Kapitel N

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Hi ihr Lieben,
Juri und Tess sind noch immer auf Fehmarn. Kapitel N ist das letzte meiner drei Lieblingskapitel dieser Geschichte. Die drei gehören zusammen und bilden eine Einheit. Wie immer wünsche ich euch viel Freude beim Lesen.
Liebe Grüße
Melinah
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Tess hörte Wasser rauschen, als sie aufwachte. Sie drehte sich um, der Wecker zeigte neun Uhr und die Bettseite neben ihr war leer. Sie stand auf und ging ins Bad. Hier oben war Juri nicht, also machte sie sich schnell fertig und ging nach unten. Das Rauschen kam aus der Dusche im unteren Bad und sie öffnete die Tür. „Guten Morgen." „Morgen." Juri drehte sich um. „Du duscht morgens? Das machst du nur, wenn es dir nicht gut geht." Er sagte nichts dazu. „Ich hab mit David und Sebastian gesprochen, wir können das mit dem Spiel und der Anreise so machen." „Dann warst du schon fleißig heute morgen." Juri nickte, drehte das Wasser aus und stieg aus der Dusche. Er wickelte sich in das Handtuch, das Tess ihm reichte und kam auf sie zu. „Du siehst ein bisschen besser aus", sagte sie und fuhr ihm durch das feuchte Haar. „Das ist der Norden." Er zog sie an sich und küsste sie. Tess störte es kein bisschen, dass ihre Schlafsachen, die sie noch trug, dabei nass wurden. Sie genoss den Kuss und spürte, dass Juri lächelte. „Wir müssen das Frühstück verschieben", raunte er ihr ins Ohr und küsste ihren Hals. „Okay", kicherte sie und ließ sich von ihm hochheben. Sie hatte nichts dagegen und ging kurz darauf vor ihm die Treppe zum Schlafzimmer wieder nach oben. Dort holte er sie ein, löste das Handtuch von seinen Hüften und schob die Hände unter ihr Schlafshirt.

Nach dem Frühstück buchte Tess die Flüge nach Kroatien und zurück. Juri saß mit seinem Buch auf der Couch. Sie hatten die Terrassentür geöffnet, hörten den Wind und das Rauschen des Meeres. Juri war so in sein Buch vertieft, dass er um sich herum kaum etwas mitbekam. Er war schon ewig nicht mehr zum Lesen gekommen und hatte sich nun schon seit Stunden nicht wegbewegt. Tess hatte das wohlwollend zur Kenntnis genommen. Sie arbeitete und die Stimmung im Haus war angenehm ruhig. Juri fühlte sich in ihrer Anwesenheit sicher und wohl und war ihr dankbar, dass sie diese Umgebung für ihn geschaffen hatte. Ab und zu sah Tess nach ihm und stellte ihm etwas zu trinken hin. Das Mittagessen ließen sie ausfallen. Irgendwann war Juri eingeschlafen. Tess nahm ihm vorsichtig das Buch aus der Hand und deckte ihn zu. Sein Gesicht wirkte im Schlaf deutlich entspannter als noch vor ein paar Tagen und sein Atem ging ruhig und gleichmäßig. Sie beobachtete ihn eine Weile und setzte sich dann wieder an ihre Arbeit. Als das Telefon klingelte und Thomas' Nummer erschien, trat sie nach draußen. „Hi Tess, ich bin gleich da. Das Navi sagt noch 10 Minuten." „Hi. Geht klar. Das Navi wird dir vermutlich dann sagen, dass du angekommen bist, du musst aber den Weg noch ein Stück weiter rein fahren. Dann siehst du das Haus schon." „Okay." „Ich setze euch einen Kaffee auf. Nachher bin ich mit meiner Nachbarin unterwegs, ihr habt also Zeit für euch." „Ich freue mich, Tess. Bis gleich." Sie legten auf und fünfzehn Minuten später hörte Tess das Auto vorfahren. Sie ging nach draußen und begrüßte Juris Vater. „Schön, dass du gekommen bist", sagte sie. „Ich muss einfach nach ihm sehen." „Das verstehe ich. Komm rein. Juri schläft noch auf der Couch." „Um diese Zeit? Da schläft er doch nie." „Du musst verstehen, dass er gerade in einer ganz anderen Situation ist. Sein Körper befindet sich im Ausnahmezustand und in seinem Kopf ist so viel los, dass er es gerade nicht alles sortieren und verarbeiten kann. Das braucht Zeit und die hat er hier." „Es ist wirklich schön hier, Tess." „Danke", lächelte sie und betrat vor ihm das Wohnzimmer. Juri schlief noch, also schlichen sie sich an ihm vorbei auf die Terrasse. „Wow, der Ausblick ist ja toll!" Man konnte direkt auf das Meer sehen und am Strandabschnitt, der zum Haus gehörte, stand ein blau-weiß gestreifter Strandkorb. Es war geradezu malerisch. „Eine wunderschöne Gegend hier, wirklich ideal für Urlaub." Tess lächelte. „Ja, allerdings." „Wie lange bleibt ihr? Und wie habt ihr das geregelt, Juri wird ja keinen Urlaub haben." „Er ist krankgeschrieben und wir bleiben so lange, wie er es braucht und möchte. Allerdings fliegen wir morgen nach Kroatien und am Mittwoch wieder hierher zurück." „Er will das Spiel machen?", fragte Thomas überrascht. „Ja, unbedingt. Ich habe ihm davon abgeraten, aber er muss es selbst entscheiden. Alles andere bringt nichts. Also unterstütze ich ihn dabei. Es ist sein Heilungsprozess und er muss ihn mitbestimmen können." „Ich verstehe. Aber körperlich geht es ihm gut, oder?" „Ja, das sind nur die üblichen blauen Flecke." „Ich hätte nicht gedacht, dass es mal so weit kommt, dass Juri wegen mentalen Problemen krank sein würde." Tess verschränkte die Arme. „Denk mal an die letzten Monate. Schon im Dezember wurde im Vorfeld über die EM und ihn berichtet. Während der EM stand er immer wieder vor Kameras, war in Sendungen zu Gast, musste sich ständig erklären und rechtfertigen. Für jede Kleinigkeit hat man ihn kritisiert und eine neue Schlagzeile erfunden. Natürlich gab es auch Lob, aber wenn man das rückwirkend betrachtet, war da viel Kritik. Er ist erst 23, was erwartet die Handballwelt von ihm? Ein Mensch in diesem Alter KANN nicht immer alles leisten. Er muss sich weiterentwickeln und das auch tun dürfen, ohne dass das ständig kommentiert wird. Und im Nachhinein hört es ja auch nicht auf. Die Löwen verlieren ständig und wer ist Schuld? Juri. Die Löwen haben am Ende 10 technische Fehler in der Statistik stehen, wer ist Schuld? Juri. Die Löwen gewinnen, wer wird vor die Kamera zitiert? Juri. Wann soll er denn abschalten und sich mit etwas anderem beschäftigen? Ich weiß, es ist sein Job, aber den gleichen Job machen noch mindestens zehn andere, die sich genauso in der Presse äußern können." „Wow Tess, du bist ja richtig sauer." Sie atmete durch. „Ja, das bin ich. Ich liebe ihn und ich kann es nicht ertragen, ihn so zu sehen. Seine Augen... Das macht mich fertig." „Denkst du, es hätte verhindert werden können?" „Ja, absolut. Man hätte ihn von Anfang an mehr zurücknehmen können, aber Juri ist keiner, der nein sagt, wenn er gefragt wird. Und oft wird dann zu spät bemerkt, dass es zu viel ist." „Ich bin beeindruckt, wie gut du ihn nach so kurzer Zeit schon kennst. Eigentlich gibt er nicht so schnell so viel von sich preis. Es scheint gut zu passen zwischen euch." Tess sah Thomas von der Seite an. „Das hoffe ich. Juri ist mir sehr wichtig." „Du ihm auch, das hat er mir am Telefon schon ein paar Mal gesagt." Tess lächelte.

Wir zwei zusammen...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt