Freunde?

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Jaenelle

Wir trafen uns dann tatsächlich am Nachmittag im Cafe Sonnenschein. Und was soll ich sagen, ich hatte soviel Spaß, wie schon lange nicht mehr. Mathias und sein gebrochenes Deutsch – das war total niedlich. Wie versprochen verbesserte ich ihn oft. Aber ich glaube, er hatte trotzdem auch Spaß. Wir unterhielten uns über alles Mögliche, angefangen bei Kindergeschichten und aufgehört bei Neu in Berlin. Die Zeit verflog wie nichts und wir verabredeten uns erneut für den übernächsten Tag. Erst Joggen, dann reden. Und ich freute mich schon total darauf.

Diesmal blieben wir einfach an „unserer" Parkbank zum Reden. Das Joggen war ok gewesen, ich glaube Mathias hatte es nicht ganz so gefordert – er war schon supersportlich. Das war es dann auch, was ich als erstes ansprach. „Ich glaube, ich bin zu langsam für Dich." „Ach – das schon ok, laufe nicht gerne allein" grinste er mich an. Oh, dieses Grinsen, wenn es seine Augen erreichte, dann hatte ich mehr als Schmetterlinge im Bauch. „Machst Du sonst noch Sport, außer Joggen?" Sein Grinsen verschwand augenblicklich. „Können reden über anderes?" sagte er beinahe schon schroff. „Ja – klar, wenn Du das nicht willst, ist das ok für mich." Ein knappes „Gut" war alles als Antwort. Puh – da lag ganz bestimmt was im Argen – aber wenn er nicht darüber reden wollte, dann eben nicht. Punkt. Ich hätte auch keine Lust mit ihm über Tim zu reden. Und dann kam der nächste Hammer: „Kann ich ehrlich sagen?" „Du kannst mir immer alles ehrlich sagen." „Habe Freundin.... In Dänemark." Ich glaube mein Herz setzte in dem Moment aus. Aber ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen. „Ah – OK..." „Das nichts mit uns – wir laufen und reden, ja?" Was sollte ich denn jetzt dazu sagen? Ich entschloss mich für ein bisschen Halbwahrheit: „Ja – wir laufen zusammen und ich helfe Dir weiter beim Deutschlernen – das ist alles." Um erstmal aus der Nummer herauszukommen, wechselte ich das Thema. „Hast du eigentlich einen Spitznamen?" „Spitzname? Was ist?" „Das" sagte ich automatisch.... „Es heißt ‚was ist das'. Ich heiße Jaenelle, aber beim Handball nennen mich alle „Jan". Augenblicklich wurde seine Miene wieder entspannter. „Wieso Jan?" „Jaenelle ist zu lang und es konnte sowieso keiner richtig aussprechen."  Da lachte er wieder und unsere Unterhaltung wurde wieder entspannter.

Als er sich verabschiedete „Bis morgen-morgen" „Das heißt übermorgen!" blieb ich noch sitzen. Oh weh Jan... was soll das jetzt werden? Ich fühlte mich so wohl in seiner Nähe, aber ein Beziehungsproblem wollte ich ja auch nicht sein. Sollte ich ihm nicht besser einfach „Tschüs" sagen? Auf der anderen Seite hatte ich ja immer noch keine Freunde hier. Und er war ja ehrlich gewesen. Also konnte ich meine Schmetterlinge im Zaum halten? Freundschaft zwischen Frau und Mann kann es nicht geben – es kommt immer Sex dazwischen. Das war so ein Lieblingsspruch von Tim gewesen. Aber ich hatte ja schon Freundschaften mit Männern gehabt - ohne Sex. Geglaubt hatte mir Tim das zwar nie, aber er war ja auch nicht mehr der Maßstab. Es war für mich sogar immer einfacher gewesen, sich mit Jungs/Männern zu verstehen, als mich mit Frauen anzufreunden. Mir fehlte da wohl ein Gen. Ich war kein Püppchen, ich schminkte mich nicht gerne, meine Klamotten waren sowieso immer eher sportlich. Und ich war auch immer sehr direkt und ehrlich, lieber diplomatisch als hintenrum. Das hatte ich im Arbeitsleben lernen müssen. Ehrlichkeit gut und schön, aber nicht immer.... dann mal lieber gar nichts gesagt. Und das war dann wieder der Punkt.... Ich musste Mathias ja keine schönen Augen machen, ich konnte doch einfach mit ihm befreundet sein. Ja – das wollte ich versuchen.....

Handball im Herzen (Mathias Gidsel)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt