Kapitel J

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Hi :)
Hier ist für euch das nächste Kapitel - J - wie Juri. Dass es ihm nicht gut ging, hat wohl jeder irgendwie gemerkt, denke ich. Umso schöner ist es, ihn nun wieder fröhlicher zu sehen.
Liebe Grüße
Melinah
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Auf dem Weg zur Halle hatte Alfred sich im Bus neben Tess gesetzt. Jennifer, die den Platz immer mal wechselte, saß ganz hinten bei Andreas in der letzten Reihe. „Wie ist dein Eindruck von Jennifer nach dieser Woche?", wollte der Trainer wissen. „Ich finde, sie hat sich schnell ins Team integriert und wurde gut aufgenommen. Ein paar der Jungs, die bei ihr waren, habe ich gefragt, die waren alle zufrieden. Sie scheint ihren Job gut zu machen." „Ich finde auch, dass sie gut angekommen ist. Ich möchte, dass sie uns und vor allem dich unterstützt, das ist für mich das Wichtigste." „Das macht sie. Wir haben die mentalen Einheiten gemeinsam besprochen und sie hat gute Impulse geliefert." „Schön. Und wie kommt ihr zwei persönlich miteinander zurecht?" „Auf professioneller und freundlicher Eben, würde ich sagen", lächelte Tess. „Sie würde wahrscheinlich ein paar Dinge anders machen, als ich, aber das ist ja auch okay." „Ja, solange sie sich anpasst, denn du bleibst verantwortlich." „Ich weiß. Wir arbeiten ja jetzt noch nicht so lange zusammen, aber ich denke, das wird sich in Zukunft auch noch weiter einspielen." „Sehr schön, so habe ich mir das vorgestellt." Alfred lehnte sich zufrieden zurück. Kurz bevor sie an der Halle aus dem Bus stiegen, hielt Tess Alfred noch einmal zurück. „Vertrauen, Alfred. Vertrauen in deine Mannschaft." Er nickte nur und wusste, was sie meinte. Sein Job stand auf dem Spiel, dessen war er sich bewusst.

Das Spiel startete durchwachsen, Deutschland konnte sich nicht klar absetzen. Beide Seiten lieferten sich einen harten Kampf und dennoch hatte Tess den Eindruck, dass ihre Mannschaft es schaffen würde. Sie wollten es unbedingt und taten alles dafür. Immer, wenn einer der deutschen Spieler auf dem Boden liegen blieb, hielt Tess die Luft an. Als es zehn Minuten vor Ende der ersten Halbzeit Juri war, der nicht sofort wieder aufstand hatte sie das Gefühl, ihr Herz setzte einen Schlag aus. Der Arm eines Gegenspielers hatte ihn im Nacken und am Ohr nach unten gedrückt und jetzt saß er auf dem Boden und hielt sich das linke Ohr. Als er schließlich aufstand, atmete Tess erleichtert durch. Juri kam auf die Bank und suchte ihren Blick. Er nickte ihr kurz zu, ein Zeichen, dass alles okay war und hielt sich dann einen Kühlakku ans Ohr. „Wow, das nimmt dich ja ganz schön mit", meinte Jennifer, als Tess sich wieder hingesetzt hatte. „Ja. Es ist schwer für mich zu ertragen, wenn ich sehe, dass er Schmerzen hat." „Verstehe. Aber es scheint ja nicht so schlimm zu sein." „Ja, Gott sei Dank." Deutschland verabschiedete sich mit einem Vorsprung in die Pause. Juri kam noch einmal bei Tess vorbei. „Mir geht's gut, mach dir keine Sorgen." Sie nickte nur und zog ihn sanft an seinem Trikot zu sich heran, um ihn zu küssen. „Ihr werdet es schaffen, Juri. Glaub an dich." „Dafür hab ich doch dich." Sie lächelte. „Trotzdem, vertrau auf dich und das, was du kannst." Er nickte und verschwand in der Kabine. Deutschland konnte das Spiel am Ende mit drei Toren gewinnen und die Erleichterung stand allen deutlich ins Gesicht geschrieben. Sie würden nach Paris zu den Olympischen Spielen fahren. Die Spieler genossen ihren Sieg und die erreichte Qualifikation in vollen Zügen und hatten sich das auch verdient. Mit Abpfiff des Spiels hatte Alfred tief durchgeatmet. Nicht nur, dass sie es geschafft hatten, er blieb auch bis zur Heim WM 2027 Nationaltrainer. Noch am gleichen Abend reisten einige Spieler nach der letzten Mannschaftssitzung wieder ab, andere blieben noch die eine Nacht. David, Jannik, Juri und Tess hatten sich entschieden, erst am Montag zurückzufahren. Auf knapp fünfeinhalb Stunden Autofahrt hatte keiner von ihnen mehr Lust. Juri hatte sich wie automatisch bei Tess einquartiert und mittlerweile fragte David schon gar nicht mehr, wo er war. Nach dem Abendessen hatten sich wie immer kleine Runden gebildet, aber Juri verzichtete darauf. Er hatte eine Weile mit seinem Vater telefoniert und sich dann hingelegt. Jennifer war schon abgereist. Sie und Tess hatten kurz die Woche besprochen und ausgewertet und darüber gesprochen, wann Jennifer wieder dabei sein würde. Im Mai gab es ein Testspiel in Schweden. Dazu würde sie voraussichtlich nicht mitkommen, denn für die Zeit, die die Mannschaft dort zusammen war, waren bisher keine Pflichtgespräche für die Spieler geplant. In dieser Lehrgangswoche stand Tess den Spielern jederzeit zur Verfügung, wenn sie sie brauchten. Die beiden Psychologinnen hatten eine positive Bilanz gezogen und wollten in Kontakt bleiben. Nachdem Tess die dritte Runde beim Kartenspielen gewonnen hatte, wollte Jannik nicht mehr mitspielen und sie verabschiedete sich ins Bett. Juri lag auf dem Rücken, in einer Hand hatte er noch sein Handy, die andere lag auf seinem Bauch. Sein Gesicht wirkte angespannt und obwohl er schlief, schien das nicht erholsam zu sein. Tess öffnete das Fenster und legte sein Handy auf den Nachttisch. Vorsichtig löste sie seinen Haargummi und Juri öffnete die Augen. „Entschuldige, ich wollte dich nicht wecken." „Macht nix, ich muss eh nochmal ins Bad. Bist du schon fertig?" Sie schüttelte den Kopf. „Aber geh du zuerst. Und zieh den Pulli aus, das wird zu warm." Juri nickte und stand langsam auf. „Mir tut alles weh", murmelte er, als er ein paar Minuten aus dem Bad wiederkam. Tess hatte sich in der Zeit umgezogen. „Wird Zeit für den Tag Entspannung morgen." „Oh ja", seufzte er und setzte sich auf die Bettkante. „Du bist so angestrengt, Juri... Das gefällt mir nicht." Er zuckte mit den Schultern. „Es ist ein anstrengender Sport." „Das meine ich nicht. Körperlich bist du fit, aber in deinem Kopf ist zu viel los." „Ich weiß nicht, was ich dagegen machen soll, Tess. Ich habe schon immer zu viel über alles nachgedacht." „Schaff dir bewusst Zeiten zur Entspannung und dann such dir was, was mit dem Handball nichts zu tun hat. Nimm dir Zeit für dich und das, was du gern machst. Lesen, Musik hören, spazieren, was auch immer." Juri nickte. „Es wäre so schön, öfter am Meer zu sein." „Ja. Wenn es nur nicht so weit weg wäre." „Wechseln müsste man", murmelte er und legte sich ins Bett. Tess hatte es nicht gehört und ging ins Bad. Kurz darauf lag sie neben ihm und kuschelte sich an. Sein Herzschlag wirkte beruhigend und er streichelte vorsichtig ihre Schulter. Der Unfall war jetzt knapp vier Wochen her und wenn sie Glück hatte, war sie die Armschlinge bald los. „Tess, würdest du mich auch lieben, wenn ich nicht Handball spielen würde?", fragte Juri plötzlich und Tess richtete sich ein Stück auf. „Ja. Ich liebe den Menschen Juri und nicht den Handballer." „Das ist gut zu wissen", sagte er leise. „Warum fragst du mich das?" „Naja, irgendwann werde ich nicht mehr Handballspielen können. Oder wollen..." „Wichtig ist mir, dass du das machst, was du liebst und was dir Spaß macht. Und wenn das irgendwann nicht mehr der Handball ist, dann findest du etwas anderes." Sie lächelte ihn an. „Denkst du darüber nach, etwas anderes zu machen?" „Manchmal", gab er zu. „Irgendwie hab ich ja auch noch ein Studium laufen, das will ich eigentlich irgendwann zu Ende machen." „Ja, das verstehe ich. Nur studiert sich Wirtschaftspsychologie nicht so leicht nebenbei." „Eben. Aber irgendwann wird es schon werden." „Du wirst deinen Weg finden und ihn gehen. Und ich werde dich begleiten, insofern du das möchtest." „Ja, das möchte ich auf jeden Fall. Ich bin froh, dich zu haben. Du hilfst mir im Moment am meisten, runterzukommen und den Kopf frei zu machen." Tess lächelte und küsste ihn. Er zog sie in seine Arme und schloss die Augen.

Wir zwei zusammen...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt