37 - New Orleans 1994 - 24. Juni - Teil III

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Mittlerweile waren alle außer Charles im Wasser. Er hingegen versuchte, sich mit einem Buch abzulenken. Storm, Remy und Erik spielten mit einem Ball, den irgendwer von ihnen am Strandkiosk gekauft hatte. Remy war bemüht, den Ball nicht aufzuladen. Aber bisher war nichts passiert.

So hatte sich Charles den letzten Tag mit Remy auch nicht vorgestellt. Erik sah hin und wieder herüber. Dann passte er den Ball zu Remy, nickte zu Charles und kam zum Strand zurück. Er nahm auf der Liege neben ihm Platz.

"Ähm...", begann Erik.

Charles klappte das Buch zu und sah zu ihm herüber. Er wusste, dass Erik darüber nachdachte, ihn davon zu überzeugen, auch ins Wasser zu kommen und er würde ihm auch dabei helfen. Aber er traute sich nicht, diesen Satz zu formulieren. Dies wusste Charles, ohne seine Gedanken lesen zu müssen.

"Bevor du fragst, nein.", stellte Charles klar: "Ich will weder auf dem schmutzigen Sand sitzen noch ins Wasser."

"Sicher? Ja, gut. In Ordnung.", Erik nickte. Dann nahm er sich einen der großen Schokokekse aus der Kühltasche. Charles schlug sein Buch wieder auf. Das Knabbern und Krümeln störten ihn beim Lesen.

"Das heißt aber nicht, dass du keinen Spaß haben darfst.", ergänzte Charles: "Geh ruhig wieder hin."

"Nein, nein, alles gut. Ich habe so langsam keine Lust mehr.", Erik aß das letzte Stück Keks und rieb sich sie Krümel von den Händen.

"Wirklich, ist in Ordnung. Geh ruhig wieder zurück. Ich bin nicht neidisch oder enttäuscht."

"Ich habe wirklich keine Lust mehr dazu.", versuchte Erik glaubhaft zu machen.

Irgendwas sagte Charles, dass sich beide ihre Aussagen nicht besonders abkauften. So glaubte Erik wahrscheinlich, dass Charles gerne ins Meer wollte, es ihm aber zu peinlich war, wenn er Hilfe brauchte. Und Charles kaufte ihm nicht ab, dass er keine Lust mehr zum Schwimmen hatte.

Was für eine Zwickmühle.

Charles versuchte sich wieder in sein Buch zu vertiefen. Dazu kam es nicht, denn Erik hielt mehr als eine Minute Ruhe nicht aus.

"Willst du wirklich nicht ins Wasser?", fragte Erik nochmal.

"Nein.", Charles klappte sein Buch demonstrativ lauter als gewöhnlich zu: "Du denn?"

"Nein. Nicht ohne dich." Also wollte er eigentlich. Charles wusste es doch.

"Das ist Erpressung.", feixte Charles. 

"Inwiefern sollte das Erpressung sein?", Erik sah irritiert aus.

"Du erpresst mich, weil du glaubst, ich gehe lieber mit dir mit ins Wasser, als dass ich es ertrage, dass du wegen mir nicht mehr alleine gehst, obwohl du willst."

Erik blinzelte und musste scheinbar den komplexen Gedankengang erst durchdringen, den er doch eher intuitiv gegangen war. "Davon abgesehen, dass ich so kompliziert gar nicht denken kann, funktioniert es?", Erik sah neugierig zu Charles hinüber und lächelte.

"Nein."

"Na gut, sag Bescheid, wenn du dich umentscheidest.", Erik klappte die Rückenlehne seiner Liege weiter zurück und setzte sich seine Sonnenbrille auf.

Charles verdrehte die Augen und schlug sein Buch wieder auf.

Erik schien nicht wirklich zu entspannen und fing wieder an zu reden: "Ich war irgendwie noch nie im Urlaub. Also, ich war schon in Argentinien, den USA, Deutschland, Polen, Ägypten, Frankreich, Italien, England, Russland und einmal auch in Japan, aber Urlaub habe ich dort nirgends gemacht. Zumindest müssten das alle Länder gewesen sein..."

You are not alone: Even in your dreamsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt