Sorgen

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Ich saß wie auf glühenden Kohlen, bis sich endlich Mathias meldete. „Bin zu Hause, kommst Du?" „Schon unterwegs!". In Rekordzeit traf ich bei ihm ein. Blass war er und hatte eine Schiene an der linken Hand. Ich umarmte und küsste ihn ganz vorsichtig. „Kann man Dich denn nicht alleine nach Dänemark fahren lassen?" versuchte ich zu scherzen. Sein Lächeln war nicht so strahlend wie sonst. Ich stellte meine Tasche in die Ecke und wir setzten uns ins Wohnzimmer. „Und – wie schlimm ist es?" „Ist knöcherner Ausriss und Bänder kaputt.... Wird aber nicht operiert!" „Nicht? Ist das gut oder schlecht?" „Ist von Zeit dasselbe.... Aber denke, besser auch ohne OP." „Und wie geht das jetzt weiter?" „Muss tragen Schiene paar Wochen, darf Hand nicht benutzen, kann aber Training ohne Hand." „Hast Du noch viel Schmerzen?" „Bisschen.... Bisschen mehr.... Ist im Moment nicht schön." „Dann ruhst Du Dich erstmal aus und ich mach' uns was zu Essen, ok? Und wenn es etwas gibt, was ich Dir abnehmen kann, sagst Du es mir, ok?" "Jan? Vielleicht erstmal ein bisschen halten in Arm, ja?" Mir stiegen fast die Tränen in die Augen und ich zog ihn an mich und hielt ihn eine gefühlte Ewigkeit im Arm.

Am Dienstag nach dem Training unterhielt ich mich noch mit Kati. „Und, wie schlimm ist es mit Mathias?" „Naja – er wird wohl etwas länger pausieren müssen." „Das ist bestimmt nicht einfach für ihn." „Er.... Er ist schon ziemlich niedergeschlagen im Moment und er hat ja auch noch Schmerzen. Ich denke, das wird schon noch besser die nächste Zeit." „Bestimmt – und dann wirst Du ihn bremsen müssen!" „Ja.... Aber mal was anderes.... Wie läuft es denn mit Thomas? Ihr hattet ja wohl ziemlich viel Spaß heute im Training. Man konnte Euch durch die ganze Halle lachen hören." „Kätzchen, also wenn er ‚ne Frau wäre, hätten wir bestimmt noch viel mehr Spaß! Und nicht nur in der Halle!" „Echt jetzt?" „Keine Ahnung.... Er ist ein super Trainer, aber wo kein Funke ist, gibt es eben auch kein Feuer! Aber es macht viel Spaß mit ihm."

So vergingen zwei Wochen mit all unseren Routinen. Naja – nicht ganz allen. Ich zog fast bei ihm ein, eigentlich war ich nur bei mir, um Klamotten zu tauschen. Auch wenn ich weiterhin nach dem Training noch mit meinen Mädels vor der Halle zusammensaß, danach ging ich eben zu Mathias und nicht zu mir. Er machte zwar noch ein paar Tage Pause, dann ging er aber auch wieder regelmäßig zum Training. Für ihn gab es zwar kein Mannschaftstraining, aber Laufeinheiten und teilweise Kraftraum gingen. Er fuhr mit zum Auswärtsspiel in Leipzig, ich hatte selbst ein Spiel, das wir wieder gewannen. Auch das nächste Spiel lief wieder parallel zu meinem Spiel. Und auch da konnten wir beide Siege unserer Mannschaften vermelden. Trotz aller Erfolge war Mathias immer noch sehr ruhig und in sich gekehrt. Und wir gingen eigentlich auch kaum vor die Tür. Mathias wollte nicht zu Lindbergs oder auch sonst wohin. Nicht das wir uns nicht zusammen die Zeit vertreiben konnten, aber unsere Leichtigkeit war ein bisschen abhanden gekommen.

„Mathias?" „Hmmmm..." „Über was grübelst Du eigentlich die ganze Zeit?" „Mache mir Sorgen, Jan." „Ja – das weiß ich. Aber das hilft doch auch nicht!" „Wie meinst Du?" „Weißt Du, Du kannst es nicht ändern, dass Du das jetzt auskurieren musst. Aber es klappt viel viel besser mit dem Gesundwerden, wenn Du ..... etwas positiver an die Sache rangehst!" „Du leicht reden, Du willst ja nicht spielen WM in Januar!" „Autsch... das ist jetzt aber ein bisschen unfair!" „Jan.... ich will rechtzeitig wieder gesund sein!" „Das weiß ich doch, aber es bringt Dich einfach nicht weiter, wenn Du weiterhin so traurig durch die Gegend läufst!" „Bin ich eben so..." „Nein, nein das bist Du nicht! Ein bisschen Spaß kann doch nicht schaden!" „Ausgerechnet Du Dich jetzt beschweren, das ich nicht bin so lustig wie sonst...." „Mathias, ich will doch nur helfen..." „Entschuldigung Jan, ist nur ... brauche einfach noch ein bisschen Zeit."

So kam ich also nicht weiter. Ich entschloss mich, Nanna anzurufen. Sie und Lasse hatten ja auch schon mit einigen Verletzungssorgen zu kämpfen gehabt. „Hej Nanna." „Hej Jan, schön Du Dich meldest. Lange nicht gesehen." „Ja, irgendwie waren die Spiele immer parallel." „Ihr aber auch nicht kommt zu Essen mit Hans." „Du, Mathias ist irgendwie..... traurig und er will nicht." „Er sich macht große Sorgen, ja?" „Ja, wegen seiner Verletzung und der WM im Januar!" „Verstehe.... Er ist gefallen... in Loch, was?" „Ja... und ich kann ihm irgendwie nicht helfen." „Das Du musst nicht denken, Du schon Hilfe, wenn Du für ihn da. Vielleicht er kann nicht zeigen, aber bin sicher, es ist so." „Hast Du vielleicht eine Idee, wie ich ihn wieder aus dem Loch kriege?" „Wie war bei Dir nach Kreuzband?" „Mir hat Mathias weitergeholfen.... Nur dadurch, dass er da war! Ich hatte ja auch sonst noch keine Freunde. Aber er hat doch außer mir auch noch andere Freunde und er will einfach keinen sehen." „Hmmm... vielleicht er braucht ein bisschen anderes.... Abstand... und doch Nähe.... Habt Ihr mal gesprochen über machen Urlaub?" „Ich kann jetzt keinen Urlaub machen, ich muss von der Firma demnächst sogar für eine Woche nach München." „Und wenn er vielleicht fährt mal eine Zeit nach Hause, zu Familie? Er kann dort auch weiter bisschen fit bleiben, aber mal andere Umgebung. Und wenn Du auch nicht bist hier.... Vielleicht Du mal vorschlagen für ihn?" „Oh.... Ich glaube, das könnte eine gute Idee sein. Er war ja auch lange nicht zu Hause." „Ja, versuche mal zu sprechen mit ihm darüber." „Danke Nanna, vielleicht hilft das ja weiter." „Jan, rufe ruhig an, wenn Du brauchst mehr Hilfe, ja?" „Ich sag' Dir Bescheid, was dabei rausgekommen ist. Und nochmal: Danke Nanna." „Kein Problem, Jan."

„Mathias?" „Ja Jan." „Ich muss übernächste Woche nach München." „Oh, ist schon soweit?" „Ja, aber kann ich Dich überhaupt hier alleine lassen?" „Jan.... komme schon zurecht! Habe nur eine kaputte Hand, sonst funktioniert alles!" „Aber wenn ich doch sowieso nicht da bin.... Warum machst Du nicht ein bisschen Urlaub und besuchst deine Familie?" „Kann doch jetzt nicht machen Urlaub!" „Aber warum denn nicht? Du bist doch eh' nicht im Mannschaftstraining. Deine Laufeinheiten und Kraftraum kannst du doch bestimmt auch zu Hause machen, oder?" „Vielleicht....." „Sprich doch mal mit Jaron und Bob. Sie unterstützen Dich doch in allem. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie was dagegen haben." „Ich weiß nicht...." „Du warst doch auch so lange nicht mehr zu Hause. Deine Eltern freuen sich bestimmt. Und das hilft Dir bestimmt auch den Kopf ein bisschen frei zu kriegen!" „Ich kann ja mal reden mit den Zweien." „Mach das!"

„Hej Nanna" „Hej Jan" „Du, das war ein Super Rat von Dir!" „Was Du meinst?" „Mathias hat sich zu einem Urlaub zu Hause überreden lassen. Und seitdem ist er auch schon nicht mehr ganz so traurig.... Noch nicht wieder der Alte, aber schon sichtlich besser!" „So er freut sich auf Urlaub?" „Ja! Vielleicht wäre es noch schöner gewesen, wenn ich mitfahren könnte, aber das geht nun mal nicht. Ich muss dann nächste Woche nach München." „Ist aber gut zu hören, das wird besser!" „Und wenn wir beide wieder da sind, dann machen wir bestimmt auch mal wieder was mit Euch!" „Das wäre schön, Jan." „Danke nochmal Nanna."

Handball im Herzen (Mathias Gidsel)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt