29 - New Orleans 1994 - 23. Juni - Teil I

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Diese bunte und musikalische Stadt war das, was Charles sich als Urlaubsziel gut vorstellen konnte. Dennoch war er sich noch nicht sicher, auf wie viele Touristenfallen und überteuerte Leckereien er schon hereingefallen war. Erik war normalerweise etwas aufmerksamer, wenn es um die Erleichterung seines touristischen Geldbeutels ging. Er hatte sich, seines Wissen nach, noch nie ein Souvenir gekauft. Abgesehen von den gefälschten Pässen natürlich.

Charles hingegen war kaum in New Orleans angekommen und nannte schon zwei bedruckte Tassen mit Sehenswürdigkeiten, drei Magneten in Form von regionalen Tierarten und fünf hübsche Landschaftspostkarten sein eigen. Letztere würde er wahrscheinlich sowieso vergessen zu verschicken. An wen hätte er sie schon verschicken sollen?

"Wie, glaubst du, finden wir die beiden?", fragte Storm. Charles und seine Begleiterin hatten es zunächst bei der Adresse von Remys leiblichen Vater versucht, aber dort war niemand anzutreffen. Weder Fabrice LeBeau noch die beiden anderen Gesuchten.

Charles beschirmte mit seiner Hand die Augen. Er war im Gegensatz zu Storm weniger gut auf das schwülwarme Wetter vorbereitet.

"Mein Plan ist, wir machen eine schöne Bootsfahrt über den Mississippi, und ich versuche, die Gegend nach ihnen abzusuchen. Das wird schon funktionieren.", erklärte er.

"Das klingt zumindest nach einem mittelmäßig guten Plan.", verkündete Storm.

Sie entschieden sich also für eine Bootstour auf dem Mississippi, wobei sie an einigen Stationen wieder aussteigen konnten.

Zum Glück funktionierte Charles mittelmäßiger Plan tatsächlich. Natürlich hatte er die Gegend nach Remy abgesucht und nicht nach Erik, der hätte ihn schließlich in seinen Gedanken bemerkt. Die beiden waren auf dem Weg Mittagspause zu machen. Allerdings konnten sie sich nicht über die Art des Restaurants einigen.

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"Bevor wir essen, nehme ich jetzt aber das Armband ab. Schließlich habe ich Geburtstag.", Remy nahm ohne Probleme sein Gontex-Armband ab und steckte es ein. Charles war genauso wie Erik nicht klar, dass dies möglich war. Erik konnte seines schließlich nicht selbstständig entfernen.

Erik sah perplex aus: "Was!? Du kannst das einfach abnehmen? Das konnte ich nicht."

Remy lachte auf: "Ja, natürlich. Ich bin doch kein Schwerverbrecher. Außerdem minderjährig."

Erik verdrehte die Augen: "Ach so. Aber ich, oder wie?"

"Ansichtssache.", antwortete Remy. Er fuhr mit seinen Essenswünschen fort: "Ich finde Burger besser als Pizza. Außerdem kann ich dann auch Pommes dazu bestellen. Und da ist ein Spielzeug dabei."

"Wir könnten doch auch etwas regionstypisches essen.", schlug Erik vor: "Ich habe mal gelesen, dass es hier auch afrikanische Küche gibt."

"Nein! Burger! Was heißt das Wort regionstypisch überhaupt?", Remy wurde etwas quenglig.

"Na gut. Dann gehen wir eben Burger essen. Aber in einem richtigen Restaurant, nicht in einem Schnellrestaurant.", Erik hatte zumindest ein wenig klein beigegeben: "Die gibt es zuhause auch. Das muss nicht sein."

"Nein!"

"Gut, dann eben so, wie du willst. Du hast Geburtstag. Lauf vor.", Erik atmete aus.

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"Storm... Sie sind bei McDonald's.", schlussfolgerte Charles aus dem Gespräch. Er nahm seine Finger von den Schläfen. Zu häufig hatte er dieses Gespräch schon so oder so ähnlich mit seinen eigenen Schülern führen müssen.

Storm schien sichtlich enttäuscht an der nächsten Station das Boot schon verlassen zu müssen. Sie genoss die frische Brise auf dem Mississippi-Dampfer mit den typischen Heckrädern. "Du kannst auch die Bootsfahrt zu Ende machen, wenn du möchtest. Ich schaffe das schon allein.", bot Charles Storm an: "Schließlich habe ich für die Rundfahrt bezahlt." Wobei er wahrscheinlich schon wieder zu viel bezahlt hatte.

You are not alone: Even in your dreamsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt