Shayenne fuhr mit Timo zu ihrer Mutter und Wincent alleine mit seiner Gisela. Er liebte die Strecke zum Haus seiner Mutter. Es waren kleine ländliche Straßen, die durch Felder und Wiesen sich schlängelten, vorbei an Windrädern und durch kleine Wäldchen. Er liebte den Norden. Er liebte die ländliche Weite. Seine Mutter hatte wirklich ein gutes Händchen was Immobilien anging. Sie war zwar nie ganz zufrieden, doch scheute sich nicht, immer wieder etwas besseres zu finden und umzuziehen. Wobei das in den letzten Jahren weniger wurde und seit sie Gerd kennengelernt hatte auch wirklich sesshafter wurde. Wincent gönnte das seiner Mutter. Sie hatte soviel in ihrem Leben schon erlebt und war immer für ihn und seine Schwester da. Er hatte allen Respekt vor seiner Mutter. Bevor er das Haus betrat, stattete er seinen Autos einen kurzen Besuch ab. Das Grundstück seiner Mum hatte genügend Platz für Garagen, in denen er seine Oldtimer parken konnte. Das musste sich aber ändern. Er wollte nicht länger seine Sachen bei seiner Mutter stehen haben. Er wollte endlich seinen eigenen Platz im Norden finden. Eigentlich mit Steffi. Beim Gedanken an Steffi zog es ihm ins Herz. Wie sollte er das seiner Familie beibringen? "Ah da bist du, haben wir uns gedacht", erklang Gerds Stimme hinter ihm. "Hallo Gerd", schlug er bei dem Freund seiner Mutter ein. "Komm, deine Mutter hat das Essen schon fertig. Wir warten." Wincent nickte, lschloss das Garagentor und folgte ihm ins Haus. Er atmete nochmals tief durch und setzte ein Lächeln auf. Es fühlte sich falsch an, seiner Familie Fröhlichkeit vorzutäuschen, doch er war nicht bereit über die Trennung zu sprechen. Nicht an diesem Abend. Der Tisch war bereits eingedeckt und Shayenne, Timo und Gerd saßen. Angela, Wincents Mutter, kam gerade mit der Auflaufschale von der Küche, stellte diese ab und zog Wincent in ihre Arme: "Schön, dass du da bist. Wo hast du Steffi gelassen?" Wincent spannte sich an und antwortete so normal wie es ihm möglich war: "Sie hat einen Job. Ist Ende der Woche aber in Hamburg und kommt dann vorbei." "Wie schön", kommentierte seine Mutter, was Wincent nur lächelnd abnickte. Das Essen verlief ausgelassen. Angela erzählte von den Großeltern und sonstige Geschichten, die ihr Wiederfahren waren. Wincent genoss, nicht im Mittelpunkt zu stehen, sondern von den anderen zu hören, wie es ihnen ging. Als Gerd aufstand, um den Tisch abzuräumen und den Nachtisch zu bringen, räusperte sich Angela: "Also Wincent, wir haben dir etwas zu erzählen", fing sie an, was Wincent verwirrt in die Runde schauen ließ. Shayenne griff nach Timos Hand auf seinem Schoß, was Wincent nicht entging. "Sag jetzt nicht ich werde Onkel", platzte es aus ihm heraus. "Was? Nein!!", sprang Shayenne schockiert auf. "Kinder!", wurde Angela laut, "beruhigt euch. Niemand hier am Tisch ist schwanger! Es ist so, Gerd und ich..." Wincent schaute sie gespannt an. Als seine Mutter vor 19 Jahren zu ihm gekommen war und gesagt hatte, sie müsste mit ihm reden, war er erstmal am Boden zerstört gewesen. Die Info, dass er ein Geschwisterchen bekommen würde hatte er damals nicht gut aufgenommen. Da hatte er auch nicht gewusst, wie toll es war, eine kleine Schwester zu haben. Er liebte sie seit ihrer Geburt über alles. Angela räusperte sich: "also, wir haben ein Haus gefunden. Es befindet sich etwa 10 km von hier Richtung Eutin. Es ist kleiner und passt besser zu unseren aktuellen Bedürfnissen. Es ist näher an meiner Arbeit und alles in allem geschickter. Dieses große Haus hier macht uns einfach zu viel Arbeit und so dachten wir, da du Wincent ja mit Steffi auf der Suche bist und eh schon deine Autos hier stehen hast, könnte das Haus doch für euch passen!?" "Natürlich nur, wenn ihr das wollt", schob Gerd hinterher, der mittlerweile den Nachtisch verteilt hatte und sich wieder gesetzt hatte. Wincent schaute sie mit großen Augen an: "Aber..." Er betrachtete das Haus. Er liebte das Haus. Es entsprach wirklich seinen Vorstellungen. Wenn es kein Bauernhof würde, dann so. Er liebte den Stil. Modern und auf dem Land. Genügend Zimmer hatte es auch. Da es am Hang gebaut war, besaß der Keller auch schöne lichtdurchflutete Zimmer, die sich gut als Büro und Gästezimmer anboten. Einen großen Gym-Raum ließe sich ebenfalls im Kellergeschoss unterbringen. Offener Küchen-, Wohn- Essbereich mit großem Balkon im Erdgeschoss und unter dem Dach zwei Schlafzimmer und ein Bad mit Sauna. Für ihn alleine definitiv zu groß. Aber er wollte ja nicht alleine bleiben. Er ertappte sich bei der Vorstellung, wie das Haus wohl mit Leben gefüllt wäre.
"Deinem zufriedenen Lächeln zufolge scheint dir die Idee zu gefallen", kommentierte Angela die Sille. "Hmm?", schüttelte Wincent sich und kam in der Realität wieder an. "Außerdem", begann Shayenne, "hätte ich nichts dagegen, die ganze Wohnung für mich zu haben." Etwas nervös klammerte sie sich wieder an Timos Hand. Bevor Wincent kombinierte schob Angela ein: "Shayenne ist jetzt fertig mit ihrer Ausbildung und kann sich die Wohnung alleine leisten." Ohne ein Wort stand Wincent auf.