandelten, während ich tagtäglich um mein überleben gekämpft hatte, verflog die Wut, und die Aufregung trat in den Vordergrund. Ich hatte lange nicht richtig gekämpft. 

Ich ging in die Mitte der Arena und warf einen Blick zu Arsas, der sich entspannt an die Gitter lehnte, die Arme verschränkt. Für ihn waren Oras wahrscheinlich kein großes Problem, aber für mich schon. Dennoch wollte ich es versuchen. Ich nickte ihm zu und konzentrierte mich dann auf die erste Stahltür, die sich langsam öffnete.

„Noch eines, Hope: Ein Oras kann dich innerhalb von Sekunden in zwei Hälften teilen. Nimm die Sache also ernst!" rief Arsas hinter mir, doch ich ignorierte ihn. Ich wusste, worauf ich mich einließ.

Zuerst hörte ich das widerliche Stöhnen, dann trat das Monster aus der Tür. Mit blutroten Augen starrte es mich an. Es fletschte die Zähne, und ich konnte ein unwillkürliches Grinsen nicht unterdrücken.

„Na los, du Mistgeburt!" schrie ich und stürmte auf das Monster zu, bereit für den Kampf. Der Oras erwiderte den Schrei, und der Kampf begann.

HopeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt