Anna saß gerade gedankenversunken vor ihrem Laptop. Sie hatte mittags den Post von Wincent gesehen, dass er sich wohl an diesem Tag schon auf in die Schweiz nach Spiez machen würde. Persönlich hatte sie an diesem Tag noch keinen Kontakt. Sie checkte nochmals Google Maps und wurde bestätigt, dass seine Route von München nach Spiez recht nahe bei ihr vorbeiführte. Ach Anna, warum sollte er vorbeikommen? Er hatte genug um die Ohren. Sie wollte gerade Antonia schreiben, da kam ein FaceTime-Anruf. Ihr Herz schlug sofort schneller. „Hi", versuchte sie so locker und unüberrascht wie möglich zu klingen. „Hallöchen", trällerte es am anderen Ende und ein grinsender Wincent erschien auf ihrem Bildschirm. „Na, was treibt ihr?" „Kids sind bei Oma und Opa und ich sitze am PC und versuche zu arbeiten. Und du wohl im Auto!? Äh was ist das denn für ein Lied? Weihnachten?" Wincent grinste noch breiter „Heute ist der 24.!" Er drehte die Lautstärke hoch und fing an zu singen „Wieder um den Weihnachtsbaum reden viel und lachen laut, ich komm nach Haus, wenn die beste Zeit im Jahr ist, ey wenn jeder von uns da ist"
Anna lachte nur und schüttelte den Kopf. „Was?", sagte Wincent gespielt empört und musste doch auch lachen. „Schöner Song. Jedoch weist du schon, dass es August ist!?", lachte Anna. „Aaach, ist doch blöd, wenn Weihnachten nur einmal im Jahr ist. Du Anna, weswegen ich mich eigentlich melde, ich wär in ner guten halben Stunde bei euch. Darf ich vorbeikommen?" Annas Lachen verstummte und fing an zu stottern „äh, ja klar. Kinder kommen nur vermutlich erst in einer guten Stunden wieder." „Ja prima, das passt doch hervorragend. Dann bis gleich!" Sie legten auf und Anna lehnte sich erstmal zurück, atmete tief ein und aus und fuhr sich durchs Haar. Sie kniff sich in den Arm. Sie war wach, das war wohl kein Traum. Sie schaute auf ihr Handy - letzter eingegangener Anruf war ein FaceTime Anruf von Wincent. Okayi, dann bekommt sie wohl gleich Besuch. Anna schrieb schnell Antonia, die nur ein Daumen hoch und schönen Abend zurückschickte. Danke fürs Gespräch.
Wincent brachte die letzten Kilometer hinter sich und wurde mit jedem Meter, den er sich näherte hibbeliger. Er war doch etwas angespannt gewesen, als er Anna anrief. Er wusste nicht, ob er sie mit seiner Spontanität in die Enge trieb, aber er wollte es nicht unversucht lassen, wenn er schon die Möglichkeit hatte, sie und die Kinder ein paar Stunden zu besuchen. Umso mehr durchströmte ihn nun ein Glücksgefühl und Vorfreude die Kids gleich in die Arme zu schließen.
Beim Haus angekommen sah er schon Anna mit den Zweien an der Straße einem Auto nachwinken. Als die Kinder ihn sahen schrieen sie voll Freude und sprangen ihm in seine Arme. Da war es wieder, dieses extrem wohlige Gefühl, das Wincent nur in Verbindung mit den beiden kannte. Die Kinder quasselten bereits auf ihn ein und zogen ihn ins Haus in ihr Spielzimmer. „Hey ihr zwei, darf ich eurer Mama auch noch hallo sagen?", lachte Wincent. Anna beobachte die Szenen und stand schmunzelnd in der Tür. Wincent kam auf sie zu und schloss sie in seine starken Arme. Anna konnte nicht verhindern ihn feste zu drücken und sich an seine Brust zu lehnen, die Augen zu schließen und seinen Geruch einzuatmen. Für einen kurzen Moment vergaß sie alles um sich herum und verspürte seit langem wieder so etwas wie Glück und Geborgenheit. Sie löste sich langsam, schaute in seine braunen Augen und hauchte ein „Hi. Schön, dass du da bist!" Wincent lächelte sie liebevoll an und wurde sofort wieder von den Kindern in Beschlag genommen. Er liebte es, mit den Kids zu spielen, zu lachen, ihnen zu zu hören und einfach rumzualbern. Die wenigen Stunden vergingen wie im Flug und dann hieß es Bettgehzeit. Anna wusste, es würde schwierig werden die Kinder Richtung Bett zu bewegen, zu sehr hingen sie an Wincent. „So Kinder, Bettgehzeit" „Och nöööö" „Auf, zeigt Wincent doch mal wie ihr Zähne putzen könnt." „Au jaa, Wincent komm", sagte Noah und zog ihn mit sich. „Kennt ihr das Zahnputzlied?", fragte Wincent. Vivi und Noah sahen ihn mit großen Augen an und schüttelten den Kopf. Wincent begann zu singen: „Hol dein aller schönstes La-La-Lachen raus, die Sonne, ja, sie ma-ma-macht das auch.
Und dein Spiegel sagt, du ha- ha- hast das drauf
Das ist dein Tag komm mach was draus
Ich springe aus dem Bett,
was für'n super cooler Tag
Dreh das Radio ganz laut
Tanze bis in mein Bad
Sag „Cheese" in den Spiegel, mach die Schnute auf
Guck mal, die Zahnbürste ich, wir haben voll was drauf.
Splish Splash, links, rechts, Dikka wir sind gesund
Ich mach das klar für die Kumpels da in meinem Mund
Sie funkeln nagelneu und blitzen gleich
Wenn man gut putzt werden die Zähne auch von Wincent weiß
Hol dein allerschönstes La-La-Lachen raus..."Die beiden Kinder lauschten gebannt Wincents Stimme und ließen sich ohne Widerstand die Zähne putzen. Schon beim Aufnehmen des Songs damals mit Dikka hatte sich Wincent vorgestellt, wie er dieses Lied seinen Kindern beim Zähneputzen vorsingen würde. Es war ein unbeschreibliches Gefühl die beiden so fasziniert zu sehen. Das fürs Bett fertig machen wurde somit doch einfacher als gedacht. „Wincent, liest Du uns vor?", fragte Noah mit großen Augen. Ohne zu überlegen willigte er ein. Die Kids legten sich ins große Familienbett und Noah zeigte, Wincent sollte sich zwischen sie legen. Wincent schaute Anna an, ob das für sie auch in Ordnung wäre. Nickend schubste sie ihn in Richtung Bett und legte sich selbst an die Seite neben Noah. Anna beobachtete die Situation schmunzelnd und war auf Vivis Reaktion gespannt. Seit Jonas Unfall war das Einschlafen für Vivi sehr schwierig. Kaum hatte Wincent angefangen zu lesen, schmiegte sich Vivienne an seine Brust auf der einen Seite und Noah an seinen Arm auf der anderen Seite. Wincents Körper durchströmte ein Glücksgefühl und drohte zu platzen. Sein Herz hüpfte und ließ ihn mit einem riesen Grinsen zufrieden ausatmen. Vorsichtig legte er das Buch beiseite und genoss den Moment mit den beiden kuschelnd da zu liegen. Anna hatte sich an Noah gekuschelt. Wincent vernahm gleichmäßiges Atmen von allen Seiten und versuchte vorsichtig aufzustehen. Dabei sah er, das Anna ebenfalls eingeschlafen war. Schmunzelnd betrachtete er sie.