Kastanienkuss

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Sie fing gerade noch Peters vielsagenden Blick auf, bevor Nick sie in seine Arme schloss und sich langsam mit ihr zu bewegen begann.

"Freust du dich aufs Internat?", fragte er sie nachdem sie sich die ersten Sekunden lang nur angesehen hatten.

"Schon ein wenig. Ich werde meine Familie vermissen... Aber ich freue mich auch darauf, wieder Handball zu spielen." Beim Gedanken musste sie breit grinsen.

"Das ist die richtige Einstellung", stellte Nick schmunzelnd fest. Im dimmen Licht sahen seine Augen wieder pechschwarz aus. Er zog Annika etwas näher an sich und sie ließ es geschehen. Vielleicht hatte sie es sich auch nur eingebildet. Aber neuerdings hatten Nicks Augen auf sie eine andere Wirkung als sonst. Selbst wenn sie ausdruckslos und kalt waren, drangen sie jetzt tiefer in sie hinein. 

"Und du? Freust du dich?" Sie wusste nichts über Nick und sein Verhältnis zur Schule, zur Ausbildung. Er zuckte mit den Schultern.

"Naja, die Carmelot-Schule ist ja irgendwie mittlerweile mein Zuhause. Und bald fangen die Vorbereitungen für die Halbjahresprüfungen an und dann vergeht die Zeit damit." Er schien zu überlegen. "Und ich freue mich auch auf das Handballspielen. Und Trainieren natürlich. Ich habe viele Pläne mit euch." Er grinste schelmisch.

"Erzählst du sie mir?"

"Naja, der Plan ist die Meisterschaft und den Pokal zu gewinnen. So einfach ist das."

"Einfach?" Annika lachte. "Das wird bei Weitem nicht einfach."

"Ich glaube an euch", meinte Nick und sah sie ernst an. Ganz ruhig musterte er sie mit seinen eisklaren Augen, die langsam ihre volle Wirkung entfachten. Plötzlich war es, als hätte Annika nur noch Augen für Nick. Alles andere um sie herum verschwomm, nur Nick war klar und deutlich. Wieder hatte sie das Gefühl, dass sich etwas in ihr löste, losgerissen wurde und durch ihren Körper flatterte.

Auf einmal schnürte ihr Kleid ihr die Luft weg, der Stoff wirkte so schwer, dass sie kaum aufrecht stehen konnte und ihr wurde warm, viel zu warm.

"Ich muss an die frische Luft", sagte sie abrupt, riss sich von Nick los und ließ ihn auf der Tanzfläche stehen. Sie zwängte sich durch Tische, Stühle und Gäste und verließ mit eiligen Schritten die Burg.

Die kalte Nachtluft traf sie hart und heftig, trotzdem entfernte sie sich immer mehr vom Eingang. Sie ging zu einem großen Baum, der in der Dunkelheit wie ein noch schwärzerer Schatten in die Luft ragte. Sie lehnte sich an den Stamm und schloss die Augen. Was war nur los mit ihr?

Ihre Brust hob und senkte sich schnell, ihr Herz hämmerte hart und ihr Puls raste. Was war nur los mit ihr?

"Hey, alles klar?"

Annika hob den Blick und sah Peter einige Meter entfernt stehen. "Ja, ja, alles klar", stotterte sie. "Ich habe nur ein wenig Luft gebraucht." Sie rappelte sich auf und ging zu ihm.

"Ist es wegen Nick?", fragte er und legte den Arm um sie, als sie bei ihm ankam.

"Nick?" Ja verdammt, es war wegen Nick. Aber sie wusste nicht wieso und wie. Nur dieser Blick von ihm...

"Hat er was gemacht?" Die Besorgnis in seiner Stimme war nicht zu überhören.

"Was? Nein..." Annika schüttelte den Kopf, auch, um ihre eigenen Gedanken zu sortieren.

"Er sah ziemlich verdutzt aus, so wie du ihn hast stehen lassen."

Ein kleines Grinsen huschte auf ihre Lippen. Natürlich gefiel es dem souveränen Nick Brighton nicht einfach auf der Tanzfläche stehen gelassen zu werden. Was für ein Riss in seinem Stolz...

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