Die folgenden Tage verflogen im Eiltempo. Wincent fuhr unter der Woche nach München, um dort endlich seine Reha für den Fuß zu starten. Ende letzten Jahres war er Schlitten gefahren. Die Fahrt endete nach der ersten Kurve mit einem gerissenem Syndesmoseband. Im Frühjahr hatte er die OP gehabt und seither keine richtige Reha gemacht. Der Fuß funktionierte nach acht Monaten immernoch nicht wie zuvor und so nahm Wincent das Thema in Angriff. Kai Pflaume hatte ihm ein Rehazentrum bei München empfohlen und er hatte nicht zu viel versprochen. Wincent liebte es, nach der Reha noch dort in der Sporthalle weiter sporteln zu können. Er düste jeden Tag mit dem Motorrad hin und traf auch tatsächlich auf Kai. „Hamburg, München, Berlin, na wir sehen uns auch wieder", begrüßte Kai ihn mit einer herzlichen Umarmung. Sie redeten ein wenig und trainierten dann gemeinsam. Wincent war immer wieder fasziniert, welches Fitnesslevel Kai an den Tag legte. Er war mitten in den Vorbereitungen für den New York Marathon im November. Wincent überlegte, was für ein Ziel er sich stecken könnte. Ein Marathon in 2024 laufen? Nein, das fand er irgendwie langweilig. Triathlon? Die Idee gefiel ihm. Schwimmen, Rad fahren, Laufen - das ist doch ein Ziel für 2024. Zufrieden fuhr er auf seinem Motorrad zurück nach München. Er hatte gehofft, dass Anna mit den Kindern wieder in München wären. Sein Besuch war das letzte Mal so kurz gewesen und Wincent würde so gern nochmals Zeit mit den Kids verbringen. Er konnte sich nicht erklären warum, aber die beiden hatten es ihm wirklich angetan. Immer wieder schickte er Anna Fotos für die Kinder und sie antwortete. Bei jedem Bild oder Video von den Kids, das Wincent empfing wurde er übertrieben gut gelaunt. Direkt Anna zu fragen, ob sie nach München kämen, hatte er jedoch nicht gemacht.
Am Ende der Woche ging es für Wincent Richtung NRW. Am Wochenende hatte er zwei Konzerte, in Kassel und Bielefeld. Doch davor ging er zu Mats nach Münster. Auf dem Weg machte er bei einem Burgerladen halt, in dem einige getunte Autos standen. Wincents Herz schlug höher. Er liebte Autos. Einige der dort ausgestellten Exemplare waren zwar over the top, aber es standen auch wirkliche Schönheiten dort. Passendes Motiv für die Kids mal wieder, dachte er sich und schickte Anna einige Bilder. Er hoffte auf schnelle Antwort, doch die blieb aus. So machte er sich pappsatt auf nach Münster. Mit einem Kasten Bier bewaffnet lief er zur von Mats genannten Adresse. Mats sprach seit Wochen von nichts anderem als dieser Party. Topic würde abends beim Stadtfest auflegen und davor organisierte Mats eine Party bei einem Kumpel in einer 30qm Wohnung. Die Stimmung war bereits gut, als Wincent ankam. Nur Mats lief wie ein aufgescheuchtes Huhn durch die Wohnung. „Ey Mats, chill mal. Was ist los?", nahm Wincent ihn beiseite. „Boaw Diggi, Tobi ist nicht fit. Er weis noch nicht, ob er's hierher schafft. Was mach ich denn? Du bist doch auch extra wegen Tobi gekommen." Mats lief hin und her. Wincent packte ihn an den Schultern und zwang ihn zum Stehen. Er schaute ihn eindringlich an und sagte: „Chill Mats! Ich bin wegen Dir da, nicht wegen Tobi. Wir machen uns nen guten Abend, ob er kommt oder nicht. Und jetzt ran an die Anlage. Du bist doch bester Banger Aufleger." Wincent klopfte ihm auf die Schulter und Mats atmete erleichtert aus. Als Mats sah wie Wincent sich unter seine Freunde mischte, musste er wieder einmal feststellen, was für einen coolen Chef er doch hatte. Der Abend wurde wild und Tobi schaffte es noch für eine knappe Stunde vor seinem Auftritt beim Stadtfest in die kleine Bude zu kommen und aufzulegen.

Am nächsten Morgen nahm Wincent sein Handy zur Hand und schaute die Bilder vom Vorabend an. Was für eine Party. Er postete einige Bilder und Videos und sah dann eine Nachricht von Anna. Die hatte er am Vorabend komplett übersehen. Er öffnete das Video. Es zeigte Noah und Vivienne im Freibad. Noah hatte eine Taucherbrille an und versuchte zu tauchen. Sobald sein gesamtes Gesicht im Wasser war, zog er es schnell wieder hoch und prustete los. Wincents Herz schmolz dahin. Er war so fasziniert von Kindern, wie sie Dinge entdeckten und Neues lernten. Er war dankbar und fühlte sich geehrt, dass Anna ihn an diesen Ereignissen teilhaben ließ. Er schrieb ihr direkt: „Da hat wohl jemand noch etwas Respekt vor Kopf unter Wasser 🤿😄"

Ey, was für ein JahrWo Geschichten leben. Entdecke jetzt