Unruhe

125 3 0
                                    

„Jan, was ist los?" fragte mich Mathias. „War gestern nicht gut in Training?" „Ach.... Da läuft im Moment ein bisschen was schief." „Ich merke, Du mit Gedanken woanders. Du willst reden?" Wir lagen zur Abwechslung mal nicht im Bett, sondern auf seiner Couch. OK – die war ja nun auch mit Kissen und Kuscheldecke wirklich gemütlicher. „Du, ich muss erstmal über was nachdenken. Ich weiß nicht, wie ich es angehen soll." „Aber ich kann nicht helfen?" „Nein.... nein, das kannst Du nicht." Ich konnte ihm ja nun schlecht sagen, dass er durchaus ein Teil meines Problems war. Und über Kati wollte ich auch nicht mit ihm reden – das ging ihn nichts an. Ich hatte noch nicht die geringste Ahnung, was ich jetzt mit meiner Mannschaft anfangen sollte. Und diese blöden Bilder.... Kati hatte noch gesagt, dass sie versuchen würde, sie von Sina zu bekommen. Aber bisher hatte ich da auch noch nichts gehört.... „Jan – bist Du noch bei mir?" „Entschuldige Mathias – ich grüble wohl gerade in bisschen viel." „Ja – kann Dich denken hören." „Ich bin heute keine gute Gesellschaft, oder?" „Bist ein bisschen... unruhig... und nicht so gut gelaunt wie sonst." Ich weiß nicht warum, aber irgendwie nervte das gerade ein bisschen. „Ja – ich kann ja nicht jeden Tag gut drauf sein, oder?" „Möchte nur helfen, Jan." „Ich brauche keine Hilfe, ok? Ich kann meine Kämpfe gut allein austragen. Nur weil ich nicht gerne streite, heißt das nicht, das ich nicht kämpfen kann!" fauchte ich ihn völlig überzogen an. „Jan?" „Lass mir doch einfach ein bisschen Luft..." erklärte ich, stand auf und zog mich an. Verständnislos schaute er mich an „Was Du machst?" „Ich gehe jetzt nach Hause.... Ich muss in Ruhe nachdenken!" „Aber.... Du musst nicht gehen weg." „Doch, doch das muss ich jetzt.... Ich brauche frische Luft und... ich weiß nicht...." „Ich bringe nach Hause!" „Nein – nein! Das will ich nicht.... ich rufe Dich an, ja?" Ich drückte ihm noch einen raschen Kuss auf die Lippen und ließ einen völlig verblüfften Mathias zurück.

Es war Freitagabend so gegen 21.00 Uhr und ich lief vor dem mir liebsten Mensch der Welt davon. Was war bloß los mit mir? Die Geschichte von Kati gestern hatte mich sehr aufgewühlt. Und auch die Tatsache, dass Kati geweint hatte, meine so taffe Kati. Diese Sache konnte und wollte ich aber nicht mit Mathias teilen. Sie gehörte Kati. Noch auf dem Weg in meine Wohnung, versuchte ich Kati zu erreichen. Mist – Mailbox. Ich zermarterte mir noch mein Gehirn, wie ich denn jetzt um alles in der Welt am Sonntag spielen sollte. Zu Hause angekommen, klingelte mein Handy. Mathias... ich drückte ihn weg. Ich setzte mich erstmal auf meinen Balkon, sprang eine Minute später wieder auf und tigerte in meiner Wohnung herum. Meine Gedanken drehten sich im Kreis. Wieder Handy: Gottseidank: „Kati?" „Hallo Kätzchen." „Kati, wie geht es Dir?" „Alles gut Kätzchen... bist Du bei Mathias?" „Nein, nein ich bin zu Hause... allein." „Es ist Freitagabend und Du bist allein zu Hause? Was geht denn bei Dir ab?" „Ich.... ich glaube, ich leide gerade an geistiger Umnachtung." „Scheint mir auch fast so.... Du solltest mit Deinem Schatzi tanzen oder poppen! Aber nicht alleine zu Hause sein!" „Ich glaube, ich habe unseren ersten Streit vom Zaun gebrochen.... wegen.... Nichts!" „Weiber.... Was machst Du für einen Scheiß?" „Zuviel Gedanken.... Zu viel was ich nicht teilen kann und will." „Aber jetzt nicht wegen mir, oder?" „Nur ein bisschen... der Rest ist einfach mein Kopf!" „Kätzchen, ich bin in 5 Minuten bei Dir, ok?" „Ok!"

Kati tauchte mit einem Sixpack Bier in der Hand auf und wir nahmen mal wieder auf dem Sorgenbalkon Platz. „Gib mir mal Dein Handy" forderte Kati mich als erstes auf. „Warum?" „Gib schon her...." Ich entsperrte und gab es ihr. „Hallo? Nee, hier ist Kati. Kannst Du herkommen? Ja, genau. Super, bis gleich!" „Was war das jetzt?" fragte ich sie. „Ich habe eben mit Mathias telefoniert. Er wird gleich da sein" erklärte mir Kati. „Du hast was?????" „Ich will nicht, dass Sina gewinnt! Und wenn Du mit Mathias wegen dem Scheiß streitest, hat sie das schon fast!" „Aber Du kannst doch nicht einfach....." „Doch.... Ich kann! Und ich habe! Außerdem habe ich die Bilder.... Und da ich ja schließlich dabei war, wie dieses Bild von Dir und Lasse zustande gekommen ist, halte ich es auch für das Beste, wenn ich es ihm zeige! Wir können ihm alles sagen, lassen vielleicht meine Vergangenheit einfach raus, ok?" „Ja – natürlich. Ich bin ganz schön......." „Blöde, geistig umnachtet oder einfach nur gestört?" „Sowas in der Art. Ja!" „Weißt Du, Du machst Dir einfach viel zu viel Gedanken um die Menschen, die Du magst. Da bist Du echt verwundbar. Und wenn Menschen wie Sina sowas mitbekommen, dann gibst Du ihnen Waffen in die Hand. Und sie zögern nicht, diese Waffen zu verwenden." „Ja, aber Du hast Dich doch auch verwundbar gemacht.... Gegenüber Sina." „Kätzchen.... Ich komme klar. Ich kann zu meiner Vergangenheit stehen.... Ich meine, ich habe Scheiße gebaut, aber das ist jetzt so lange her... Ich meine, Du hast es ja auch überlebt, als ich es Dir gestern erzählt habe. Und es hat eben nichts mehr mit Kati von heute zu tun. Also was soll Sina noch erzählen? Die Alte kann mich mal.... Sie hat mehr zu verlieren...." „Und was ist mit Deiner... „ „Das ich lesbisch bin? Sowas interessiert doch heute keinen mehr! Solange ich keine blöd anbaggere, ist doch wurscht. Und die Mädels kennen mich ja alle schon ein paar Jahre. So und jetzt trinken wir erstmal ein Bierchen und Du kommst mal wieder ein bisschen runter!"

Handball im Herzen (Mathias Gidsel)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt