Handball ist die Rettung - oder?

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Annika legte eine Hand auf ihren Bauch und schaute sich von der Seite im Spiegel an. Die schwarze Uniform saß eng an ihrem Körper. Sie zupfte ein Haar von ihrer Jacke und glättete ihren Rock.

"Bist du soweit?", fragte Rebecca, die im Türrahmen stand.

"Ja, ich komme jetzt!" Annika stieg in ihre Schuhe und schnappte sich ihre Tasche. Sie folgte Rebecca aus dem Zimmer und ließ die Tür ins Schloss fallen. Rebecca ging voraus in die Eingangshalle und hinter den Empfangstresen. Sie stieß eine große Doppeltür auf und gemeinsam gingen sie in das Schulgebäude. Es herrschte eine heitere Stimmung. Annika blieb stehen und betrachtete die Mädchen, die sich aufgeregt unterhaltend an ihr vorbeigingen. Überall sah Annika Röcke wedeln und das Geräusch vom Klappern der Absätze erfüllte das Gebäude.

Rebecca stand ungeduldig neben Annika. Sie zupfte kurz an ihrem Ärmel. Sie wollte weiter. Annika konnte ihren Blick jedoch nicht von dem Innern des Gebäudes losreißen. Es war alles schön hell, die Wände waren in einem sandfarbenen Ton gestrichen. Nur die Wandvertäfelungen bestanden aus dunklem Mahagoniholz. Eine breite Treppe führte zu dem ersten Obergeschoss hinauf. Sie war mit einem Perserteppich in bräunlichen und rötlichen Tönen bezogen.

"Komm, schauen wir mal, wo wir hin müssen...", sagte Rebecca munter und versuchte dabei ihre Ungeduld zu verbergen. Die Stunde würde gleich anfangen. Sie zog Annika am Arm zu dem schwarzen Brett des Schulgebäudes.

"Jahrgang 2, Klassenleiterin Mrs. Miller...", flüsterte Rebecca, während sie mit dem Finger über die gedruckten Seiten strich, "Dritter Stock, Zimmer vier. Auf geht's!" Annika folgte Rebecca. Sie stiegen die vielen Stufen empor. Der Teppich schluckte ihre Schritte. Annika hatte keine Zeit sich näher umzuschauen, denn Rebecca beschleunigte ihre Schritte.

"Müssen wir den ganzen Tag in diesen hohen Schuhen rumlaufen?" Annika schaute skeptisch auf ihre Füße, als sie halb rennend hinter Rebecca her hechtete. "Meine Füße sterben, bevor die erste Woche vorbei ist!" Rebecca lachte laut auf.

"Nein, keine Sorgen, so schlimm wird's schon nicht sein! Man gewöhnt sich daran. Du kannst auch gerne bequemere Schuhe anziehen, aber die Lehrer und auch Mrs. Carmelot sehen es gerne, wenn die Schüler wenigstens am ersten Tag die vorgeschriebenen Schuhe anhaben." Auf dem zweiten Blick schien es so, als würde an dieser Schule doch nicht so beharrlich auf die Regeln geachtet werden. 

Sie hatten das ihnen zugeteilte Zimmer erreicht. Mrs. Miller befand sich noch nicht im Zimmer, aber die meisten aus Annikas neuer Klasse. Caroline wedelte mit ihren Armen, als sie Annika und Rebecca erblickte.

"Hier, ich hab Plätze für euch reserviert!", rief Caroline so laut, dass sie die andere Mädchen in der Klasse übertönte. Rebecca und Annika zwängten sich durch Tische und Stühle hindurch, bis sie in der letzten Reihe bei Caroline ankamen.

"Und, schon aufgeregt?", fragte Caroline, die entspannt zurückgelehnt auf ihrem Stuhl saß.

"Ja, ein bisschen schon. Ich habe ja absolut keine Ahnung, wie alles hier so läuft."

"Keine Sorge, ist alles ganz locker."

"Solange man sich an die Regeln hält, passiert einem sowieso nichts...", mischte Rebecca sich ins Gespräch ein. "Die Lehrer hier sind ja auch keine Monster. Brauchst also wirklich keine Angst zu haben!" Annika nickte lächelnd. Im gleichen Moment kam Mrs. Miller zur Tür herein. Sie hatte ihre dunklen Haare zu einem Knoten im Nacken zusammengebunden, sie trug die Uniform der Schule und auf ihrer Nase saß eine ränderlose Brille, ganz unauffällig.

"Einen wunderschönen guten Morgen!" Alle Mädchen, die sich in der Klasse befanden, verstummten plötzlich. Sie drehten sich von ihren Gesprächspartnern weg, setzten sich ordentlich auf ihre Stühle und schauten gespannt Mrs. Miller an. Stolz schritt sie durch das Zimmer auf ihr Pult zu. Sie stellte ihre Tasche auf die Tischplatte und schaute die Mädchen eins nach dem anderen an. Es war ganz leise in der Klasse. Keiner rührte sich. Annika schmunzelte. Es wirkte unglaublich komisch, wie sich die anderen Schüler aufführten. Getreu nach dem Motto ihrer Großmutter: 'Respekt ist gut; aber Furcht ist besser.' Sie schaute abwartend auf ihre neue Klassenlehrerin.

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