Klimaschock

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Noch lange grübelte ich über die Geschehnisse nach, ich beschloss einfach mich so zu verhalten, wie immer. Die meiste Zeit saß ich auf dem Stuhl und starrte einfach vor mich her, manchmal ging ich nach draußen und schaute mich um. Wieder stand ich gerade draußen, als es langsam, aber stetig heller wurde.
Ich suchte den Horizont ab und wartete gespannt auf die ersten Sonnenstrahlen. Es begann wie ein Countdown und schon erhellte sich der Himmel immer mehr und die Sonne ging auf, sie strahlte Orange auf Atlanta. Die Hochhäuser strahlten in ihrer alten Schönheit, wirkten aber doch glanzlos, bei den Gedanken an die Beißer.
Auch ihre Silhouetten erhellten sich in der Ferne, aber sie waren noch weit weg, sie konnten mir egal sein. Langsam ging ich in das Auto und holte das Navi hinaus, unbedingt wollte ich wissen wie weit bis es nach Las Vegas war. Ich ging wieder nach unten und ließ mich seufzend auf den Sessel sinken. Wie lange wollen die noch schlafen?
Gelangweilt stellte ich das Navi ein und tippte pauschal eine Route ein. 1960 Meilen von hier aus, einen Tag und fünf Stunden fahrt, wenn alles gut werden würde. Aber selbst Abraham rechnete mit mindestens einer Woche fahrt, mindestens.
„Morgen." Kam der Erste müde Geist aus dem Gang, es war Rosita, ihre Haare waren noch etwas verwuschelt und sie hatte das Kissen noch im Gesicht. Ich grinste sie an was sie nur schwer erwiderte, aber so nach und nach kamen alle wieder und ich freute mich regelrecht, dass es weiter ging!
Es dauerte nicht lange und wir hatten alles zusammen was wir noch hier als brauchbar empfanden. Das Benzin fanden wir in großen Kanistern vor, das müsste Theoretisch reichen. Der Lkw wurde voll getankt und der Rest mit hinten rein und fest gezurrt. Auch eine große Couch wurde noch mit hinein geschoben, es wurde immer enger dort hinten, aber wenn sie es so bequemer hatten, dann bitte.
Rick behandelte mich relativ normal, nur dass er jeglichen Blickkontakt mit mir vermied, genauso auch Daryl nur John lächelte immer wieder in meine Richtung. Es war mir auf eine Art unangenehm, aber ich lächelte immer zurück.
Selbst das Auftragsauto wurde geplündert und noch so einige Sachen an Waffen und Munition entdeckten wir. Einstimmig waren wir dafür, dass es hier bleibt. Schön und gut, dass wir dort hin gehen, aber die ganze Zeit unter Kontrolle sein wollte keiner, nur das Handy und das Zubehör nahm ich an mich.
Gerade als wir los gefahren waren, bekam ich darauf eine Sms: Wenigstens können wir den Kontakt aufrecht erhalten.
„Anschiss bekommen?" Fragte Abraham, er fuhr und ich saß ihm als Beifahrer, das Navi hatten wir auf das Cockpit gelegt.
„Nicht wirklich." Sagte ich leise und legte das Handy neben das Navi. Der Wassertank war genau dort, wo der Kerl der Kalimero es beschrieben hatte und er passte perfekt an die hintere Kopplung des Lkw's, was nicht selbstverständlich war. Auch war er voll, wie er sagte, das machte mich immer wieder stutzig, aber ich versuchte nicht darüber nach zu denken, es strengte mich zu sehr an.
Wir fuhren viel ohne Zwischenfälle, gelegentlich mussten wir anhalten wenn jemand dringend auf die Toilette musste, oder einfach nur zum entspannen, denn nicht viel konnten den Lkw fahren. Nur ich, Abraham und Rick, wobei er auch nicht lange durch hielt. Ich hatte keine mühe, aber auf bitten der Anderen machte ich Pause.
Die Straßen waren furchtbar und viele waren zerstört oder überwuchert. In den National Parks waren sogar einige überschwemmt. Und immer wieder mussten wir Umwege fahren, wir fuhren durch Birmingham und weiter, durch Memphis und wir kamen wirklich gut durch. Wir mussten nicht anhalten, wenn eine Horde im Weg war. Wir fuhren mitten durch, es war zwar widerlich, aber dieses Baby durchfuhr wirklich alles.
Wir spürten wie es wärmer wurde und aber auch feuchter, die Wälder wurden dichter und Dschungelartiger. Wir schwitzen alle in dieser Blechmühle und ich bereute es den Kühler abgebaut zu haben, aber woher soll ich das auch wissen, dass es immer wärmer wird?
Trotz der recht guten Straße Lage, hatten wir viele Umwege nehmen müssen, so kam es dass schon zwei Tage verfolgen waren. Immer wieder bekam ich Sms, er wollte wissen wo wir uns befanden. Jedes mal schrieb ich ihm zurück, auf dem Weg.
Das machte ihn sicher wütend, aber ich hatte keine Lust mir die Koordinaten raus zu schreiben, oder mir die Namen der Städte zu merken, durch die wir fuhren. Wieder fuhr ich, und meine Hände klebten an dem Lenkrad, ich hechelte schon so warm war mir. Ace erging es nicht anders, das schwarze Ding musste unheimlich schwitzen unter seinem Fell.
Das Wasser leerte sich Stündlich immer mehr, weil auch Tücher befeuchtet wurden um alle abzukühlen. Was nur, gelinde gesagt, einen Scheiß brachte. Und schlagartig verließen wir das dichte grün und der Highway lag glatt vor uns, nur wenige Hügel erstreckten sich vor uns. Und es wurde heißer und heißer, karger und karger.
Es erinnerte mich an eine Einöde wo hier und da die Steppenläufer, wie in einem billigen Western umher rollen. Alles war in braunen Tönen gehalten und wirkte sehr trocken, zu trocken für alles was grün werden würde. Ich sah rüber zu Rick, ihm machte es auch sehr zu schaffen, der Schweiß lief bei uns allen.
Auf einem Schild konnte ich gerade noch so lesen, dass wir West Oklahoma durchfuhren. Und ich wusste, dass es warm werden würde, doch das hier machte selbst mich fertig! Ich will in mein kühles New York zurück!
„Lass uns Pause machen! Du siehst fertig aus." Stellte Rick fest, erlösend nahm ich mein Fuß vom Gas und checkte den Benzin stand, es musste wieder etwas hinein. Langsam ließ ich den Lkw ausrollen und kam dann zum stehen, als ich dann ausstieg bekam ich gleich einen Hammer vor dem Kopf.
Ich stützte mich an dem heißen Metall ab und verbrannte mich sogleich, zischend nahm ich meine Hand wieder weg und schüttelte sie schnell. Aber es half nicht wirklich, also ging ich um den Trailer rum, selbst die Anderen setzten sich neben der Straße auf das trockene Gras und verschnauften. Judith schien die Hitze ganz gut zu ertragen, denn sie rupfte das knochige Gras aus und schenkte jedem einen Halm.
Aber ich brauchte Wasser für meine Hand, ich ging um diesen runden silbernen Tank herum und drehte den großen Hahn auf. Wasser lief heraus und über meine Hand, aber es war nicht mehr kühl, wie noch vor ein paar Meilen. Es heizt sich langsam auf, noch ein paar Stunden und dann können wir Suppe damit heiß machen.
„Ich wurde alles für ein Eis geben." Schwelgte Carl, er bekam darauf sehr viel Zuspruch, jeder wünschte sich jetzt etwas Kaltes.
„Wenn ihr das hier schon heiß findet, dann wartet mal, bis wir in der Wüste sind." Sagte Daryl brummend, er saß in der Tür vom Lkw und schaute in die Runde.
„Noch heißer?" Fragte ich nach und schaute etwas herum, er sah kurz zu mir und nickte. Ich nahm mir noch eine Handvoll Wasser und schüttete ihn mir auf meinen Nacken. Eine leichte Brise wehte auf und ein raunen ging durch die Runde, Staub und Dreck wehte er mit, aber es erfrischte etwas.
„Wir sollten weiter." Stellte ich fest und sah mich um, wenige Beißer waren auf dem Weg zu uns, aber wir waren zu geschwächt um gegen die Hand voll effektiv zu kämpfen.
So hieß es wieder einsteigen und weiter fahren, nun saß mir Michonne als Beifahrer, sie wechselten immer wieder, weil es hinten etwas kühler war, mich aber keiner alleine lassen wollte. Immer weiter führte uns das platte Land durch die Walachei, es wurde sehr eintönig, auch waren hier kaum Beißer unterwegs und sie sahen anders aus. Ausgetrocknet und dürr, wenigstens nicht so schleimig und gammelig wie in Atlanta und New York.
So langsam kamen immer höhere Berge auf uns zu, sie kesselten uns praktisch ein und erhoben sich als riesige Mauer vor uns und ich hatte keine Ahnung, ob wir es darüber schaffen würden. Doch die Straße ging unaufhörlich weiter und flackerte heftig, ich hatte mühe konzentriert zu bleiben.
„Wie weit ist es noch?" Fragte ich zu Michonne, sie nahm sich das Navi und schaute darauf.
„Knapp 1100 Meilen." Schnaufte Michonne und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Ich seufzte laut und sah weiter gebannt auf die Straße. Doch dann, sah ich etwas, direkt auf der Straße, es waren nur dunkle und hohe Schemen.
„Siehst du das auch?" Fragte Michonne und lehnte sich etwas vor, ich nickte und nahm mein Fuß vom Gas.
„Was ist? Stimmt was nicht?" Hörte ich Rick von hinten fragen, ich aber konnte nicht antworten, denn ich konnte nicht sagen, ob etwas nicht stimmte, aber dass dauerte nicht lange. Ungefähr hundert Meter vor dem Etwas blieben wir stehen.
„Das ist eine Zoll Grenze. Eigentlich." Sagte Michonne und schaute nach vorne.
„Das sieht mir aber mehr danach aus, wie eine Absperrung." Merkte ich auf und fuhr dichter dort hin. Etliche Militärfahrzeuge standen kreuz und quer auf der Straße und auf dem Gelände. Zelte flatterten im Wind und eine Barrikade wurde hoch errichtet. Wir müssten quer über das holprige Gelände fahren um weiter zu kommen, was ein Risiko wäre, für das Gefährt und alle die drinnen saßen.
„Wir müssen schauen, ob der Weg sicher ist." Sagte ich und stieg aus, natürlich hatte ich meine Waffe im Anschlag. Die meisten stiegen ebenfalls aus, ebenfalls mit ihren Waffen, keinem von uns kam das Geheuer vor.
„Wir müssen außen rum, mitten durch wird zu viel werden, aber wir müssen schauen ob der Lkw dort heile durch kommt. Seht ihr die Löcher dort vorne im Boden?" Fragte ich und zeigte mit dem Finger rechts von uns, „ich würde sagen, wir teilen uns in zwei Gruppen und schauen nach, welcher Weg der Beste ist." Erklärte ich weiter, sie nickten und verstanden, vielleicht konnten sie auch nicht widersprechen, es war einfach zu heiß.
„Michonne, Rosita und du, ihr geht nach rechts. Ich gehe mit Abraham und Daryl nach links. Lasst euch Zeit und geht keine Gefahren ein. Die Restlichen bewegen sich nicht zu viel." Sprach Rick wieder in seinem Befehlston, ich sah ihn herablassend an.
„Keine Diskussion jetzt." Gab er sich geschlagen, ich hatte auch keine Lust darauf, grinste aber trotzdem, selbst ihn brachte das zum grinsen. Wir gingen los und entdeckten viele Löcher, aber was da drinnen war, stockte mir den Atem. Hunderte Leichen, keine Ahnung ob Beißer oder Menschen, sie waren nicht mehr zu erkennen. Es stank fürchterlich und als wir vorbei gingen, flogen hunderte Fliegen hoch. Ich fuchtelte sie von mir weg und verzog mein Gesicht.
„Hier sollten wir nicht lang fahren." Sagte Rosita und bückte sich und hob eine lange Kette auf, an ihr waren rostige Stacheln.
„Damit schlitzen wir uns die Räder auf." Sagte sie weiter und zog kräftig daran. Es staubte heftig und das sehr weit.
„Sie haben versucht alles abzuriegeln, damit keiner mehr durch kommt, recht Clever, aber es hat nichts gebracht." Sagte ich und deutete nach vorne, ein Beißer kam auf uns zu getorkelt. Michonne übernahm es und köpfte ihn, hier war die Sache aber nicht ganz so eklig. Nichts tropfte aus ihm raus, er war ausgetrocknet und kaum mehr Blut war in ihm. Das er sich überhaupt bewegen konnte... aber wie bewegten sich die Toten überhaupt? Ich schmunzelte leicht über diesen Gedanken.
„Es bringt nichts, wir sollten zurück, vielleicht haben die Anderen mehr Glück." Sagte Rosita wieder und wir stimmten zu. Die Eisenkette ging sehr weit und war nicht kaputt zu kriegen, wenn es kühler wäre bestimmt, aber jetzt nicht.
„Eisendornenketten." Sagte Rick, als er uns entgegen kam, wir nickten.
„Bei uns auch." Stimmte ich zu und stellte mich vor den Truck und seufzte laut. Ich könnte schreien! Aber es war nicht machbar, ich brauchte meine Kraft noch.
„Und jetzt?" Fragte Maggie und stellte sich neben mich.
„Entweder wir fahren die Fahrzeuge weg, oder versuchen die Ketten zu umrunden." Erklärte Rick seinen Plan.
„Diese Teile können schon ein paar Hundert Meter weit gelegt sein und keiner von uns wird das jetzt schaffen, das abzulaufen." Abraham war voller Missmut, aber ich glaube, dass war jeder von uns. Ich stand auf und ging zu den Militär Fahrzeugen rüber und klopfte gegen die Tanks, sie waren Leer und zum schieben viel zu schwer.
„Hier, trink was." Forderte mich Daryl auf und hielt mir eine abgeriffelte Wasserflasche hin, ich nahm sie an und trank einen kleinen Schluck.
„Das nennst du einen Schluck?" Fragte er und zog die Augenbrauen hoch, sogleich nahm ich noch einen weiteren großen Schluck.
„Du musst mehr trinken, ich sehe dich nicht oft dabei." Sprach er leise, ich nickte einfach nur und klopfte schon den Nächsten Tank ab, auch leer.
„Wieso gehst du mir aus dem Weg?" Fragte er darauf und stand schon wieder neben mir.
„Tu ich nicht." Informierte ich ihn und klopfte erneut.
„Jetzt hör doch mal auf damit!" Fuhr er mich an, packte mich am Arm und drehte mich zu sich.
„Was habe ich jetzt schon wieder getan, dass du mich so grob anpackst?" Fuhr ich zurück und riss mich los und rieb mir meinen Arm. Er seufzte darauf laut.
„Nichts, das ist es ja. Du sprichst nicht mit mir, weder schaust du mich an, oder sonst was!" Motzte er, ich riss die Augen auf, merkte man es mir so sehr an?
„Entschuldige." Sagte ich leise und drehte mich etwas weg.
„Ist denn das, was du gesagt hast nicht mehr wahr?" Fragte er nun sanfter, ich drehte mich wieder zu ihm und schaute betrübt. Ich hatte Angst vor dieser Situation, was wenn er so fühlt wie Rick es tat, als er mich küsste. Ich hatte ein schlechtes Gefühl im Bauch und kniff meine Augen zusammen. Diese Sache mit dem Single sein sprudelte wieder in mir hoch und dieses Wort, Liebe.
„Nein, doch! Ich..., " ich seufzte laut, denn ich wusste nicht was ich sagen sollte, „das was ich dir gesagt habe, das Gefühl in meinem Bauch ist wahr, und noch immer da. Ich habe bloß Angst davor was daraus werden könnte."
Er musterte mich und wieder konnte ich seine Mimik nicht lesen, er biss den Kiefer zusammen, „und was glaubst du, was daraus werden könnte?" Fragte er dann sanft, ich schloss meine Augen und drehte mich wieder leicht weg.
„Ich weiß es nicht." Flüsterte ich und rieb mir leicht meinen Arm, es war mir unangenehm und verzog deshalb auch mein Gesicht, ich spürte ihn nahe hinter mir stehen, so drehte ich mich um und sah zu ihm hoch. Er stand dicht vor mir und sah zu mir runter, seine Augen schimmerten hellblau und seine strähnigen Haare hingen ihm tief in sein Gesicht.
Ich konnte nicht anders, ich wollte seine Augen besser sehen, langsam und etwas zögernd hob ich meine Hand und strich ihm vorsichtig seine Strähnen etwas weg. Er ließ es zu und rührte sich nicht, als ich meine Hand wieder fallen lassen wollte, ergriff er sie und legte sie an seine Wange, er schmiegte sich an ihr. Er glühte förmlich, leicht schloss er die Augen und atmete tief durch.

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