Kapitel 21

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Als Lúthëa die Nachricht erhielt, dass Saruman sie sehen wollte, spürte sie sofort ein mulmiges Gefühl in der Magengegend. Sie hatte seit einiger Zeit nichts mehr von ihrem alten Meister gehört, und die Art und Weise, wie die Botschaft überbracht wurde, war ungewöhnlich. Trotzdem wusste sie, dass sie der Aufforderung folgen musste.

„Ich werde nach Isengard reiten", verkündete sie eines Abends, als sie in der Festung Rast machten.

Legolas' Blick verdunkelte sich augenblicklich. „Nach Isengard?" fragte er, und seine Stimme war von Sorge durchzogen. „Lúthëa, das klingt nicht nach einer guten Idee. Saruman ist... nicht mehr der, der er einmal war. Du weißt, dass er sich verändert hat."

Lúthëa seufzte und legte ihm eine Hand auf den Arm. „Ich weiß, Legolas. Aber er hat mich aus einem bestimmten Grund gerufen. Ich muss herausfinden, was er will."

„Dann werde ich mit dir kommen", erwiderte Legolas entschlossen. „Ich werde dich nicht allein dorthin gehen lassen."

Doch Lúthëa schüttelte den Kopf und trat einen Schritt zurück. „Nein, Legolas. Ich schaffe das allein. Saruman mag sich verändert haben, aber ich bin ihm nicht mehr unterlegen. Er hat mir beigebracht, wie ich die schwarze Magie kontrollieren kann. Ich weiß, wie ich mich schützen muss."

Legolas schien mit dieser Antwort nicht zufrieden zu sein. „Das ist nicht das Gleiche", sagte er und trat näher an sie heran. „Saruman spielt ein gefährliches Spiel, Lúthëa. Und wenn du allein gehst... ich weiß nicht, ob du ihm trauen kannst."

Lúthëa hob entschlossen den Kopf und sah ihm in die Augen. „Ich vertraue ihm nicht, aber ich muss wissen, was er plant. Das bin ich mir und den anderen schuldig. Ich werde vorsichtig sein."

Legolas sah sie eine Weile schweigend an, dann seufzte er schwer. „Und du kannst nichts sagen, um dich davon abzubringen?" fragte er, obwohl er bereits die Antwort kannte.

„Nein", antwortete Lúthëa fest. „Aber ich verspreche dir, dass ich schnell zurückkehren werde."

Legolas schüttelte leicht den Kopf. „Lúthëa, bitte. Lass mich mit dir kommen."

Sie trat an ihn heran und legte ihm sanft die Hand auf die Wange. „Ich weiß deine Sorge zu schätzen, Legolas", sagte sie leise. „Aber das ist etwas, das ich allein tun muss. Ich werde vorsichtig sein."

Legolas öffnete den Mund, um zu protestieren, doch er wusste, dass sie ihren Entschluss gefasst hatte. Er seufzte erneut, frustriert, aber auch resigniert. „Dann versprich mir, dass du auf dich aufpasst. Und komm so schnell wie möglich zurück."

Lúthëa nickte und lächelte schwach. „Ich verspreche es dir."

Sie sattelte ihr Pferd und machte sich bereit für die Reise. Legolas beobachtete sie schweigend, sein Gesicht ausdruckslos, aber in seinen Augen brannte die Sorge. Als sie auf dem Pferd saß und bereit war loszureiten, sah sie ihn noch einmal an. „Ich werde bald zurück sein", sagte sie, um ihn zu beruhigen.

„Ich hoffe es", murmelte Legolas, doch seine Stimme war von einer düsteren Vorahnung erfüllt.

Lúthëa gab ihrem Pferd die Sporen und ritt in die Nacht hinaus, den Wind in ihren Haaren spürend. Je näher sie Isengard kam, desto schwerer wurde ihr Herz. Sie wusste, dass Saruman sich verändert hatte, dass er dunklen Kräften erlegen war. Aber tief in ihrem Inneren hoffte sie, dass es noch einen Funken des alten Saruman gab, den Meister, der sie einst unterrichtet hatte.

Als die mächtigen Türme von Isengard in der Ferne auftauchten, begann ihr Herz schneller zu schlagen. Die dunklen Wolken über dem Turm warfen einen unheilvollen Schatten auf das Land, und Lúthëa konnte spüren, wie die dunkle Magie um sie herum wogte.

Am Eingang angekommen, wurde sie von Sarumans Dienern empfangen und in den Turm geführt. Die Atmosphäre war erdrückend, und sie konnte die Schwere der finsteren Mächte spüren, die hier wirkten.

Saruman erwartete sie bereits, als sie den Raum betrat. Er stand hoch und erhaben in seinem weißen Gewand, doch seine Augen, einst weise und freundlich, wirkten nun kalt und berechnend. „Lúthëa", begrüßte er sie mit einer Stimme, die sie frösteln ließ. „Es ist lange her."

Lúthëa nickte vorsichtig. „Ja, Meister. Ihr habt mich gerufen."

„In der Tat", sagte Saruman und trat einen Schritt näher. „Ich habe deine Fortschritte verfolgt. Du bist stärker geworden, meine Schülerin. Viel stärker, als ich es je erwartet hätte."

Lúthëa blieb wachsam. „Warum habt Ihr mich gerufen, Saruman?" fragte sie direkt. „Was wollt Ihr von mir?"

Saruman lächelte, aber es war kein freundliches Lächeln. „Ich brauche deine Hilfe, Lúthëa", sagte er. „Ich habe Pläne, große Pläne, und ich möchte, dass du an meiner Seite stehst."

„Welche Pläne?" fragte Lúthëa misstrauisch.

„Pläne, die die Welt verändern werden", sagte Saruman leise, seine Augen glitzerten gefährlich. „Aber dazu brauche ich jemanden wie dich, Lúthëa. Jemanden, der die dunklen Künste beherrscht, der weiß, wie man sie kontrolliert. Gemeinsam könnten wir unvorstellbare Macht erlangen."

Lúthëa spürte, wie sich ihr Magen zusammenzog. „Ihr habt Euch verändert, Saruman", sagte sie ruhig. „Das ist nicht mehr der Weg, den ich gehen möchte."

Saruman lächelte wieder, doch diesmal war es ein Lächeln der Überlegenheit. „Ach, Lúthëa...", sagte er sanft. „Du verstehst es noch nicht. Die dunklen Mächte sind keine Feinde. Sie sind Werkzeuge, und wer sie kontrolliert, kontrolliert die Welt."

„Und was, wenn sie uns kontrollieren?" entgegnete Lúthëa kühl. „Ihr spielt mit Kräften, die Ihr nicht vollständig begreifen könnt."

Saruman trat noch näher, seine Augen bohrten sich in ihre. „Denk darüber nach, Lúthëa", flüsterte er. „Welche Macht du haben könntest. Welche Kontrolle. Du könntest deine eigenen Regeln aufstellen. Die Welt wäre dir untertan."

Lúthëa schüttelte den Kopf. „Ich bin nicht hier, um Teil Eurer dunklen Pläne zu werden. Ich bin hier, um herauszufinden, warum Ihr mich wirklich gerufen habt."

Saruman starrte sie einen Moment lang an, dann hob er leicht die Hand und deutete auf sie. „Dann musst du es auf die harte Tour lernen, meine Schülerin."

Die Elbin des Schattens [Legolas FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt