Familiärer Herbst

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Am nächsten Morgen erwachte Annika erst nach zehn Uhr. Sie stöhnte, als sie sich im Bett aufrichtete und einen Blick zum Fenster warf. Die Gardinen waren nur halb zugezogen, ein graues Licht kämpfte sich durch die Glasscheiben. Es war bewölkt und windig draußen, und der Regen peitschte gegen das Fenster. Tolles Herbstwetter.

Annika schlug die Bettdecke zur Seite und fröstelte. Sie würde heute im Zimmer aufheizen müssen. Da es ein altes Haus war, war die Isolierung nicht gerade im neuesten Stand. Langsam stieg sie auf dem Himmelbett und schaute sich im Zimmer nach ihrer Tasche um. Sie waren gestern erst halb zwei ins Bett gegangen, und Annika hatte sich einfach müde ausgezogen und war ins Bett gefallen.

Sie kramte ein paar Kleidungsstücke aus ihrer Tasche, nahm ihre Duschsachen und begab sich ins angrenzende Bad. Sie duschte sich schnell und zog sich warm an. Immernoch müde schlenderte sie nach unten in die große Küche, wo Daphne schon am Herrichten für den Abend war.

"Morgen, du Schlafmütze!", begrüßte sie Annika munter und reichte ihr sogleich eine Tasse mit dampfendem Kaffee.

"Danke", murmelte Annika und setzte sich an den langen Eichentisch. Daphne und Matthew hatten eine riesige, gemütliche Landküche mit Platz für viele Gäste. Es war deutlich, dass in dieser Küche gelebt wurde. Überall lagen oder standen Sachen, es war immer etwas im Ofen oder auf dem Herd. Es duftete herrlich nach diversen Köstlichkeiten und auf der Anrichte war immer ein Korb voller Gemüse und Obst aus dem Garten, je nachdem was gerade in Saison war. Es war eine eher unformelle Küche und nur Daphne und Matthew's engsten Freunde hielten sich hier auf. Sonst wurde im feinen Esszimmer mit den Mahagonimöbeln gespeist.

"Na, gut geschlafen?", fragte Daphne weiter und kam mit einem Teller voll englischem Frühstücks zu Annika und setzte sich auf die Eckbank.

"Jap, nur zu wenig", grinste sie und nahm dankend eine Gabel entgegen. Sie war am Verhungern. "Wann kommen die Gäste heute Abend?"

"Um halb sieben."

"Kann ich mit irgendetwas helfen?"

"Du darfst gerne die Kartoffeln schälen und zwei Appelpie's backen. Du weißt doch, wie man so etwas macht, oder?", neckte Daphne und stupste Annika grinsend an. Diana hatte Annika nie im Haushalt etwas beigebracht. Entweder hatte sie den Bediensteten zugeschaut, Daphne gefragt oder im Internet nachgeschaut.

"Ich kenne da ein gutes Rezept", murmelte Annika und stopfte sich ein Stück Bacon in den Mund. Den besten Appelpie machte Daphne und vor Jahren hatte sie Annika beigebracht, wie er perfekt wurde.

"Dann ist das abgemacht!", verkündete Daphne und stand auf. "Ich muss wieder an die Arbeit! Der Braten ist schon mariniert, aber das Gemüse muss noch hergerichtet werden."

_____

Viele Stunden später hörte Annika von der Hall her Stimmen, die gedämpft nach oben zu ihr drangen. Die ersten Gäste waren also schon da. Sie steckte sich noch die glitzernden Ohrringe in die Läppchen, glättete ihre dunkelviolettes Kleid und setzte ein Lächeln auf. Sie wusste nicht, wer heute Abend kommen würde und sie hasste es einfach sich mit völlig fremden Leuten unterhalten zu müssen.

Langsam schritt sie die Treppe nach unten, der Teppich unter ihren Füßen dämpfte den Klang ihrer Schritte. Sie folgte dem Geräusch nach Gerede und betrat kurz darauf den Speisesaal. Daphne und Matthew unterhielten sich lachend mit einem jungen Paar. Die Frau hatte einen modischen Bob und ihre rabenschwarzen Haare glänzten wie Diamant. Sie war etwas dürr, was durch das schwarze kurze Kleid noch deutlicher hervortrat. Ihr Partner hatte orangene Haare und trug eine runde Hornbrille, er wirkte eher konservativ und älter, als er wahrscheinlich war.

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