36 - New Orleans 1994 - 24. Juni - Teil II

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Charles und Erik saßen sich wieder in der Gegenwart gegenüber. Erik blinzelte, als er wacher wurde. Er rieb sich die Augen und ergriff dabei das Wort: "Jetzt weißt du, wie ich Magda kennengelernt habe."

Charles sah etwas zur Seite und überlegte sich, was er sagen oder fühlen sollte. Erik sah schon in den wenigen ersten Momenten mit Magda irgendwie glücklicher aus als an so manch anderen Tagen. Trotz dieser Feststellung wollte Charles etwas neutraleres sagen: "Sie sah freundlich aus."

"War sie.", bestätigte Erik.

"Sie ist ein Mensch."

"War sie.", bestätigte Erik erneut.

"Störte dich das nicht?"

"Nicht wirklich... Ich habe damals angefangen umzudenken. Wenn alle Menschen wie Magda wären, dann... Gäbe es keine Probleme. Auch keinen Hass, uns gegenüber."

Während Erik über seine moralischen Grundsätze reden wollte, konnte Charles seine Feststellung nicht länger für sich behalten: "Du sahst glücklich aus." Er sah dabei zur Seite und Erik nicht ins Gesicht.

Dieser seufzte als Reaktion: "Ich hätte es dir nicht zeigen sollen." Erik blieb danach still.

"Warst du glücklich?", hakte Charles nach. Er sah nicht länger zur Seite, sondern Erik genau in die Augen. Er wich Charles Blick sofort schützend aus: "Charles, hör bitte auf..."

"Warst du mit Magda glücklicher als mit mir?", Charles hob fragend die Augenbrauen und versuchte sich wieder in Eriks Blickfeld zu drehen.

"Das beantworte ich nicht.", sagte Erik stur.

"Warum nicht?"

"Weil ich es nicht kann. Wenn ich es versuchen müsste, würde ich sagen, ich war bei Magda oft genauso glücklich, wie ich es jetzt mit dir bin. Aber ich war mit ihr auch oft genauso unglücklich, wie ich es heute bin. Das hat aber weder etwas mit Magda zu tun noch, etwas mit dir. Das hat nur etwas mit mir zu tun."

"Jetzt redest du nur davon, dass du schon damals wahrscheinlich bipolar warst."

"Was willst du denn von mir hören? Dass ich tot unglücklich in dieser Beziehung war und am liebsten alles stehen und liegen gelassen hätte, um vor dir auf die Knie zu fallen?"

Charles verschränkte die Arme: "Du hast dich einfach Hals über Kopf neu verliebt. Als hätte ich überhaupt nicht existiert. Ich lag zu der Zeit wochenlang Eiscreme essend im Bett und konnte nur noch Fernsehen schauen. Dabei schaue ich gar nicht so gerne fern. Ich hatte wirklich Hoffnung gehabt, dass du und ich alles wieder geradebiegen könnten. Wir hätten doch zumindest Freunde sein können. Ja, und was machst du... Du benutzt einfach eine Telefonzelle und... Zack. Wer ist nochmal Charles Xavier? Noch nie gehört. Die Frau da vorne, über die ich rein gar nichts weiß, die ist es. Mit der will ich jetzt mein Leben verbringen. Denn sie hat mir einen Złoty geliehen."

Erik, der bis eben ruhig blieb und sich nicht provozieren ließ, wurde plötzlich wütend. "Hör auf, so über sie zu reden! Sie ist nicht so charakterlos, wie du sie beschreibst. Ich meine, sie war es nicht...", Eriks Stimme brach am Ende. Die Tischlampe neben ihm begann bereits auf seine unfreiwillig erzeugten magnetischen Wellen zu reagieren und wackelte. Charles hielt die Lampe fest, damit sie nicht umfallen und der teuer anmutende Glasschirm nicht zu Bruch gehen würde.

"Du weißt schon, dass wir nie richtig zusammen waren.", Erik verdrehte die Augen.

"Wir hätten es aber sein sollen! Ich hätte dich gebraucht. Ich kümmere mich immer um dich. Auch jetzt gerade bewahre ich dich davor, die Lampe ersetzen zu müssen. Alles dreht sich um dich! Dass du glücklich bist und du alles hast, was du willst. Wenn du traurig bist und eine Pause brauchst, nehme ich mich zurück. Wenn du wieder völlig aufgedreht bist, lasse ich dich. Du weißt gar nicht zu schätzen, was ich alles in Kauf nehme oder aushalte."

You are not alone: Even in your dreamsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt